Die Heimkehr des Highlanders
außer den Wachen alle schliefen. An den Grund für diesen Überfall konnte sich Milford nicht mehr erinnern, doch der schien ihm ohnehin nebensächlich. Tatsache war, dass sich die unzivilisierten Highlander erdreisteten, ehrbare Soldaten der Krone zu überfallen und niederzumetzeln. Gemeinsam waren diese Wilden gefährlich und unberechenbar, wenn man also Ewan MacLaughlin überfallen wollte, musste er unbedingt alleine unterwegs sein.
Unbewusst nahm Milford wahr, dass Annas Hand da angekommen war, wo sie sie hinhaben wollte. Er schob die Gedanken an seinen Rachefeldzug fürs Erste beiseite und gab sich entspannt den Sinnesfreuden hin, die Anna ihm bereitete.
8. Kapitel
Die Pferde, die Milford tags darauf besorgt hatte, schnaubten gedämpft, als sich das Paar seinen Weg durch die düsteren Wälder bahnte. Sie befanden sich auf dem Gebiet von Barwick, das zu einem großen Teil aus dichten Wäldern bestand.
Es war kalt geworden, doch Annas Gesicht leuchtete rosig wie nach einem Bad in Rosenblüten. Im Morgengrauen hatte sie ihr Bündel geschnürt und war aus der Kate geschlüpft, ohne sich von ihrer Tante zu verabschieden. In ihren Träumen sah sich Anna bereits als Roberts Gemahlin. Als Frau eines Offiziers würde es niemand wagen, sie wegen ihrer Narbe zu verspotten.
Skeptisch blickte sich Robert um. »Wo, zum Teufel, sind wir hier? Weit und breit ist kein Pfad zu sehen, ich fürchte, wir haben uns verirrt.«
»Vertrau mir«, gurrte Anna. »Als Kind habe ich das ganze Gebiet durchstreift. Damals waren die Wälder noch sicherer als heute.« Sie stockte und warf Milford einen zaghaften Blick zu. Hatte er gemerkt, dass sie auf die englischen Soldaten anspielte, die zu Zeiten, als Anna noch ein Kind war, die Wälder noch nicht unsicher machten für die Schotten?
Es schien nicht so. Angestrengt blickte Robert zwischen den dunklen Baumstämmen hindurch, konnte jedoch nichts als Bäume sehen.
»Soso«, murrte er schließlich. »Du kennst die Gegend also. Dann erklär mir doch bitte, wie wir aus diesem Dickicht herausfinden.«
In der Tat hatten selbst die Pferde Schwierigkeiten. Immer wieder glitten ihre Hufe auf feuchten Wurzeln oder bemoosten Ästen aus. Doch Anna ließ sich nicht beirren, zielsicher führte sie ihr Pferd, bis sie schließlich triumphierend auflachte.
Wie aus dem Nichts tauchte der festgetretene Pfad auf, der zur einen Seite bis Glenbharr Castle führte, zur anderen direkt zur Burg von Crìsdean MacGannor.
»Nun, hab ich dir zuviel versprochen?« Annas Blick richtete sich beifallheischend auf Milford, der zögernd näher ritt und sich nach beiden Seiten umschaute, bevor er sein Pferd auf den Weg führte, auf dem deutlich Hufspuren zu sehen waren.
Milfords Gesicht nahm einen dämonischen Zug an. Das auffällige, gezackte Muttermal auf der Wange stach deutlich auf der hellen Haut des Mannes hervor. Wieder schaute er sich um, dann fragte er: »Und du bist sicher, dass MacLaughlin diesen Weg nimmt, wenn er zu seinen Freunden reitet?«
»Gewiss, aber ich kann natürlich nicht sagen, wann. Als ich noch auf Glenbharr Castle lebte, ritt er ungefähr einmal in der Woche hinüber – weiß der Teufel, was er ständig bei den MacGannors zu tun hat.« Sie verzog das Gesicht. »Wahrscheinlich überbringt er Liebesbotschaften für seine Schwester. Diese Frau, die sich so tugendhaft gibt und mein Tun ewig mit strafenden Blicken und tadelnden Worten missbilligte, hat die Ehe gebrochen und …«
»Sei still!«, fuhr Milford sie an, er war nicht am Burgklatsch interessiert, sondern einzig daran, wie er Ewan MacLaughlin, seinen Erzfeind, in eine Falle locken konnte.
Noch immer standen sie am Wegrand, und während Anna mit beleidigter Miene schmollte, suchte Milford fieberhaft nach einer Lösung. Sie mussten eine Unterkunft in der Nähe des Pfades finden, denn um draußen zu übernachten, waren die Nächte schon viel zu kalt.
»Gibt es hier irgendwo eine verfallene Hütte?«, fragte er sachlich, und als Anna gekränkt schwieg, fuhr er scharf fort: »Denk nach, Weib, wir haben nicht ewig Zeit.«
Noch immer schmollend schüttelte sie den Kopf, dabei rutschte die Kapuze ihres grauen Umhanges vom Kopf und gab ihr goldblondes Haar frei, das sogar im trüben Tageslicht glänzte.
Milford verdrehte die Augen. »Sei wieder gut, mein Liebchen, ich wollte dich nicht anfahren.«
Von einer Sekunde zur nächsten veränderte sich Annas Gesichtsausdruck und nahm wieder den koketten Zug an, den sie immer aufsetzte, wenn
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