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Die heimliche Lust

Die heimliche Lust

Titel: Die heimliche Lust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dalma Heyn
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lächeln sie sogar darüber, aber sie wissen, daß es eine Zumutung ist. Und sie empfinden dieses vage, schwer zu erklärende Gefühl von Schande.
    Meine Gesprächspartnerinnen rangen darum, während sie sich in dieser Sprache der Verbote, der Zwänge und der Bravheit ergingen, Worte zu finden, die ausdrücken konnten, wie sie sich in diesen reduzierten Resten ihres Selbst fühlten. Wie sollten sie beschreiben, was sie empfanden, als sie ihre Sexualität verloren, wenn ihnen nur eine Sprache zur Verfügung stand, die keine Worte für etwas so Beklagenswertes hat?

    Die vierzigjährige Wendy erinnert sich, wie sie damals, vor achtzehn Jahren, ihre Heirat fand:
    Es war alles genau richtig. So beruhigend, wie es im Buche steht. Aber ich hatte ein zwiespältiges Gefühl, irgendwie Furcht, wie am Beginn eines Krimis. Das ist ja alles ganz nett, dachte ich, aber wie geht mein Leben jetzt weiter? Wann kommt unser wirkliches Leben? Wann fängt Ben [ihr Mann] an, so viel mit mir zu reden, wie all die Männer, die ich bisher gekannt habe? Und wann fange ich an, ich selbst zu sein? Ich hatte das Gefühl, etwas zu verlieren, das ich noch nicht richtig besessen hatte. Wann würde diese Beziehung denn endlich beginnen, so vertraut und entspannt und glücklich zu werden, wie ich es mir vorgestellt hatte, wie sie zu sein versprach, bevor wir heirateten? Und wer wird das in Gang bringen? Es hat ein Jahr gedauert, bis ich es in meinen Schädel hineinbrachte, daß das nicht mehr zu erwarten war.
    Sie beschrieb dieses Gefühl drohenden Unheils als die Furcht davor, »etwas zu verlieren«. Kay, dreiundzwanzig und seit eineinhalb Jahren verheiratet, hatte das Gefühl, einem gnadenlosen »Korrekturprozeß« unterzogen zu werden, und war sich nicht einmal bewußt, daß sie selbst die Korrigierende war.
    Ich wollte ja gar nicht anders werden. Es geschah einfach. Ich fing an, Dinge zu vergessen. Die lächerlichsten Dinge. Ich verlor einfach irgendwie... mein Gedächtnis. An die Stelle meines Gedächtnisses trat, ich weiß nicht, Luft. Ich machte zu. Ich fühlte mich wie eine verwirrte alte Dame. Das wurde mein... Stil.
    Sie machte sich Vorwürfe wegen dieses neuen »Stils«, beschrieb sich als hohlköpfig. Diese Selbstentwertung verhinderte allerdings ein deutliches Empfinden dafür, was sie so »zu« sein ließ, und dies laut zu äußern. Es war, als ob sie einer nicht zu benennenden Macht unterstehe, die sie zwang, ihr Selbst aufzugeben, sie zwang, zu vergessen, woran sie sich eigentlich erinnern konnte. Judyann, siebenunddreißig, beschreibt den Prozeß so:
    Ich fühlte mich weniger groß, kleiner, eingezwängt. Und ich versuchte ständig, mich zu strecken. Es war ein Krieg, den ich im Grunde in mir austrug, nicht mit meinem Mann. Ich glaube nicht, daß er auch nur im geringsten verstand, was ich empfand, obwohl ich versuchte, ihm mitzuteilen, was mich wütend auf mich machte. Verstehen Sie, er merkte im Grunde keine Veränderung bei mir, war glücklich mit mir. Aber da ich mir wie ein Schatten vorkam, fragte ich mich: Wie kann ihm das gefallen? Das war nicht die Frau, die er kennengelernt hatte — warum bemerkt er das nicht? Wie kann er an diesem Schatten Gefallen finden, wenn ich ihn so hasse? Warum hilft er mir nicht?
    Die siebenundzwanzigjährige Joyce sagt:
    Ich begann, diese kleinen Dinge zu tun, die man als verheiratete Frau tut. Meine Röcke wurden länger, meine Blusen zugeknöpfter, meine Haare kürzer. Es begann auf diese Weise, obwohl ich gleichzeitig darüber Witze machte, daß ich immer Ehefrau-ähnlicher würde. Aber plötzlich fühlte ich mich nicht bloß älter, sondern matronenhaft. Auch in meiner Ehe.
    Die vierzigjährige Suzy beschreibt das Phänomen bei sich:
    Ich sage meinem Mann nicht, was die Dinge kosten, die Dinge für mich. Ich tue so, als sei es meine Aufgabe im Leben, ihn vor dem Preis von Damenkleidung zu bewahren, damit ich keine Vorwürfe deswegen zu hören bekomme. Ich tue ihm gegenüber so, als ob alles, was ich kaufe, im Ausverkauf erworben sei, verstehen Sie, ein Schnäppchen. Ich gehe nicht einmal mehr zu dem Friseur, bei dem ich früher immer war. Das ist verrückt. Vermutlich würde er nicht mal sagen: »Du gibst zuviel für deine Haare aus !« Aber so braucht er gar nicht darüber nachzudenken. Eine leise Stimme in mir tut es für ihn. Ich schmuggle Kleider ein, bagatellisiere ihren Preis, rede viel über Sachen im Angebot und zum halben Preis. Alle meine Freundinnen tun das, obwohl es oft unser

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