Die Heimkehr des Highlanders
weibliche Stimme, die verzweifelt seinen Namen rief. Er wirbelte herum, doch um ihn waren nur seine zerlumpten Mitgefangenen.
Es war Joans Stimme gewesen, die er gehört hatte, da war er sich völlig sicher. Er hatte sie nicht wirklich gehört, nur in seinem Kopf, und nun erinnerte er sich an Marions Beschreibungen, wie ihre Tochter den ersten geistigen Kontakt hergestellt hatte.
Schwer atmend ließ sich Ewan in einer Ecke nieder und vergrub das Gesicht in den Händen, aus den Augenwinkeln konnte er erkennen, dass seine kurze hitzige Rede gefruchtet hatte, denn einige der Männer häuften Stroh aufeinander, legten Hamish vorsichtig darauf und betupften seine Wunden.
Ewans Gedanken konzentrierten sich auf Joans verzweifelten Ruf. Wenn es sich tatsächlich so verhielt, dass sie versuchte, mit ihm Kontakt aufzunehmen, musste sie inzwischen ahnen, dass ihr Mann durch die Zeit gereist war. Viel nützen würde ihr dieses Wissen allerdings nicht, da es keine Möglichkeit für ihn gab, zur Höhle zurückzugelangen.
Eine Bewegung neben ihm brachte Ewan in die Wirklichkeit zurück.
»Jetzt wissen wir wenigstens, was sie mit uns vorhaben«, murmelte Sìn. »Ich schätze, sie holen einen nach dem anderen, um uns zu foltern, bis wir Waffenverstecke und Aufenthaltsorte unserer Oberhäupter preisgeben.«
Ewan lachte hart auf. »Von mir können sie nichts erfahren, denn ich kann mich gerade an meinen Namen erinnern.«
»Das würde ich aber dennoch für mich behalten, caraid . Du bist schließlich kein einfacher Krieger, womöglich warst du sogar bei der Schlacht der Anführer deines Clans.«
Der Gedanke daran ließ Ewan schmunzeln. »Das halte ich für ausgeschlossen, du kennst meinen Vater nicht, er war ganz verrückt danach, den Sasannach zu zeigen, wer in Schottland das Sagen hat. Das war bereits bei der Schlacht bei Sheriffmuir so und wird sich nicht geändert haben.«
Eine schwere Hand legte sich auf seine Schulter. »Aye, so hast du ihn in Erinnerung, aber das ist vierzehn Jahre her, vielleicht lebte er gar nicht mehr, als Bonnie Prince Charles nach Schottland kam.«
An diese Möglichkeit hatte Ewan keine Sekunde gedacht, er sah Dòmhnall auch im Jahre 1746 als einen angsteinflößenden Hünen vor sich, in dessen Adern ungezähmtes Wikingerblut floss. Doch Sìns Bemerkung nagte an ihm.
Er lehnte sich stöhnend zurück, dabei merkte er kaum, wie die unebene Steinmauer sich gegen seinen Rücken drückte. Es war alles so verworren, und er konnte mit niemandem darüber sprechen – noch nicht einmal mit Sìn, dem er inzwischen vertraute.
»Morgen werden sie den nächsten von uns holen.« Sìns Stimme klang rau. »Einen nach dem anderen werden sie holen, und wenn sie alle so zurichten wie Hamish, brauchen sie sich keine Gedanken mehr darüber machen, ob sie uns laufen oder hier verhungern lassen sollen.«
»Und wir auch nicht«, versetzte Ewan trocken. »Wenn Hamish wieder zu sich kommt, kann er uns erzählen, wohin man ihn gebracht hat; vielleicht bietet sich eine Möglichkeit, auf dem Weg zum Verhör zu fliehen.«
Sìn schüttelte den Kopf. »Du bist ein Kindskopf, ein Mann in deiner Position sollte weniger naiv sein. Hast du die dicken Mauern der Festung gesehen? Noch nicht einmal einer Ratte würde es gelingen zu entkommen.«
Darauf entgegnete Ewan nichts, und als er sah, dass sein Gesprächspartner die Augen schloss und gleich darauf leise zu schnarchen begann, ließ er wieder seine Gedanken schweifen.
Blanke Wut loderte erneut in Ewan auf, als er sich an den hinterlistigen Überfall des teuflischen Pärchens erinnerte, und ihm schauderte, als er an Annas Hand dachte, die ungeniert nach seinem Penis gegriffen hatte. Sofort tauchte Joan vor seinem geistigen Bild auf.
Würde er jemals die Sinnenfreuden mit ihr noch einmal erleben?
Wie mochte Joan reagieren, wenn er nie wieder heimkam? Ob sie sich schnell mit einem anderen Mann tröstete oder möglicherweise zurück in ihre Zeit kehrte?
Sìns Ellenbogen an seinen Rippen ließ Ewan aus seinen quälenden Tagträumen auffahren. »He, woran denkst du?«
»Ich dachte soeben an meine Frau«, gab Ewan heiser zurück. »Sie ist das schönste Weib, das ich jemals gesehen habe.«
»Da hast du meine Leonora aber noch nicht gesehen«, frotzelte Sìn. »Ein Rasseweib, stammt aus einer uralten schottischen Familie.«
Ewan lag die Bemerkung auf den Lippen, dass Joan gebürtige Engländerin ist, doch er hielt es für besser, diese Weisheit für sich zu behalten.
Sìn hatte
Weitere Kostenlose Bücher