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Die Heilerin des Kaisers

Die Heilerin des Kaisers

Titel: Die Heilerin des Kaisers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karla Weigand
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Berchtold und Heinrichs Leibdiener waren im Augenblick zugegen. Der Benediktinermönch hatte sich auf einem Stuhl neben dem königlichen Lager niedergelassen, während Griseldis ihren hochgestellten Patienten bat, sich auf den Bauch zu legen.
    Kaum hatte sie nur mit ihren Fingerspitzen seine Lenden berührt, entfuhr dem König ein Schmerzenslaut.
    »Das genügt, Herr. Ihr könnt Euch wieder vorsichtig umdrehen. Dieses Mal sind es Nierensteine, die sich durch den Harnleiter drängen und Euch infolge ihrer Größe diese unsäglichen Schmerzen bereiten. Ich werde versuchen, Euch zu helfen, Herr Heinrich.«
    Mit diesen Worten setzte Griseldis sich neben ihn auf das Bett und legte ihre beiden Hände auf den gepeinigten Leib des Herrschers.
    Gespannt beobachteten der Kammerdiener und Vater Berchtold, der neugierig den Hals reckte, was nun geschah.
    Anfänglich passierte gar nichts. Der in ein langes Hemd gekleidete König lag leichenblass mit Leidensmiene und vor Erschöpfung geschlossenen Augen auf seinem Lager. Im Stillen rechnete der Mönch diesmal mit einem Fehlschlag der Behandlung.
    Aber auf einmal begann sich Heinrichs angespannter Gesichtsausdruck zu entkrampfen. Der König öffnete die Augen und sah Griseldis direkt an.
    »Ich fühle in meinem Leib eine starke und höchst angenehme Wärme, die von Euren Händen ausgeht, Jungfer. In der Tat, die Schmerzen lassen auch heute nach durch Euer Tun.«
    Die Heilerin sagte kein Wort, sondern fuhr in aller Ruhe fort mit dem Handauflegen. Sie war so versunken, dass sie gar nicht bemerkt hatte, dass der König sie auf einmal nicht mehr wie eine einfache Magd geduzt hatte.
    »Eure Gesichtsfarbe ist wieder normal, Herr.« Vater Berchtold triumphierte. »Ihr seht wieder aus wie sonst auch – nicht so eingefallen und gelb wie vorhin noch.«
    »Mir geht es gut. Jungfer, Ihr habt auch diesmal ein Wunder vollbracht. Meine Schmerzen sind wie weggezaubert.«
    »Die Kraft meiner Hände hat wohl die Steine in Eurem Körper zerfallen lassen, Herr. Das hat mit Wunder nichts zu tun. Durch diese Gabe GOTTES ist jetzt gleichsam Sand entstanden, den Ihr demnächst nach und nach ausscheiden werdet. Ich werde Euch einen Tee bereiten, der die erwünschte Ausschwemmung beschleunigt, um Euch möglichst bald von allen Rückständen der Steine zu befreien.«
    »Was nimmst du für diesen Tee, mein Kind?«, fragte der Mönch neugierig, als Griseldis sich an ihrem alten Beutel aus Kuhfell zu schaffen machte.
    »Alles Mögliche, Vater, außer Schachtelhalm sind es in der Hauptsache Wacholderbeeren. Diese gelten als stark harntreibend. Außerdem werde ich dem Gebräu noch ein paar Dinge zufügen gegen die Entzündung; und auch etwas gegen mögliche Schmerzen beim Abgang der winzigen Steinchen und Splitter, welche die Harnröhre reizen könnten.«
    »Woher habt Ihr nur dieses Wissen und diese Umsicht, Jungfer Griseldis?«, fragte König Heinrich und setzte sich im Bett auf. »Und das bei Eurer Jugend? Ihr habt mir nun das dritte Mal geholfen und ich danke Euch sehr. Auch dafür, dass Ihr Euch entschlossen habt, für immer bei mir zu bleiben.«
    »Diese Jungfrau scheint ein ganz besonderes, von GOTT begnadetes Geschöpf zu sein«, erhob sich da eine sanfte weibliche Stimme, die der Königin gehörte.
    Frau Kunigunde war unbemerkt in das Gemach ihres Gemahls getreten und hatte noch den letzten Teil der Unterhaltung mitangehört. Griseldis erschrak im ersten Augenblick, fühlte sie sich doch unweigerlich an die hässlichen Geschehnisse auf dem Volksfest am Nachmittag erinnert.
    »Ich habe diese Heilerin heute auf dem Fest vor dem Dom erlebt, Herr Heinrich«, sagte die Königin prompt. »Sie hat sich unter Lebensgefahr für einen zum Tode Verurteilten eingesetzt. Ich muss sagen, die Jungfer und ihr weiches Herz haben mich sehr beeindruckt. Ich werde Euch bei Gelegenheit davon erzählen, mein Gemahl. Jetzt bin ich erst einmal überaus froh, dass es Euch wieder besser geht.« Die Königin schenkte Griseldis ein ehrliches Lächeln, so dass dieser ganz warm ums Herz wurde.
     
    Anschließend war die junge Heilerin zwar müde, aber doch so aufgewühlt, dass sie trotz fortgeschrittener Stunde noch nicht schlafen gehen wollte. Gerne nahm sie daher die Einladung des alten Benediktiners an, der ihr anbot, zur Stärkung und Beruhigung zugleich, noch ein Glas Wein mit ihm zu trinken.
    Als die beiden zusammensaßen, gestand ihm Griseldis, sie habe nicht einmal gewusst, dass Heinrich jetzt König aller Deutschen sei.

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