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Die Heilerin des Sultans

Die Heilerin des Sultans

Titel: Die Heilerin des Sultans Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Stolzenburg
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hie und da verdunkelt vom
Schatten der gewaltigen Berge. Links von ihnen erhob der Marzola sein
Haupt in den leicht bedeckten Himmel, während zu ihrer Rechten
der Monte Bondone aufragte. Am Horizont zeichneten sich bereits die
Umrisse der Stadt Trient ab, und Falk hoffte inständig, dass sie
die schützenden Mauern vor Einbruch der Dunkelheit erreichen
würden. Auch wenn der Torzoll bedeutete, dass sie vermutlich ein
weiteres Mal hungrig zu Bett gehen würden. Denn in den großen
Handelszentren wurden alle Besucher geschröpft, ganz gleich, ob
sie etwas verkaufen wollten oder nicht. »Wir haben schon
beinahe eine Woche verloren«, knurrte er. »Das holen wir
nie wieder auf!« Otto, der in den vergangenen Tagen immer
wortkarger geworden war, schüttelte den Kopf und erwiderte lahm:
»Noch können wir es schaffen. Von hier an geht es
schneller. Zwei, höchstens noch drei Tagesritte, dann sind wir
in Venedig.« Falk schnaubte. »Ja, aber bis dahin sind wir
vermutlich verhungert! Ich besitze nur noch ein paar Pfennige. Das
reicht vielleicht für eine Unterkunft, aber satt werden wir
davon noch lange nicht!« Wie so oft in letzter Zeit zuckte
seine Hand zu der Bankgarantie in seiner Tasche, welche die Räuber
ihm gelassen hatten, da sie damit nichts anfangen konnten. Ich allerdings auch nicht, dachte er grimmig. Denn erst in Venedig konnte
er das Papier zu Geld machen – vorher war es auch für ihn
so gut wie wertlos. Hätte er nicht einen Notgroschen in seinen
Hut eingenäht gehabt, wären er und Otto vollkommen
mittellos in dem verfluchten Bergdorf gestrandet; dem Bergdorf, aus
dem der verräterische Meier wie durch Zauberhand verschwunden
war, kaum hatten die Räuber sein Haus verlassen. Die Erinnerung
an den Überfall ließ ihn die Zähne
aufeinanderpressen. Ohne Zweifel hatte ihr hinterhältiger
Gastgeber dem Raubritter die Information zukommen lassen, dass
lohnende Beute in seinem Netz zappelte. Sicherlich waren sie nicht
die ersten Reisenden gewesen, die dem Mistkerl auf den Leim gegangen
waren, und bestimmt würden sie auch nicht die letzten sein. Der
inzwischen wohl bekannte Rachedurst keimte erneut in ihm auf und
vermischte sich mit dem immer noch tief sitzenden Misstrauen Otto von
Katzenstein gegenüber.
        Ganz
egal, wie er versucht hatte, sich das Zaudern seines Onkels zu
erklären, er war immer zum gleichen Ergebnis gelangt. Zu
deutlich hatte sich die Versuchung auf Ottos Zügen abgezeichnet,
zu klar war das Ringen gewesen, das Falk um sein Leben hatte fürchten
lassen. Immer und immer wieder stellte er sich die gleiche Frage:
Hätte der Ritter den Räubern das Geld auch ausgehändigt,
wenn er Falk nicht mehr gebraucht hätte? Oder hätte er
einen Handel mit dem Riesen abgeschlossen, dessen seltsames Wappen
für immer in Falks Gehirn eingebrannt war – auch wenn er
die verschlungenen Tiere darauf nicht deutlich hatte erkennen können.
Hatte Lutz’ Argwohn ihm die Haut gerettet? Verdankte er sein
Glück der Tatsache, dass niemand außer ihm das Stück
Papier in seiner Tasche zu Gold machen konnte? Hastig schob er den
Gedanken an den alten Verwalter beiseite, da diese Überlegungen
bohrenden Zweifel mit sich brachten. Er hatte keine Wahl! Wenn er
nicht wie ein begossener Pudel nach Ulm zurückschleichen wollte,
musste er das Vorhaben wohl oder übel zu Ende bringen. Und zu
Ende bringen konnte er es nur, wenn er Edirne erreichte! Ein bitteres
Lachen stieg in ihm auf. Wenigstens mussten sie das ganze Gepäck
nicht mehr mit sich herumschleppen. Außer zwei Hemden, einer
Schecke und einer Hose war keines der eigens für die Reise
angefertigten Kleidungsstücke mehr zu gebrauchen gewesen, da die
Wegelagerer bei der Suche nach Reichtümern ganze Arbeit
geleistet hatten. Mit einem ungehaltenen Fluch gab er seinem Reittier
ein weiteres Mal die Sporen. »Lauf, du Klepper!«,
schimpfte er und ignorierte Ottos verwunderten Blick.

    *******

    Während
er mit seinem eigenen Maultier kämpfte, betrachtete Otto von
Katzenstein seinen Neffen forschend von der Seite. Irgendetwas war
seit dem Überfall anders an dem Bengel; und mit jedem Tag, der
verging, bestätigte sich sein Verdacht, dass er drauf und dran
war, sein Opfer zu verlieren. Wenn nicht bald etwas geschah, mit dem
er den Schnitzer ungeschehen machen konnte, sah er seine Felle
bereits jetzt davonschwimmen. Welcher verdammte Teufel hatte ihn
geritten? Warum hatte er dem Raubritter nicht einfach sein Geld vor
die Füße geworfen, anstatt zu zögern? Noch

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