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Die Heilerin des Sultans

Die Heilerin des Sultans

Titel: Die Heilerin des Sultans Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Stolzenburg
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ihre
Besucherin und leuchtete in die Halle, von wo aus die jungen Frauen
einen Säulengang entlangliefen und in den Hof hinauseilten.
Wortlos folgte Sapphira ihrer Führerin, während sie
versuchte, sich einzureden, dass es sich bei dem merkwürdigen
Gefühl in ihrer Brust um Aufregung handelte. Bevor sie sich in
etwas hineinsteigern konnte, aus dem sie nur schwer wieder einen
Ausweg gefunden hätte, tauchten die Umrisse der Tabibe vor
der hellen Wand des Hospitals auf. Beleuchtet wurde sie von dem Licht
zweier Fackeln in den Händen ihrer beiden bewaffneten Begleiter,
die sich mit einer drohenden Gebärde vor ihr aufbauten. »Das
ist meine Cariyesi «, erklärte die Ärztin mit
einem dünnen Lächeln und griff Sapphira energisch am Arm,
als diese vor den Männern zurückweichen wollte. »Ohne
sie kann ich nichts ausrichten.«
        »Beeilt
euch!«, knurrte der größere der Männer, und
einen Moment lang fürchtete Sapphira, er könne von seiner
Waffe Gebrauch machen. Dann allerdings ließ er die Rechte
schlaff zurück an seine Seite fallen und befahl dem anderen
Mädchen mit einer Kopfbewegung zu verschwinden. »Nicht
mehr als zwei«, herrschte er die Ärztin an, die ergeben
die Schultern hob und nickte. »Es ist schon schändlich
genug, dass der Padischah sich von einem Weib untersuchen lassen muss«, grollte die
Wache. »Wenn es nach mir ginge, würde dieser Hekim nicht faul in seinem Bett
liegen!« »Es ist gewiss nicht seine Schuld, dass ihn ein
verirrter Pfeil getroffen hat«, schoss die Tabibe unerschrocken zurück.
»Wären die Ausbilder ein wenig sorgfältiger, könnte
so etwas nicht passieren!« Der Wächter schnaubte und warf
einen finstern Blick über die Schulter. »Keine Angst«,
erwiderte er schroff, »dieser Ausbilder wird sich keine Fehler
mehr zuschulden kommen lassen! Und der Bengel, der den Pfeil
abgeschossen hat, wird morgen bei Sonnenaufgang hingerichtet.«
Sapphira schluckte trocken und versuchte, ein Zittern zu
unterdrücken. Wenn ein Versehen schon solch tödliche Folgen
hatte, was würde dann mit ihr und der Tabibe geschehen, wenn sie versagten
und Bayezid nicht retten konnten? »Worauf wartet ihr noch?«
Eine Hand versetzte ihr einen harten Stoß zwischen die
Schulterblätter. Verwirrt und furchtsam taumelte sie in der
Mitte des Kleeblattes auf den innersten und heiligsten Bereich des
Palastes zu, während sich ein dünner Film aus kaltem
Schweiß auf ihrer Stirn bildete. Vorbei an dem palasteigenen
Aquädukt und den Quartieren der weißen Eunuchen erreichten
sie schließlich den Teil des Gebäudekomplexes, in dem die
Zimmerflucht des Sultans untergebracht war. Blind für den Prunk
und die Pracht, schlug sie die Augen nieder, um den unnachgiebigen
und misstrauischen Blicken der Leibgarde auszuweichen, die überall
verteilt die Macht des Padischahs demonstrierte. Im
Handumdrehen schleusten die Wachen sie durch ein Gewirr von breiten
Gängen und Korridoren, führten sie vorbei an kauernden
Pagen und flüsternden Höflingen, bis sie schließlich
vor einer goldbeschlagenen, von zwei Männern bewachten Tür
haltmachten.
        »Die Tabibe «,
blaffte der Hüne an Sapphiras Seite, und augenblicklich traten
die beiden Wächter zurück und öffneten die Flügel,
die den Blick auf das taghell erleuchtete Gemach des mächtigsten
Mannes der Welt freigaben. Mühsam suchte Sapphira nach etwas
Speichel, um den bitteren Geschmack in ihrem Mund zu schlucken. Doch
es war, als habe sie Sand gegessen. Umringt von zahllosen
Würdenträgern und Dienern, lag Bayezid Yilderim inmitten eines Kissenberges –
das Gesicht gezeichnet von Schmerz und Wut. Ein halbwüchsiger
Knabe kühlte ihm die Stirn und setzte auf ein Zeichen des
Großwesirs eine Wasserschale an die geplatzten Lippen, die sich
beinahe widerwillig öffneten. »Er stirbt!«, hauchte
einer der ranghöheren Bediensteten, kaum hatten die Frauen den
Raum betreten. Aber das bezweifelte Sapphira nicht nur – ihr
Instinkt sagte ihr auf den ersten Blick, dass das vollkommener Unsinn
war. Während sich der gänzlich unerwartete, flackernd
grellrote Farbeindruck in ihr Gehirn einbrannte, sank sie an der
Seite der Ärztin zu Boden und schrak zusammen, als die raue
Stimme des Wesirs über sie hinweg dröhnte. »Steht
auf! Ihr dürft keine Zeit verlieren!« Noch bevor die Worte
verklungen waren, griffen ihr von hinten zwei starke Hände unter
die Arme und sie wurde grob auf die Beine gestellt. »Die Arznei
des Hekims hilft
nicht.« Die kleinen, schwarzen

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