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Die Heilerin des Kaisers

Die Heilerin des Kaisers

Titel: Die Heilerin des Kaisers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karla Weigand
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hätte uns alle um ein Haar noch ins Unglück gestürzt mit ihrem ganzen verrückten Heidengötterkram. Es war für uns alle ein Segen, als sie endlich gestorben ist.«
    Griseldis von Tannhofen zuckte schmerzlich zusammen. War der schreckliche Tod Dietlindes doch verbunden mit demjenigen ihres Vaters…
    Dietwulf sah es und bat seine Schwester erneut, sich endlich in der Nähe des Kaminfeuers niederzulassen. Man befand sich bereits im Monat September und die Abende wurden schon kühl. Ihre Begleiter hatten es sich bereits gemütlich gemacht.
    Eine alte, halbblinde und beinahe taube Magd, die Froweins ältere Tochter nicht mehr erkannte, stellte eine Kanne mit Birnenmost und ein Brett mit Räucherspeck und einem Laib Brot auf den Tisch und die Ankömmlinge griffen wacker zu.
    Wieder fiel Griseldis auf, wie alt und verbraucht der Bruder bereits aussah. Obwohl noch jung an Jahren – er war erst Mitte dreißig und damit ein paar Jahre jünger als Herr Heinrich – unterschied er sich bereits ungeheuer vom König. Es lagen eindeutig Welten zwischen den beiden Männern.
    ›Dietwulf ist zerschunden‹, dachte sie betroffen, ›viel mehr als unser Vater Frowein, der stolze Freibauer, es jemals gewesen ist. Es muss an der schweren körperlichen Arbeit liegen.‹ Griseldis war bereits bei ihrer Ankunft aufgefallen, dass sich nur noch wenige Knechte und Mägde hier aufhielten, obwohl die Feldarbeit im Augenblick ruhte und eigentlich alle auf dem Hof sein mussten. Sparten Rottraut und Dietwulf womöglich am Gesinde? Der Schwägerin traute Griseldis es zu, dass sie aus Geiz die Arbeitskräfte fortschickte und dafür ihren Mann für drei schuften ließ.
    ›Trotz seiner schmerzhaften Koliken und den zahlreichen, ausgedehnten Ritten quer durchs Land bei jeder Witterung kann sich Herr Heinrich zwischendurch immer wieder ausruhen, erholen und pflegen lassen – Dietwulf ist dies offensichtlich nicht möglich.‹
    Aus einem plötzlichen, schwesterlich zärtlichen Impuls heraus legte Griseldis zaghaft lächelnd ihre gepflegte Hand auf die abgearbeitete und schwielige ihres Bruders und streichelte sie mehrmals. Und dieser, verblüfft über die ungewohnte Intimität, ließ sie eine Zeit lang gewähren, ehe er verschämt die Hand zurückzog.
    »Wo ist eigentlich Gertrud?«, fragte Griseldis neugierig, nachdem sie sich ein wenig gestärkt hatte. »Ihre Kinder habe ich ja draußen auf dem Hof gesehen, aber von ihr selbst noch keine Spur.«
    »Sie lebt nicht bei uns«, warf Rottraut abfällig ein, während sie die Reste der Mahlzeit abräumte, kaum dass ihre Schwägerin ihr Messer wieder in die Lederscheide an ihrem Gürtel gesteckt hatte.
    »Nein? Wo denn, um Himmels willen, nachdem ihr Mann doch gestorben ist?« Griseldis war irritiert.
    »Sie ist das Weib unseres jetzigen Pfaffen geworden«, gab die Hausfrau unangenehm auflachend zur Antwort. Die Heilerin glaubte, sich verhört zu haben.
    »Ja, das ist schon richtig«, pflichtete Dietwulf bei. »Sie lebt zusammen mit Herrn Ansgar im Pfarrhof und hat bereits einen kleinen Sohn von ihm.«
    »Und weshalb um alles in der Welt nimmt sie die Kinder ihres ersten Mannes nicht zu sich?«, wollte Griseldis, immer noch verblüfft, wissen.
    »Der hochwürdige Herr mag halt die Bälger eines anderen Mannes nicht um sich haben.« Rottraut lachte abermals laut und hässlich.
    »Morgen werde ich Gertrud aufsuchen«, kündigte Griseldis energisch an, »und mit ihr darüber sprechen. Ich denke doch, dass ich eine Weile bei euch bleiben kann?«, wandte sie sich fragend an den Bruder. Dieser sagte, noch ehe seine Bäuerin eine Einwendung vorbringen konnte, umgehend zu.
    »Freilich, Schwester. Es ist doch immer noch auch dein Zuhause, das Haus unserer Eltern. Du bist uns natürlich willkommen, zusammen mit deinen Begleitern.«
     
    Griseldis hatte ihr Versprechen wahr gemacht und war am nächsten Morgen zum Pfarrhof ihres Heimatdorfes geritten, um ihre Schwester zur Rede zu stellen, warum sie in ihr neues Heim keines ihrer Kinder aus erster Ehe mitgenommen hatte.
    Gertrud – erneut in gesegneten Umständen, wie Griseldis auf den ersten Blick erkannte – wiegte ihr Söhnchen, das sie bereits von dem Geistlichen hatte, auf den Armen.
    »Dass du so bald nach dem ersten Kind das zweite von deinem neuen Mann haben wirst, entbindet dich nicht von der Verantwortung für deine anderen Kinder, Schwester«, hatte sie ihr ohne Umschweife ins Gesicht gesagt. »Was bist du bloß für eine Mutter? Wenn dein Jetziger

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