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Die heilige Ketzerin: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Die heilige Ketzerin: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Titel: Die heilige Ketzerin: Historischer Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Domeier
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zu euch?«
    Maria hielt plötzlich inne. Sie legte wieder den Kopf auf die Seite und überlegte. Agnes wollte sie jetzt nicht stören und wartete gebannt ab. Anstatt sich lediglich um die Frau zu kümmern, war sie jetzt schon mitten in den Nachforschungen. Sie war ganz aufgeregt und konnte kaum noch still sitzen. Möglich, dass sie schon am Nachmittag die ersten Hinweise auf den Mord geben konnte. Vielleicht sogar den Mörder kannte! Die Leidenschaft am Nachforschen hatte sie wieder erfasst. Genauso wie bei den Missionen mit Ludolf.
    Nach einem kurzen Moment kam die leise, sanfte Antwort: »Kunibert nicht wie Männer. Er mich immer gut behandelt.«
    Agnes fasste sich ein Herz: »Ihr wisst, dass Kunibert tot ist? Dass er von den Schatten ermordet wurde?«
    Maria nickte: »Hörte euch am Morgen. War vorherbestimmt. Kunibert gehörte doch auch zu den Männern.«
    »Seid ihr sehr traurig, dass er tot ist?«
    »Traurig? Warum?«
    Agnes’ Unterkiefer fiel herunter. Ungläubig blickte sie in das teilnahmslose Gesicht gegenüber. Sie war schockiert, wie gleichgültig Maria den Tod ihres Ehemannes hinnahm. Als Vorherbestimmung. Als Notwendigkeit des Schicksals. Was war mit der Frau geschehen? War ihr Blick so von den Visionen und den Wundern getrübt, dass sie die Wirklichkeit nicht mehr sah? Fühlte sie sich schon als Heilige? Glaubte sie wirklich, dass so jemand nicht verheiratet sein durfte?
    Langsam legte sich Maria auf die Seite. Sie schloss die Augen und wickelte sich wieder in ihre Decke, sodass schließlich nur noch die Augen herausschauten.
    »Soll ich euren Onkel holen?«
    Die junge Frau öffnete noch einmal kurz die Augen, antwortete mit leiser Stimme: »Kein Mann.«
    Dann war sie eingeschlummert. Agnes hörte nur noch das regelmäßige, leise Atmen. Aufgewühlt und mit mehr Fragen als vorher verließ sie die kleine Kammer. Maria sollte sich so schnell wie möglich erholen.

Flucht aus dem Kloster
    Als Agnes die Tür zu Marias Kammer leise schloss und sich dann umdrehte, stand plötzlich die Äbtissin mit versteinerter Miene und grimmig blickenden Augen vor ihr. Dahinter hatte sich wieder ihre Vertreterin mit der nie fehlenden Weidenrute aufgebaut. Erschrocken machte Agnes einen Schritt rückwärts. Dann richtete sie sich aber selbstbewusst auf und erwartete mit pochendem Herzen die neuerliche Konfrontation.
    »Beeil dich gefälligst!«, zischte Greta von Hattelen bissig. »Deine ganze Arbeit wartet noch auf dich. Das Refektorium ist immer noch nicht zu Ende geputzt. Mir ist es ganz egal, wann du fertig wirst. Wenn du weiterhin so nachlässig und faul bist, musst du halt die Nacht dazunehmen. Selber schuld, wenn du keinen Schlaf bekommst. Aber die Arbeiten werden erledigt!«
    Agnes versuchte ruhig zu bleiben. Sie atmete tief durch und antwortete dann: »Gnädige Schwester Äbtissin, meine Aufgaben wurden durch den Bürgermeister und den Domdekan neu definiert. Deshalb muss eine andere Mitschwester meine bisherigen Arbeiten übernehmen.«
    »Du wagst es, mir zu widersprechen?«, schrie die Äbtissin. »Diese ... diese ... Fremden haben hier in St. Jakobi nichts zu sagen!«
    Die junge Nonne prallte angesichts der Heftigkeit der Reaktion zurück. Ihre Stimme zitterte. Noch nie hatte sie auf solch eine Weise mit einer Vorsteherin gesprochen, aber diesmal wollte sie nicht das kleine Mäuschen sein, das von allen nur hin und her gescheucht wurde. Mit wiedergewonnener Überzeugung antwortete sie: »Allerdings hat der Bischof etwas zu sagen!«
    »Frechheit!«
    Und schon hatte Agnes eine Ohrfeige bekommen. Sie hielt sich die prickelnde Wange und starrte völlig überrascht und fassungslos die Äbtissin an.
    »Morgen gehe ich höchstpersönlich zum Bischof und werde mit ihm über dein unmögliches Betragen sprechen. Bis zu deiner Aburteilung wirst du bei Brot und Wasser in deinem Zimmer eingesperrt.«
    Die junge Nonne hatte sich wieder gefangen und schüttelte vehement den Kopf. »Das werdet ihr nicht wagen. Das kostet euch das Amt.«
    »Das werden wir ja sehen!«
    Dann gab die Äbtissin ihrer Priorin einen Wink, die sich grinsend an ihrer Herrin vorbeischob und sich mit der Rute fuchtelnd näherte.
    »Komm her, mein Täubchen! Ich bring dich jetzt in deine Kammer. Und mach dich unterwegs auf ein kleines Tänzchen gefasst.«
    Agnes blieb kampfbereit stehen. Sie würde sich nicht wieder von der gehässigen Margarete Rennemann schlagen lassen. Nie wieder! Sollte sie doch kommen und es wagen!
    Und schon sauste der erste Hieb

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