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Die heimliche Lust

Die heimliche Lust

Titel: Die heimliche Lust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dalma Heyn
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für Frauen darstellen könne. Ergebnisse psychologischer Untersuchungen bestätigten diese These:
    In diesen Studien berichten verheiratete Frauen um 20 % häufiger von Depressionen als alleinstehende Frauen, und dreimal so häufig von schweren Neurosen. Verheiratete Frauen bekommen öfter Nervenzusammenbrüche, leiden häufiger an Nervosität, Herzklopfen und Antriebslosigkeit. Auch folgende Beschwerden quälen verheiratete Freuen unverhältnismäßig oft: Schlaflosigkeit, Händezittern, Schwindelanfälle, Alpträume, Hypochondrie, Passivität, Agoraphobie und andere Phobien, Unzufriedenheit mit ihrem eigenen Aussehen sowie überwältigende Schuld- und Schamgefühle. Eine an Collegeabsolventinnen über fünfundzwanzig Jahre hinweg durchgeführte Langzeitstudie ergab, daß Ehefrauen die geringste Selbstachtung hatten, sich am wenigsten attraktiv fanden, am meisten über Einsamkeit klagten, sich in jedem Bereich am inkompetentesten fühlten — sogar in bezug auf die Kinderbetreuung.... Die Mills-Langzeitstudie, die sich über mehr als dreißig Jahre erstreckte, berichtete 1990, »traditionelle« Ehefrauen hätten ein höheres Risiko als alleinstehende Frauen, in ihrem Leben seelisch oder körperlich zu erkranken — von Depressionen bis Migräne, von hohem Blutdruck bis Dickdarmentzündung. Eine 106000 Frauen umfassende Umfrage des Cosmopolitan ergab, daß alleinstehende Frauen nicht nur mehr Geld verdienen als verheiratete, sondern auch gesünder sind und mit höherer Wahrscheinlichkeit regelmäßig Sex haben. Und schließlich entdeckten die bekannten Psychologieforscher Gerald Klerman und Myrna Weissman, als sie die gesamte Literatur über weibliche Depressionen auf die verschiedensten Faktoren hin durchforsteten — von genetischen Einflüssen über das prämenstruelle Syndrom bis hin zur Pille — , nur zwei Hauptursachen für die Depression der Frau: ein niedriger sozialer Status und die Ehe.
    Zu den subtilsten Veränderungen, die Frauen nach der Heirat erleben, zählt, wie Bernard ebenfalls beobachtete, die Degradierung »vom Status einer Frau zu dem eines Neutrums... Der angebliche Rückgang des Interesses an Sexualität bei älteren Frauen ist tatsächlich auf die Vorschriften für die Rolle der Ehefrau zurückzuführen .« Diese Erkenntnis, daß Frauen für den vermeintlich höheren Status einer Ehefrau ihre Sexualität eintauschen, ergänzte Philip Slater in seinem 1970 erschienenen Buch The Pursuit of Loneliness durch die Beobachtung, daß es in Modefragen »nur jungen, unverheirateten Frauen gestattet ist, ganz und gar weiblich zu sein... Sobald sie heiraten, sollen sie gefälligst ihre Sexualität dämpfen, und wenn sie Mütter werden, wird das bis zur Neutralisierung fortgeführt. Unterernährte Nymphen stellen also jedweden Sex-Appeal, den sie aufzubieten haben, mit allen Mitteln heraus, während die Art von reifer und voll erblühter Weiblichkeit, über Jahrhunderte ein europäisches Schönheitsideal, fast bis zur Unkenntlichkeit verschleiert wird.«
    Nun wäre es sicher falsch zu behaupten, daß meine Gesprächspartnerinnen zum Neutrum gemacht werden; sie hatten auch nicht das Gefühl, daß jemand Bestimmter von ihnen erwarte, »ihre Sexualität etwas zu dämpfen«. Sie glichen kaum dem, was Bernard »das traurige Bild der psychischen Gesundheit verheirateter Frauen« nannte. Doch wenn ich ihren Worten genau zuhörte, wenn ich speziell auf ihre Sprache achtete, war es erstaunlich, wie viele dieser vitalen Frauen von ihrem »fragmentierten« Körper sprachen, über »farblose« Träume, »getrübte« Ansichten und eine schwache Libido. Sie sprachen von einem fundamentalen Gewahrwerden: daß sie sich nicht mehr als ganze Person empfänden, daß sie, statt Teil einer Beziehung zu sein, nur eine Rolle in ihr spielten, daß etwas in ihnen verschüttet sei oder Teile ihres Körpers und ihrer Seele wie durch explodierende Raketen zerrissen und verstreut worden seien — und all dies sei in den Jahren ihrer Ehe geschehen.
    Ein »vitaler« Mensch hatte vorher existiert — die Frau, in die sich ihr Zukünftiger verliebt hatte — , aber diese Person war »geschrumpft« oder »gedämpft« worden, »ausgetrocknet«, »erstarrt«, »tot« oder »nur noch halb lebendig« oder hatte angefangen, »in einem Traum zu leben«. Oder dieser Mensch war, wie Connie über acht Jahre immer wieder träumte, zu einem Zombie geworden.
    Marcie, eine zweiunddreißigjährige Frau, sagte, sie habe jahrelang das Gefühl gehabt,

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