Die heilige Ketzerin: Historischer Kriminalroman (German Edition)
wortreich für die Hilfe gegen den Aufrührer. Er versicherte ihr, dass kein Mitglied des Stadtrates Silixen unterstützt hatte. Alle waren Rinteln und der gräflichen Familie treu und ergeben geblieben.
Die Gräfin nickte wohlwollend. »Hochverehrter Bürgermeister Prutze, wir haben nie an eurer Loyalität gezweifelt. Ich habe nicht nur für meine eigene Familie gehandelt, sondern auch für Rinteln. Unter einem möglichen Krieg leiden doch alle Bürger. Das haben die fleißigen Einwohner hier nicht verdient.« Sie wandte sich nun an die anderen. »Pater Bassenberg, Äbtissin von Hattelen, warum seid ihr gebunden? Was wirft man euch vor?«
Die beiden Angesprochenen sagten nichts. Der Priester schaute lediglich in die Runde und zuckte mit den Schultern, als wäre er sich keiner Schuld bewusst, während seine langjährige Geliebte ihren Kopf gesenkt hielt und an der Unterlippe kaute.
Nach einem kurzen Augenblick gab Johannes vom Domhof eine Erklärung über die abscheulichen Taten, die Bassenberg mit der Unterstützung der Äbtissin im Kloster verübt hatte. Da der Priester auf frischer Tat erwischt worden war, gab es keinen Zweifel an der Schuld. Wegen des Mords an den Neugeborenen wartete man aber noch auf den Bericht der Diener. Während Ludolfs Vater von den Geschehnissen erzählte, war die Gräfin sichtbar blasser geworden. Fassungslos schlug sie die Hände vors Gesicht und schüttelte den Kopf.
»Und das hat niemand bemerkt? Über all die Jahre?« Die Gräfin war erschüttert. Mit Blick auf den Mönch fragte sie: »Hat dieser Bruder auch etwas damit zu tun?«
»Nein. Er wurde von dieser Frau des Mordes an Kunibert Nachtigal beschuldigt.« Damit wies er auf die ärmliche Frau, die sich in die hinterste Ecke des Raumes verzogen hatte.
Nun kam sie ganz aufgelöst vor und machte mehrere unbeholfene Knickse. »Oh, gütige Herrin, ehrwürdige Frau! Ja, ja, das stimmt. Ich sah ganz deutlich, wie der Kerl da mit’m Messer aus Kuniberts Haus kam. Ich kann’s beschwören. Ehrlich. Der Schlag soll mich treffen, wenn ich lüg.«
Mathilde von Braunschweig beruhigte die aufgeregte Frau. »Ich glaube euch ja!« An Ludolfs Vater gewandt fragte sie: »Und wie geht es jetzt weiter?«
»Eigentlich wollten wir den Mönch nach seinem Messer durchsuchen. Möglich, dass er es noch hat. Aber leider ist uns vorhin ja Silixen in die Quere gekommen.«
»So tut, wie ihr es für nötig befindet. Ich möchte mich nicht in eure Untersuchung einmischen.«
Johannes vom Domhof verneigte sich dankend und ging zum Mönch hinüber. »Wer seid ihr?«
»Ich heiße Jordanus. Ich bin Augustiner aus dem Kloster Marienthal.«
»Dann werden wir euch nun durchsuchen müssen.«
Der Mönch wich zurück und hob abwehrend die Hände. »Ich hab nichts damit zu tun!«, rief er aufgeregt. »Ich hab den Mann nie gesehen! Schon gar nicht berührt!« Inzwischen stand er mit dem Rücken an der Wand und hatte drohend die Fäuste geballt. »Ich lass mich nicht wie ein dahergelaufener Strolch durchsuchen!«
Die Gräfin winkte zwei ihrer Bewaffneten herbei. Schnell war der Mönch zu Boden gerissen und wurde festgehalten. Er schrie und fluchte eher wie ein Schweinehirt denn wie ein Mönch und versuchte immer wieder, seine Gegner zu treten. Doch die waren erfahren genug, um ihn schnell unter Kontrolle zu bringen. Sie pressten ihn zu Boden, sodass er sich nicht mehr rühren konnte. Ludolf und sein Vater öffneten die Kutte des Augustiners und tasteten ihn von oben bis unten ab. Neben einem ledernen Geldbeutel und einem kleinen Leinentuch mit persönlichen Utensilien fanden sie auch ein Messer. Beim Anblick der Waffe entschlüpfte einigen der Anwesenden ein Ausruf des Erstaunens.
»Das gehört mir nicht!«, schrie Jordanus. »Das habe ich zufällig gefunden.«
Doch niemand hörte mehr auf seine Rufe. Für die meisten war nun klar, wer Maria und ihren Mann angegriffen hatte. Vater und Sohn untersuchten das Messer eingehend. Dann zeigten sie es den Anwesenden.
»Werner Lothe hat uns Kuniberts verschwundenes Messer genau beschrieben«, erklärte Ludolf. »Als Erkennungsmerkmal haben die Holzfäller immer ein eindeutiges Zeichen in den Holzgriff gebrannt. Bei Kunibert war es wegen seines Namens Nachtigal ein Vogel. Und was ist hier zu sehen?«
Alle blickten auf das Messer. Blinzelnd kamen einige näher heran. Für alle war das grob skizzierte Abbild eines Vogels deutlich zu erkennen.
Ludolf drehte sich zum Mönch um. »Sollen wir Kuniberts Freund holen, damit
Weitere Kostenlose Bücher