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Die Heilerin - Roman

Titel: Die Heilerin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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nächstes Mal geben.«
    »Wie bitte?«
    »Ich werde das nie wieder tun.«
    »Denk an all das Geld, das du verdienen kannst.«
    »Ja, ganze zehn Oppa.« Papa hatte immer gesagt, auch Prinzipien hätten ihren Preis. Ich hatte meine billig verkauft.
    Er runzelte die Stirn und strich seine Ärmel glatt. »Nun ja, sie waren am Ende ein wenig knauserig, nachdem du dich geweigert hattest, ihnen zu helfen. Wärest du ein wenig liebenswürdiger gewesen, hätten sie sicher mehr bezahlt.«
    Ich griff zur Türklinke der Eingangstür, aber er packte meinen Arm und hielt mich auf.
    »Wir haben andere Klienten, die bereit sind, teuer für diesen Dienst zu bezahlen.«
    »Nein.«
    »Du wirst nie wieder Hunger leiden. Du könntest dir ein Zuhause mit einem eigenen Waschraum leisten.«
    Mein altes Haus erschien vor meinem geistigen Auge. Ein eigenes Zimmer, zwei Waschräume, Zimmer zum Essen und zum Kochen und um am Feuer zu sitzen und zu lesen. Ein Garten hinter dem Haus, klein, aber unser Eigen.
    Ein Haus ohne Tali, ohne Familie ? Bedeutungslos.
    »Ich werde das nie, nie wieder tun.« Wie hatte ich nur dumm genug sein können, so etwas mit echtem Heilen zu verwechseln? Echte Heiler verletzten keine Menschen. Nie. Blut rauschte in meinen Ohren, aber nicht laut genug, um die Schreie in meinem Kopf zu übertönen.
    »Oh, ich bin überzeugt, du wirst, meine Liebe. Ich habe da nicht den kleinsten Zweifel.« Und er lächelte wie ein Mann, der etwas wusste, das ich nicht wusste.
    Ich riss meine Hand los und stieß die Tür auf, rannte, so schnell meine zitternden Beine mich tragen wollten.

Siebtes Kapitel
    I ch kam bis zur Brücke, ehe ich gegen eine Mauer taumelte. Die Straße drehte sich um mich herum, und ich sackte zu Boden.
    Etwas Kaltes berührte meinen Kopf. Ich blickte auf, und der gewohnte Nachmittagsregen pochte an meine Stirn. Nur ein Nieselregen. Die Krokodilstränen der Heiligen Saea.
    Was, wenn der Fischer den Schmerz nicht aushalten konnte, bis neues Pynvium eintraf? Was, wenn er starb? Was, wenn ich ihn getötet hatte? Der Gedanke schnürte mir den Atem ab.
    Ich kniff die Augen zu. Er hatte mich angefleht, es zu tun. Er hatte die Risiken gekannt und war bereit gewesen, sie auf sich zu nehmen, um seine Familie durchzubringen.
    Allzu viel Mühe hast du dir mit deinen Einwänden nicht gegeben, dachte ich.
    Ich hielt mir die Ohren zu. Ich hatte es ihm gesagt. Ich hatte gesagt, dass das nicht richtig ist. Ich hatte nein gesagt. Sie hatten mir nicht zugehört. Und er hatte mich angefleht!
    War es das wert?
    Um Tali zu finden? Ja! Ich schniefte, wischte mir mit einem feuchten Ärmel die Nase ab. Jeatar hatte steif und fest behauptet, die neue Pynvium-Lieferung wäre unterwegs. Der Fischer würde geheilt werden, wenn es erst hier war. Jeder bekam, was er wollte. Niemand wurde zu irgendetwas gezwungen.
    Aber wenn jemand gar keine Wahl hat?
    Ich schüttelte den Gedanken ab. Er hatte mich angefleht. Sie hatten mich angefleht...
    Kälte schüttelte meinen Körper, dann Hitze, dann Schwärze. Wieder Kälte, Härte, etwas Raues an meiner Hüfte und meiner Schulter. Ich schlug die Augen auf. Die Welt war zur Seite gekippt.
    Nein, ich war zur Seite gesackt. War ich ohnmächtig geworden? Ich war noch nie ohnmächtig geworden, nicht einmal vor Hunger. Ich setzte mich auf. Mein Körper fühlte sich wund an, meine Haut klamm. Die Regentropfen waren wie kleine Nadelstiche.
    Leute musterten mich, während sie vorübergingen, manche mitfühlend, andere voller Widerwillen. Eine Frau, deren runzliges Gesicht Sorge ausdrückte, machte Anstalten, sich mir zu nähern, doch da schritten drei Baseeri-Soldaten über die Brücke, und sie hastete mit eingezogenem Kopf davon. Die Soldaten würdigten mich keines Blickes.
    Niemand würde mir helfen aufzustehen, ganz zu schweigen davon, Tali zu finden. Ganz bestimmt kein Baseeri und auch keiner von meinen eigenen Leuten. Sie hatten alle viel zu viel Angst aufzufallen, zu viel Angst, Aufmerksamkeit zu erregen, und sei sie noch so klein. Leute, die auffällig wurden, verschwanden. So war das nun einmal.
    Wir hatten die gleichen Geschichten von denjenigen gehört, die aus Sorille entkommen waren, ehe der Herzog es niedergebrannt hatte, und wenn der Herzog erst mit Verlatta fertig wäre, würden die Verlattaner es auch begriffen haben.
    Ich atmete ein paarmal tief durch, und die Welt kam zur Ruhe. Ich konnte das allein schaffen. Ich würde Tali finden, und gemeinsam würden wir den Fischer retten. Ich kämpfte

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