Die heilige Ketzerin: Historischer Kriminalroman (German Edition)
Diebstählen steckt?«
Ulrichs Augen schossen brennende Blicke auf den jungen Mann. Aber er sagte kein Wort.
»Ich nenne das einen Grund für einen Mord. Den Mord an Kunibert.«
»Nein!«, schrie von Engern. »Das hängst du mir nicht an, du elendes Milchgesicht! Das musst du erst noch beweisen!«
Ludolf lächelte krampfhaft. Hoffentlich hatte er sich bei seiner Spurensuche nur nicht verkalkuliert. Alle Überlegungen basierten im Moment noch auf Annahmen, denn er und Agnes waren bisher noch zu keinem Ergebnis gekommen. Es gab genug Verdächtige für den Mord, aber keinen endgültigen Beweis.
»Das kommt noch«, antwortete er deshalb ausweichend.
Wie auf Kommando ertönte ein Klopfen an der Tür, das den verzweifelten jungen Mann erlöste.
Das Geheimnis des Klosters
Was ist?«, rief der Bürgermeister gereizt. »Kommt rein!« Der Bedienstete vom Burgsitz des Mindener Domkapitels, der mit der Suche nach den Gräbern der Kleinkinder im Kloster beauftragt worden war, schlich herein. Er entschuldigte sich mehrfach für die Störung und wünschte, den Domdekan zu sprechen.
Johann von Rottorf winkte ihn herbei. Neugierig kamen auch Ludolf und sein Vater näher, um den Bericht zu hören. Der Diener gab leise einen kurzen Bericht, von dem die anderen Anwesenden nur ein Gemurmel vernahmen und ab und zu das Nicken eines Kopfes sahen.
Nach einer Weile fragte Jaspar Prutze ganz ungeduldig: »Was ist denn nun? Hören wir jetzt noch, wer der Mörder von Kunibert Nachtigal ist? Ist es nun von Engern oder der Mönch?«
Der Domdekan schickte den Bediensteten wieder fort und wandte sich an den Bürgermeister: »Entschuldigt bitte. Aber wegen des verdächtigen Mönchs müssen wir ja noch auf Agnes von Ecksten und Maria Nachtigal warten. Bevor wir uns wieder um den Mord kümmern, sollten wir schnell noch einmal zu Arnold Bassenberg und Greta von Hattelen kommen.«
Der Priester knurrte sofort: »Was wollt ihr denn schon wieder?«
»Es geht um den Vorwurf wegen Missbrauchs und Mord.«
Bassenberg lachte hämisch auf. »Ihr macht mir keine Angst. Wir werden schon sehen, was der Richter zu euren lächerlichen Anklagen sagt.«
Der Domdekan wollte noch etwas dagegen sagen, besann sich aber eines anderen. Stattdessen gab er ihm recht: »Genau. Das werden wir schon sehen.«
Der Priester der Stadtkirche war vom drohenden Strafgericht gegen ihn unbeeindruckt. Souverän sagte er: »Greta wird für mich aussagen und alle Anschuldigungen als Lüge entlarven.«
Von Rottorf machte ein erstauntes Gesicht. »Ach?« Und an die Äbtissin gewandt fragte er: »Verehrte Herrin von Hattelen, das tut ihr wirklich?«
Sie hatte dem bisherigen Geschehen teilnahmslos zugehört. Fast die ganze Zeit war ihr Blick zu Boden gerichtet gewesen. Sie hatte nicht gewagt, irgendeinen der Anwesenden direkt anzublicken. Nun hob sie langsam den Kopf. Müde schaute sie zu ihrem Geliebten hinüber.
»Warum sollte ich dir deinen Hals retten? Vorhin hast du noch behauptet, du hättest mich nie geliebt. Du hättest mich nur genommen, damit ich für dich die kleinen Blagen verschwinden lasse.«
»Ich habe das nie von dir verlangt!«, knurrte er ihr ärgerlich zu.
»Aber du hast es erwartet.«
Noch ehe Arnold Bassenberg etwas antworten konnte, rief der Domdekan freudestrahlend aus: »Damit ist eurer beider Schuld und Beteiligung am Mord bewiesen.«
Der Priester rief aufgeregt: »Wieso Mord? Wenn die Blagen in der Nacht krepieren, ist das noch lange kein Mord! Greta hat doch gesagt, dass es ein Gottesurteil war. Gottesurteile werden schließlich auch von Gerichten zur Urteilsfindung eingesetzt. Ihr seid doch auch Priester. Wolltet ihr euch etwa gegen ein Zeichen von Gott stellen?«
Johann von Rottorf atmete tief durch. »Der Diener, der vor Kurzem hier war, gab uns Bericht von der Suche nach den Gräbern der Kinder im Klostergarten. Inzwischen wurden sechs Skelette gefunden. Bei zweien war unzweifelhaft der Schädel eingeschlagen. So viel zu eurem Gottesurteil.«
Im Rathaussaal wurde es nun sehr laut. Ausrufe des Entsetzens und der Bestürzung waren zu hören. Die Gräfin war aufgesprungen und zum Bürgermeister geeilt. Zusammen mit den Ratsherren diskutierten sie über die Ungeheuerlichkeit dieser Morde. Man konnte es noch immer nicht fassen, dass dieses Treiben so viele Jahre unentdeckt geblieben war, dass keine der Frauen etwas gesagt hatte. Aber natürlich war es für einen Außenstehenden schwierig, hinter die abgeschiedenen Klostermauern zu
Weitere Kostenlose Bücher