Die Heilerin - Roman
ehe die Panik meine Reglosigkeit durchbrechen konnte. Die Vierlitzerin. Sie würde mich beschreiben, aber sie würde zugleich Tali beschreiben.
Tali brauchte mehr Zeit, um von hier zu verschwinden. Ich atmete tief ein und ...
»Aaaayyyiii!« Schreien tat weh, aber ich brüllte, so laut meine Lunge mich ließ. Schlug mit allen vieren um mich, knirschte mit den Zähnen im Kampf gegen den Schmerz, den mir mein vorgetäuschter Anfall eintrug. Ich heulte, sabberte, warf mich hin und her.
»Sie hat schon wieder einen Anfall!«, rief Lanelle und raste herbei.
Der Erhabene ging in die Knie und packte meine Arme, drückte mich nieder auf die Pritsche und jagte überall, wo er mich berührte, neue Schmerzen in meinen Leib. Nur eine kurze Drehung, und ich könnte ihn packen. Könnte ihn um sich schlagend zu Boden schicken.
»Hat irgendjemand von den anderen einen Anfall erlitten?« Eine neue Stimme, älter und eher neugierig als besorgt.
»Nein, Ältester Vinnot«, sagte Lanelle.
Mindestens vier Leute standen jetzt im Raum, vielleicht mehr, und die meisten von ihnen würden mich aufspießen, sollte ich ihrem kostbaren Erhabenen etwas antun. Trotzdem packte ich nun seinen Arm, um Tali noch ein paar Sekunden mehr Zeit zum Verschwinden zu verschaffen. Danello brauchte sie, und ich brauchte beide, und zwar lebendig und in Sicherheit. Ich stellte mir vor, wie ich meinen Schmerz in den Erhabenen drückte, die einzige Person, die es mehr verdient hatte als alle anderen, sogar mehr als der Herzog. Zumindest war der Herzog bei seinen Mordabsichten uns gegenüber ehrlich gewesen. Ich hielt mich an dem Bild fest, während ich meine protestierend kreischenden Muskeln zwang, sich zu regen.
Ein Schatten regte sich am Rand meines Blickfelds, über der Schulter des Erhabenen. Dann eine tiefe Stimme, vielleicht die von Vinnot.
»Es könnte ein Problem mit den Muskeln ...«
»Nicht jetzt«, blaffte ihn der Erhabene an.
Ich bemühte mich, mich zu konzentrieren, aber Schmerz und Verzweiflung lähmten mich noch immer. Ich ließ meine Tränen mit den Tropfen kalten Schweißes rinnen. Mein Körper fühlte sich an, als hätte ich mich stundenlang gekrümmt und gewunden, aber es waren nur Minuten vergangen - wenn nicht Sekunden. Reichte das, um Tali aus dem Gebäude zu bringen?«
»Wenn die Anfälle anhalten, bindet sie ans Bett«, sagte der Erhabene.
»Ja, Herr.«
Er erhob sich und ließ mich im Nebel meiner Qualen zurück. Tiefe Stimmen unterhielten sich leise, zu leise, als dass ich sie hätte verstehen können. Dann fiel krachend die Tür ins Schloss.
Bitte, Heilige Saea, lass Tali entkommen, ehe ihnen klar wird, dass sie hier gelegen hat.
Schwarze und rote Strudel schlossen sich um mich herum. Der Gedanke, mich der Bewusstlosigkeit hinzugeben, war verlockend, aber schon kamen leise Schritte näher und hielten mich noch etwas länger wach.
Lanelle ging neben mir in die Knie, so nahe, ich hätte ihr Gesicht anfassen können, aber ich hatte nicht mehr genug Kraft.
»Wer bist du?«
Ich keuchte, unfähig, etwas zu sagen, selbst wenn ich gewollt hätte.
»Was machst du hier?« Sie sah sich nervös im Zimmer um und fummelte an der einzelnen goldenen Litze an ihrer Schulter herum. »Ich weiß nicht, warum du und Tali die Plätze getauscht habt, und es ist mir auch egal, solange ihr mich da raushaltet. Aber wenn du meine Position in der Gilde in Gefahr bringst, werde ich dem Erhabenen alles erzählen. Ich brauche diese Arbeit, wie mies sie auch sein mag.«
»Nicht. Bitte.« Selbst Flüstern tat weh, aber wenn ich sie dazu bringen konnte weiterzureden, wenn ich sie an meinem Lager festhalten konnte, vielleicht fände ich dann irgendwann genug Kraft, um alles auf ihr abzuladen. Oder sie vielleicht um Hilfe zu bitten. Nein, sie würde mir niemals helfen, nicht, wenn sie imstande war, die leidenden Lehrlinge einfach zu ignorieren.
»Seid ihr Diebe? Woher hast du all das Pynvium?«
»Händler.«
Sie wischte sich die Oberlippe ab, und ich konnte sie beinahe die Oppa zählen sehen. »Wie viel ist da drin.«
»Benutzt. Für Tali.«
Sie wippte auf den Fersen zurück und sah ehrlich verzweifelt aus. Gab es in ihrem Leben auch jemanden, der es brauchte? »Es war dumm, sie heilen zu wollen. Du kannst den Schmerzstrom nicht aufhalten, wenn er so stark ist. Was denkst du, wie die alle hierhergekommen sind?«
»Krankheit«, sagte ich, obwohl ich bezweifelte, dass mein Sarkasmus noch spürbar war.
Sie verzog das Gesicht. »Du weißt, dass das
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