Die Heilerin
kommt sowieso, aber wenn du dich innerlich dagegen wehrst, wird es nur schwerer für dich werden.« Die Worte zeigten die erwünschte Wirkung, und nach knapp zwei Stunden wurde das Kind geboren. Besorgt beugte sich Margaretha über den Säugling, blies ihm ihren Atem ins Gesichtchen. Endlich ließ er einen leisen Jammerlaut hören.
»Es lebt«, sagte sie. Doch ob er die nächsten Tage überleben würde, war noch fraglich. Rebecca hatte saubere Tücher vor dem Kamin angewärmt, und Margaretha wickelte das Kind nun darin ein, legte ihn der Mutter in die Arme. »Ein Junge, sehr klein und zart.«
Sie versorgte die Mutter, zog dann Rebecca in die Küche. Rebecca strich sich eine Träne aus dem Augenwinkel.
»Das ging ja ganz schnell und leicht.«
»Es ist ihr fünftes Kind.« Margaretha lächelte. »Aber mach dir keine Sorgen, auch du wirst die Geburt überleben.«
Rebecca seufzte, drehte sich dann um und fuhr erschrocken zusammen. Sie hatten den Wilden ganz vergessen. Er saß auf der Küchenbank, hatte den verletzten Fuß hochgelegt und paffte seine Pfeife. Mit ausdruckslosem Gesicht sah er sie an.
»Gottegot, er hat alles mit angehört«, wisperte Rebecca verlegen.
»Ich nehme an, dass auch ihre Frauen Kinder gebären«, sagte Margaretha lächelnd. Sie nickte ihm zu, aber er reagierte nicht.
Die blutigen Tücher brachte sie nach draußen, sie würde sie später waschen. Jetzt galt es Elisabeth einen kräftigenden Aufguss zu bereiten und ihr Kräuter zu geben, die den Milchfluss anregten. Das Kind war schwach und hatte nur dann eine Chance, wenn Elisabeth es stillen konnte. Sie brachte der Mutter den Aufguss, legte ihr das Kind an.
»Ich habe doch noch gar keine Milch.«
»Die wird kommen, wenn du ihn fleißig anlegst und diesen Aufguss trinkst. Ich koche dir gleich auch eine Brühe«, sagte Margaretha zuversichtlicher als sie war. Der kleine Junge saugte schwach an der Brust, zweifelnd schaute Margaretha ihn an. Seine Chancen standen nicht gut, aber sie würde alles für ihn tun, was in ihrer Macht stand.
Moedertje, dachte sie traurig, was würdest du machen? Welche Kräuter könnte ich ihr noch geben? Gute, kräftige Nahrung wäre eine Hilfe, aber davon hatten sie kaum noch etwas. Vielleicht hatten die Männer Erfolg bei der Jagd, hoffte sie.
In der Küche saß der Wilde immer noch mit dem gleichen stoischen Gesichtsausdruck. Dieser änderte sich auch nicht, als Margaretha zu ihm trat.
»Ich muss die Wunde untersuchen«, sagte sie und zeigte auf den verletzten Fuß. Hololesqua zeigte keine Reaktion, aber sie war sich sicher, dass er sie verstanden hatte. Sie wusch sich die Hände, nahm neues Verbandszeug hervor und wickelte die Leinenbänder ab.
»Es ist ein wenig geschwollen«, sagte sie und fuhr vorsichtig mit den Fingern über die gebrochenen Knochen, fühlte nach, ob sie etwas verschoben hatte. Die Wundränder waren gerötet, der Fuß um die gebrochenen Knochen war grün und blau, doch schon jetzt hatte sich eine leichte Kruste gebildet.Nichts deutete auf eine Entzündung hin. Zufrieden bestrich Margaretha die Wunde mit einer Tinktur aus Bergamotte und Lavendelöl, dann verband sie den Fuß wieder. »Noch ein paar Tage wirst du den Fuß schonen müssen.« Sie sah ihn an, er zeigte jedoch keine Regung.
Rebecca hatte den großen Kessel mit Schnee gefüllt und über das Feuer gehängt.
»Ich vermisse unsere Waschküche«, sagte sie seufzend.
»Ich auch und viele andere Dinge ebenso.« Ich vermisse Gretje am meisten, dachte Margaretha und spürte die Traurigkeit in sich hochsteigen, für Trauer war allerdings jetzt keine Zeit. »Im Sommer werden wir wieder eine Waschküche haben.« Sie sah ihre Schwägerin an, Rebecca hatte Ringe unter den Augen und sah blass aus. »Du musst mir einen Gefallen tun. Esther ist mit den Kindern bei Kürdis’ und kümmert sich um Elisabeths Kleine. Bitte geh hin, nimm Bohnen und Speck mit, etwas Brot und auch von der Butter und hilf ihr, eine Mahlzeit zu kochen.«
»Was ist mit der Wäsche?«
»Das mach ich schon.« Sie nahm Rebeccas Mantel vom Haken und reichte ihn ihr. »Die Kinder werden sich sicher freuen zu hören, dass es ihrer Mutter gutgeht und dass sie ein Brüderchen haben.«
Rebecca nickte. »Gut. Aber kann ich dich denn hier alleine lassen?« Sie schaute verstohlen zur Küchenbank.
»Natürlich. Was soll mir denn passieren?«
»Das weißt du doch gar nicht.«
»Der Wilde wird mir kaum etwas tun können, er kann ja nicht laufen. Und bevor er mir wirklich
Weitere Kostenlose Bücher