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Die Heilerin - Roman

Titel: Die Heilerin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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nicht wahr ist.«
    »Ja.«
    »Warum hast du das dann getan?«
    »Meine Schwester.«
    Ein Gefühl flackerte in ihren Zügen auf, verschwand aber wieder, ehe ich herausfinden konnte, welcher Art es war. Mitgefühl konnte es nicht sein, nicht nach allem, was sie getan hatte. »Noch dümmer. Du weißt, dass man sie wieder heranziehen wird, sobald das nächste Mal ein Aristokrat geheilt werden muss.«
    Ich versuchte erneut, meinen Schmerz zu sammeln, aber er floss nur langsam zusammen. Wurde mein Blut schon dicker?
    Lanelle seufzte und drehte einen Pynviumbrocken zwischen ihren Handflächen. »Vielleicht schafft sie es, hier rauszukommen. Am Anfang, als die ersten Gerüchte aufgekommen sind, sind ein paar weggelaufen, aber die Männer des Erhabenen haben sie wieder eingefangen. Und er hat ein Exempel an ihnen statuiert.« Sie schauerte, und ihre Hände spannten sich um das Pynvium. »Danach hatte niemand mehr ein Interesse daran, es auch nur zu versuchen. Wenn wir getan haben, was der Erhabene sagte ...«
    Ich gab mir Mühe, mir nicht auszumalen, was der Erhabene mit denen angestellt hatte, die versucht hatten zu fliehen, doch in meinem Geist erwachten ständig Bilder aus Kriegstagen. Geveger, an Pfähle gefesselt, die Rücken blutig von Peitschenhieben. Körbe mit abgetrennten Händen. Leichen, auf Scheiterhaufen aufgeschichtet wie Müll. Dinge, von denen ich glaubte, ich hätte sie schon vor Jahren begraben, hätte sie hinter mir gelassen, als die Alpträume endlich aufgehört hatten.
    »Vielleicht bist du die Nächste.«
    »Nein. Der Erhabene braucht mich. Ich helfe ihm.« Ihre Stimme versagte ihr den Dienst.
    »Nicht mehr viele da.«
    Sie verschränkte die Arme vor der Brust und reckte das Kinn vor. »Was weißt du schon? Du gehörst nicht einmal zur Gilde, oder?«
    »Nein.«
    »Dann halt die Klappe. Ich habe es hier gut. Der Älteste Vinnot sagt, ich könnte es weit bringen, aber wenn sie herausfinden, dass du mich reingelegt hast, dann ist alles umsonst. Dann werden sie mit mir machen, was sie mit...« Furchtsamen Blickes starrte sie ins Nichts, die Kiefer fest zusammengepresst.
    Meine Finger krochen auf ihren Arm zu, nur Zentimeter vom Rand der Pritsche entfernt. Haut berührte Haut. Meine ganze Hand prickelte, und ein Gefühl der Schuld kitzelte mein Inneres. Wenn ich das tat, war ich dann noch besser als der Erhabene ?
    »Leute verlassen sich auf mich«, flüsterte sie. »Und ich kann nichts anderes.«
    Die Tür flog auf, und Lanelle zuckte zurück. Binnen Sekunden hatte sich der Erhabene auf sie gestürzt. Er packte ihre Arme und schüttelte sie wie ein Kind, das mit einer Stoffpuppe schimpfte.
    »Das Mädchen, das vorhin hier war. Wie heißt es?«
    »Ta... Tali, Herr.«
    »Was hat sie hier gemacht?«
    Lanelle sah sich nach mir um, dann senkte sie den Blick in Richtung des Beutels, den sie unter der Pritsche versteckt hatte. »Ich weiß nicht. Sie hat gesagt, sie wäre hier, um mich abzulösen.«
    »Hast du das beim Ältesten Mancov nachgeprüft?«
    Sie schüttelte den Kopf, sah mich wieder an. »Nein, Herr, ich ...«
    »Dummes Gör.« Der Erhabene versetzte ihr einen Stoß, dass sie zu Boden fiel. Schmerz und Schrecken bemächtigten sich gleichermaßen ihrer Züge.
    »Es ist nicht meine Schuld. Ich habe nicht damit gerechnet, dass irgendjemand ohne Erlaubnis hier heraufkommen könnte. Und es war ein Wachmann vor der Tür. An Kione ist sie auch vorbeigekommen.«
    Der Erhabene zögerte, überlegte vermutlich, wie dumm er gewesen war, Kione und Tali gemeinsam wegzuschicken. Sollte Kione vor der Frage gestanden haben, ob er Tali helfen oder sie verraten soll, so war er hoffentlich stark geblieben und hatte die richtige Entscheidung getroffen. »Hast du die beiden vorher schon einmal zusammen gesehen?«
    »Nein, Herr.«
    »Hast du sie je mit irgendjemandem reden sehen, der nicht der Gilde angehört?«
    »Nein, Herr.«
    Erleichterung glättete seine Stirn, doch dann legte sie sich erneut in Falten, als hätte sie ihn nicht im Mindesten besänftigt. Er schnaubte verächtlich. »Du bist seit Tagen hier, was kannst du schon wissen«, murmelte er und wandte sich ab. »Nutzlose 'Veg.«
    Lanelle warf mir einen Blick voller Panik zu und hastete hinter ihm her.
    »Herr, ich glaube, sie hat mit diesem Mädchen dort den Platz getauscht!«, platzte sie heraus. »Ich wollte es gerade melden. Ich, äh, ich ... wollte mich erst vergewissern, ehe ich Euch belästige. Ich weiß ja, wie viel Ihr zu tun habt.«
    Er wandte sich

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