Die Heilerin des Kaisers
gedrängt habt, Eure Geliebte zu werden, da sie Euer angetrautes Weib nicht werden kann. Ich verbürge mich dafür, dass der König eine Lösung finden wird«, stellte er dem verliebten Edelmann in Aussicht.
Woher er diese Gewissheit nahm? Schon lange ging dem Mönch, der selbst nie die Zuneigung eines Eheweibes hatte erfahren dürfen, die Gefühle eines Liebenden aber dennoch nachempfinden konnte, ein Plan im Kopf herum. Er musste nur noch seinen Herrn, den König, mit der Nase darauf stoßen, damit dieser glaubte, die Idee wäre die seine gewesen…
Nach Herrn Wolfharts erstaunlich rascher Genesung, war er doch beinahe tödlich verwundet worden, hatte am Hof ein regelrechter Wettstreit der jüngeren Hofdamen um die Aufmerksamkeit des nicht nur schönen, sondern auch vermögenden Mannes begonnen. Besonders Frau Irmintraut scharwenzelte um den hoch gewachsenen, kräftigen Freiherrn herum. Bei jeder sich bietenden Gelegenheit sah man sie neuerdings an seiner Seite, um ihn mit ihrer sinnlichen Schönheit sowie mit ihrem zweifellos geistvollen Geplauder zu umgarnen.
Sie schaffte es zumeist, an der Tafel des Königspaares als seine Tischdame zu sitzen. Griseldis hingegen wurde am anderen Ende der Tafel platziert, da die Base der Königin den Haushofmeister bestochen hatte.
Herr Wolfhart setzte unverdrossen eine gute Miene auf und erwies sich als tadelloser Kavalier, wenngleich er darauf bedacht war, sich die Verwandte Kunigundes vom Leib zu halten. Das war nicht einfach, denn die Dame war keineswegs schüchtern und zog raffiniert alle Register ihres weiblichen Liebreizes, um den begehrten Edelmann für sich zu gewinnen. Dazu kam, dass das Interesse Irmintrauts seiner männlichen Eitelkeit durchaus schmeichelte…
Griseldis hätte am liebsten vor ohnmächtiger Wut auf die Tischplatte geschlagen, aber ehe sie etwas Unbedachtes zu tun vermochte, fing sie den Blick Vater Berchtolds auf, der ihr vom oberen Ende der Tafel her Gelassenheit signalisierte.
Die Heilerin konnte es trotzdem kaum erwarten, bis die Königin das Zeichen zum Aufheben der Tafel gegeben hatte und sie zu dem alten Benediktiner, ihrem besten Freund seit Langem, eilen konnte.
»Macht Euch wegen dieser Schlange keine Sorgen, meine Tochter«, flüsterte dieser ihr nach dem Mahle geheimnisvoll zu. »Herr Wolfhart hat mit der schwarzen Hexe nichts im Sinn. Dafür kann ich mich verbürgen.«
›Der Pater hat leicht reden.‹ Griseldis sah die Sache nüchtern. ›Die Verwandte Kunigundes wäre keine schlechte Wahl für den Baron. Er wäre damit nicht bloß ein Freund des Königs, sondern sein Verwandter noch dazu. Welcher Herr gäbe nicht alles darum, zu Herrn Heinrich ’Vetter’ sagen zu dürfen? Was kann ich ihm im Gegenzug dazu bieten? Außer meiner ehrlichen Liebe nur den Rangverlust für ihn und seine Nachkommen‹, dachte sie verbittert.
Griseldis stiegen die Tränen der Enttäuschung in die Augen und sie verließ eilig die Halle, während alle anderen noch zusammenstanden und sich unterhielten. Zielstrebig machte sie sich auf den Weg in ihr Gemach, um sich heute einmal frühzeitig ins Bett zu legen, obwohl ihr vor der Einsamkeit graute.
Sie war jung und schön und bereits viel zu lange ohne die Liebe eines Mannes gewesen. Ja, sie sehnte sich nach Hingabe und Leidenschaft und sie hasste Irmintraut, die dabei war, sie aus dem Herzen Herrn Wolfharts zu verdrängen…
Ungewollt schluchzte sie laut auf. Eine Dienerin, der sie in dem engen, finsteren Flur zu ihrer Kemenate begegnete, warf ihr einen verwunderten Blick zu. Da hörte sie hinter sich forsche Tritte von Männerschuhen.
Bloß jetzt keine Unterhaltung! Griseldis beschleunigte ihre Schritte, um in ihr einsames Gemach zu gelangen, ehe der Mann – vermutlich ein Bediensteter, der sie etwas fragen wollte – sie einholen konnte. Es geschah nicht selten, dass jemand von der Dienerschaft sie gleichsam zwischen Tür und Angel wegen eines gesundheitlichen Problems konsultierte.
»Was lauft Ihr so schnell, Liebste?«, tönte eine tiefe, ihr nur allzu vertraute Stimme. Wie vom Blitz getroffen blieb Griseldis stehen. »Flieht Ihr etwa vor mir?«
Langsam und mit ungläubigem Blick wandte die Heilerin sich nach ihrem Verfolger um.
»Ihr?«, fragte sie leise. Sie konnte nicht verhindern, dass ihre Stimme ein klein wenig bebte. »Ich dachte, Ihr würdet Euch nach dem Mahle noch mit Eurer reizenden Tischgefährtin unterhalten, Herr Wolfhart.«
»Hah, ›reizend‹ ist wohl nicht ganz der passende
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