Die Heimkehr des Prinzen
nicht länger beherrschen. In ihr war die Wut hochgekocht, bis sie dachte, ihr Kopf würde davon platzen. »Und war es eurer Meinung nach etwa keine Katastrophe, dass Caligula in dieser Nacht meine ganze Familie ausgelöscht hat?«, würgte sie hervor.
Alle drei Hexen am Tisch senkten einen Moment lang die Köpfe. Als Gennae wieder hochsah und Erin anblickte, hatte ihr Gesicht weichere Züge angenommen. »Dafür muss ich mich entschuldigen. Dass wir deine Mutter und deine Schwestern verloren haben, war das gröÃte Unheil, das dieser Hexenzirkel je durchlebt hat, und mir persönlich wurde mit deiner Mutter Gwendolyn meine beste Freundin entrissen. Sie stand mir näher als eine Schwester.« Tränen stiegen in Gennaes violette Augen. »Bitte glaube uns, dass wir alle deine Trauer verstehen und teilen.«
Erin trotzte Gennaes Blick eine ganze Weile, doch dann nickte sie. »Das glaube ich euch.« Sie senkte die Lider und warf einen verstohlenen Blick auf das wütende Gesicht von Berenice. GröÃtenteils.
»Und da wir deine Mutter und ihre Lehren kennen, können wir es einfach nicht glauben, dass du deine unsterbliche Seele riskierst, um Wildlingsmagie auszuüben«, fügte Lilian hinzu.
»Ich habe alles nur Erdenkliche getan, um mich davor zu schützen«, sagte Erin hoch erhobenen Hauptes. »Und meine Gabe der singenden Steine habe ich ebenfalls endlose Stunden lang zu erforschen versucht. Aber nichts in dem, was ich gelesen habe, konnte mir Auskunft darüber geben, warum ein Krieger von Atlantis solch eine heftige Reaktion in mir ⦠in meinen Steinen auslösen konnte.«
Gennae und Berenice wechselten fast unmerklich einen Blick. »Nun, da gibt es tatsächlich etwas, was du wissen solltest, Erin«, sagte Gennae. »Darüber, wie sich dieser Atlanter deiner Aussage nach auf deine Gabe ausgewirkt hat, und darüber, was passiert, wenn du Caligula weiterhin auf diese Weise verfolgst.«
Berenices Gesicht wurde noch blasser, sofern das überhaupt möglich war. »Du kannst ihr doch nicht erzählen â¦Â«
»Wir müssen es ihr sagen. Es ist an der Zeit. Insbesondere, wenn sie vorhat, die Atlanter in ihre unmöglichen Rachepläne mit einzubeziehen«, meinte Lilian. »Ganz zu schweigen von dem Angriff heute Abend, der etwas damit zu tun haben könnte.«
Ja, bemüht euch nur kräftig, diesen Angriff nicht aufs Tapet zu bringen, dachte Erin. Sie fing an, sich zu fragen, ob ihre Wut die Erschöpfung überwinden und sie noch länger auf den Beinen halten könnte.
»Eigentlich verdient sie eine Strafe dafür, dass sie die Wildlingsmagie nicht besser beherrscht hat«, meinte Berenice bissig. â »Sie verdient es, die Wahrheit zu erfahren«, erwiderte Gennae.
»Welche Wahrheit? Nun redet schon«, verlangte Erin. Eis schien ihr plötzlich durch die Adern zu flieÃen und sich in ihrem Magen zu einem gefrorenen Ballen zu verdichten. Sie wollte ihre Macht zurückhaben und die Sicherheit ihrer Edelsteine mit ihrem Gesang. Am liebsten wäre sie weggelaufen â mit den Händen über den Ohren aus dem Raum gerannt.
Aber am meisten wünschte sie sich, sie könnte sich in Vens starke Arme schmiegen, gestand sie sich selbst ein und war erstaunt darüber, wie sehr sie sich nach dem Mann sehnte, den sie doch erst vor so kurzer Zeit kennengelernt hatte.
Gennae erhob sich von ihrem Sitz an der Tafel und glitt geräuschlos um den Tisch, bis sie Erin gegenüberstand. Sie legte ihr die Hände auf die Schultern. »Du warst mir wie eine Tochter, Erin, und wenn du weiterhin darauf bestehst, diesen Rachefeldzug zu führen, dann musst du dir auch über die Konsequenzen im Klaren sein.«
»Aber es geht doch nicht nur um Rache und um die Vergangenheit«, brach es aus Erin hervor. Sie suchte einen Schimmer von Verständnis in den Augen der Priesterin. »Es geht doch auch um die Zukunft. Man muss doch Caligula davon abhalten, einer anderen Familie dasselbe anzutun, wenn nicht gar der gesamten Bevölkerung von Seattle oder dem Staat Washington, oder warum nicht gleich der ganzen Westküste von Amerika? Wir haben die Dunkelheit um das Gebiet von Mount Rainier gespürt. Wir haben gesehen, wie viele Neukonvertiten unter den Vampiren entstanden sind. Warum könnt ihr das nicht verstehen?«
Gennae grub ihre Finger schmerzhaft in Erins Schultern und beugte sich vor,
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