Die Heilerin des Kaisers
und versucht ihm sein Gelübde, nicht mehr mit der Königin als Gatte zu verkehren, in Erinnerung zu rufen«, fuhr der gebückt gehende Benediktiner fort. »Eine höchst heikle Angelegenheit, wie Ihr Euch denken könnt, liebes Kind. Ich beneide Herrn Eberhard jedenfalls nicht um diese Aufgabe.«
Plötzlich kicherte der alte Mönch.
»Der Kanzler hätte es ja gerne gesehen, wenn ich ihm die Sache abgenommen hätte, aber ich habe dankend abgelehnt. Er ist immerhin Bischof und ich bloß ein einfacher Klosterbruder. Da hat sein Wort viel mehr Gewicht«, sagte er grinsend, und nun musste auch Griseldis schmunzeln.
Die Mission, die der Bamberger Bischof, der der Einweihung seines Doms bereits entgegenfieberte, an diesem Tag zu erfüllen hatte, war ihm über die Maßen lästig. Aber der Druck der übrigen Bischöfe und Kirchenoberen war stärker geworden und so war es die Aufgabe Herrn Eberhards, den König ernsthaft zu ermahnen.
Am Hof war natürlich nicht verborgen geblieben, dass Herr Heinrich nach wie vor das Schlafgemach seiner Gemahlin aufsuchte und darin bis zum frühen Morgen zu verweilen pflegte.
Dem Kanzler stand bereits der Schweiß auf der Stirn. Er hätte viel darum gegeben, wenn er diesen Auftrag einem anderen hätte übertragen können. Leider war ihm Pater Berchtold in dieser heiklen Angelegenheit nicht hilfreich zur Seite gestanden.
»Diese Ehre gebührt allein Euch, mein Bischof und Kanzler«, hatte er gesagt und dabei schadenfroh gegrinst. Herr Eberhard hatte sich also ein Herz gefasst und den König um eine Unterredung gebeten.
»Die Kirche, Herr, und die Bischöfe bitten Euch untertänig, allen Christen in ähnlicher Lage ein Beispiel zu geben an Enthaltsamkeit und von der ehelichen Beiwohnung in Zukunft Abstand zu nehmen«, brachte er mühsam hervor.
»Ach, zum Teufel damit!«
König Heinrich war sehr ungnädig. »Die Herren Bischöfe täten besser daran, sich um Wichtigeres zu kümmern. Wie wollt Ihr das überhaupt kontrollieren? Etwa mir einen Aufpasser ins Schlafgemach setzen, der seine Nase des Nachts unter meine Bettdecke stecken soll? Oder wie stellt man sich das vor?«
Gepeinigt vor Verlegenheit wegen der Rüge, die er dem König auf Ersuchen der anderen hohen Geistlichen erteilen sollte, lief der Kanzler rot an.
»Aber nein, Herr! Nichts dergleichen! Euer königliches Wort würde mir vollkommen genügen.« Herr Eberhard schien dabei außer Acht zu lassen, dass Heinrich bereits vor einiger Zeit genau das gleiche Versprechen gegeben hatte.
Der König überlegte nur einen Augenblick.
»Also gut, ich willige ein. Und was ist, wenn ich erneut wortbrüchig werden sollte?«, fragte er dann und grinste verschlagen.
Doch der zukünftige Bischof von Bamberg war nicht auf den Kopf gefallen. »Dann müsst Ihr anderntags bereuen und Buße tun, Herr«, sagte Herr Eberhard, wobei er den König treuherzig anschaute.
KAPITEL 58
E NDLICH WAR DER große Tag gekommen! Am 6. Mai des Jahres 1012 wurde der wunderbare neue Dom zu Bamberg geweiht zu Ehren der Jungfrau Maria, der heiligen Apostel Petrus und Paulus sowie Sankt Georg und Sankt Kilian. Es sollte auch ein Ehrentag für seinen Erbauer, den Dombaumeister Wilfried, werden. Der Mann hatte Großartiges in kürzester Zeit geleistet und war dabei doch sehr bescheiden geblieben.
Bereits einen Tag vor der feierlichen Zeremonie waren über vierzig Bischöfe in der Frankenstadt eingetroffen, ferner der Patriarch von Aquilea und der Primas von Ungarn, dazu ein päpstlicher Gesandter in Vertretung des erkrankten Heiligen Vaters.
Der König bedauerte es unendlich, dass der Heilige Vater diese Einweihung nicht selbst vornehmen konnte. Der Papst wäre ebenfalls gar zu gerne erneut geehrter Gast bei König Heinrich gewesen. Die beiden Männer – so verschieden sie zu sein schienen – hatten nämlich eine spontane Zuneigung zueinander gefasst.
Aber es sollte noch schlimmer kommen. Am Vorabend des großen Ereignisses warf eine heftige Kolik den König aufs Krankenlager. Griseldis war umgehend zur Stelle, um Herrn Heinrich ihre Heil bringenden Hände aufzulegen. Während ihrer Behandlung waren neben der Königin, den Leibärzten, den frommen Vätern Berchtold und Odo auch mehrere Gefolgsmannen des Herrschers sowie Frau Irmintraut und der Kanzler im Gemach von Herrn Heinrich zugegen.
Unter der königlichen Gefolgschaft hatte sich eine große Aufregung breitgemacht: Einen ungünstigeren Zeitpunkt für einen Ausbruch des Leidens konnte sich
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