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Die Heilerin des Kaisers

Die Heilerin des Kaisers

Titel: Die Heilerin des Kaisers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karla Weigand
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wie mein Herr das Pergament aufmerksam durchlas.
    »Warum diese Selbstlosigkeit meines Vetters?«, murmelte er dabei misstrauisch. »Ach, hier steht es ja.« Der Herzog blickte auf. »Als Gegenleistung möchte Otto von Kärnten als Unterkönig in Italien eingesetzt werden. Nun, darüber ließe sich reden.«
    »Das wäre in der Tat eine kluge Entscheidung«, pflichtete ich ihm bei, »und käme auch den Herren in Italien entgegen, denen die Unionspläne des verstorbenen Kaisers immer höchst verdächtig waren.«
    »Aha«, machte da Herr Heinrich und lächelte ein wenig spöttisch. »Ihr, Mönch Berchtold, wisst also schon ganz genau, welche Ziele ich als König verfolgen würde?«
    »Ich denke schon, Herr«, gab ich seelenruhig zur Antwort. »Ihr seid einst für den geistlichen Beruf erzogen worden und Eure Lehrer haben Euch neben der Liebe zu GOTT die Liebe zu deutschen Landen in Euer Herz gepflanzt. An erster Stelle wird für Euch – im Gegensatz zu Otto III. – immer Deutschland stehen.«
    Damit lehnte ich mich in meinem Sessel zurück, nicht ohne wahrgenommen zu haben, wie Herr Heinrich schmunzelte.
    »Seit der Bildung des Deutschen Reiches im Jahre 911 ist es nicht vorgekommen, dass beim Ableben des Herrschers noch kein Nachfolger gewählt oder zumindest designiert war«, fuhr ich in meiner Rede fort. »Das Erste, was jetzt nach Ottos überraschendem Tod geschehen ist, war, dass die italischen Herren vom Reich abgefallen sind.«
    »Ich weiß«, erwiderte Heinrich, »dort unten herrscht ein großes Durcheinander. Ich werde viel zu tun haben, sobald ich zum König gewählt bin.«
    In Gedanken versunken schob er die Pergamente auf der Tischplatte hin und her.
    »Ich habe mich entschlossen, dem Leichenzug Ottos entgegenzureiten und ihn mit den anderen Herren nach Augsburg zu begleiten. Hernach geht es gemeinsam weiter bis zur Grenze Baierns im Norden.«
    Offen blickte er mir als seinem langjährigen Berater in die Augen.
    »Eine Blasensteinattacke käme mir gerade jetzt sehr ungelegen, wie Ihr Euch sicher denken könnt. Es ist möglich, dass Ihr erneut nach dieser jungen Heilerin, diesem begnadeten Bauernmädchen, schicken müsst.«
    »Das würde ich gerne tun, Herr«, sagte ich ihm. »Gern verbürge ich mich auch für ihre Verschwiegenheit.«
    »Das ist gut. Wenn ruchbar würde, dass ich immer wieder mit diesen Koliken aufs Krankenlager geworfen werde, könnte dies für manche Herren ein Grund sein, mir die Gefolgschaft als König zu verweigern.«
    »Da müsst Ihr Euch keine Sorgen machen, Herr Heinrich«, wehrte ich ab. »Dieses junge Weib kann seinen Mund halten – zugegeben eine Seltenheit beim weiblichen Geschlecht, aber sie scheint zur schweigsamen Sorte zu gehören.«
    Der Herzog schien mit dieser Auskunft zufrieden zu sein.
    »Die Zeit des Trauerzuges will ich nutzen und mit den Fürsten und Bischöfen über meine Wahl sprechen. Ich rechne deswegen mit keinen nennenswerten Schwierigkeiten.«
    Was Letzteres anbetraf, irrte sich Herzog Heinrich allerdings sehr. Auch ich sah in der Wahl meines Herrn zum deutschen König kein Problem: Das Erbrecht stand klar auf Seiten des baierischen Herzogs.
    Um den Herzog nun an sein Versprechen, das er mir zu Beginn unserer Unterredung gegeben hatte, zu erinnern, gähnte ich herzhaft, schauderte in auffälliger Weise zusammen und steckte demonstrativ die Hände in meine weiten Kuttenärmel.
    »Ich weiß, mein Freund«, sagte der junge Herzog lachend, »Ihr friert schon wieder. Ich werde umgehend für Abhilfe sorgen.«
    Die Schmerzen in der Nierengegend schienen vollkommen verschwunden zu sein. Festen Schrittes ging Heinrich zur Tür, um einem Diener den Auftrag zu erteilen, ihnen den heißen Gewürzwein zu servieren, »mit extra viel Nelken, Zimt und Honig«, so wie ich ihn am liebsten mochte.
     
    »Ich könnte Euch darum beneiden, Vater«, rief Griseldis mit leuchtenden Augen aus. »So vertraut, wie Ihr mit unserem Herrn umgeht! Ihr müsst der glücklichste Mensch auf Erden sein.«
    Der ältliche Mönch schmunzelte. Dieses junge Ding hatte Herrn Heinrich offenbar schon recht fest in ihr Herz geschlossen. Nun, umso lieber würde sie bei ihm bleiben, vermutete er.
    »Ja, Griseldis. Ich bin, alles in allem, sehr zufrieden mit meinem Leben. So gerne ich in meinem Heimatkloster auf der Insel Reichenau im Gnadensee, einem Teil des Köstritzer Sees, auch gewesen bin, so liebe ich es doch, in der Nähe des Herzogs und jetzigen Königs zu sein.«
    »Ihr habt angedeutet, dass es

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