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Die heimliche Lust

Die heimliche Lust

Titel: Die heimliche Lust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dalma Heyn
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war vor drei Monaten. Harry erklärte sich zögernd bereit, Paula wiederzusehen. Dieses eine Mal würde er sie nicht wegen George unter Druck setzen. Wie wütend Harry auf Paula auch war — er hatte sie so vermißt, daß er sich sehr auf das Wiedersehen freute. Paula ist weiterhin in Therapie: »Wir reden jetzt endlich über George. Will ich mit Harry durchbrennen, ihn heiraten und George verlassen? Nein. Das will ich nicht .«
    »Gibt es auch etwas, wozu Sie ja sagen ?«
    »Ich habe jemanden gefunden, den ich dringend brauche, der liebevoll, zugewandt und humorvoll ist, und mit dem ich unbedingt zusammensein möchte. Mit Harry habe ich Aspekte von mir entdeckt, die zuvor nicht da waren, obwohl ich das Gefühl hatte, eine wilde, extravagante, wunderbare Seite zu haben, die bloß darauf wartete, von den Toten auferweckt zu werden. Aber bei Harry fühle ich mich noch anders, sinnlich und lustig — nicht idiotisch lustig, sondern witzig. Da ist eben auch mein Kopf eingeschaltet, ich fühle mich klug. Ich habe das Gefühl, daß er meine beste Seite wachkitzelt, und daß er sie liebt, mich liebt.
    Ich kaufe übrigens immer noch ein. Vielleicht ist die alte Theorie von der unterdrückten Libido ganz falsch, obwohl ich zugeben muß, daß ich nicht mehr diese Rechnungen zusammenkriege. Und ich bin auch beruflich viel produktiver — tatsächlich denke ich daran, mir irgendwo eine Ganztagsstelle in einem Lektorat zu suchen und mit dieser hoffnungslosen freiberuflichen Tätigkeit aufzuhören.
    Nie zuvor habe ich solchen Sex erlebt, solche Gespräche geführt, nicht einmal solche Streitigkeiten gehabt — bei Harry habe ich nie das Gefühl, bloß Programme abzuspulen und irgendeine Rolle zu spielen. Ich erdulde diese Beziehung nicht, ich lebe in ihr. Dieses Gefühl, das Leben selbst in die Hand zu nehmen, sich darin wie ein Lisch im Wasser zu fühlen und das nicht zu spielen, sondern es zu spüren — ich hatte es längst vergessen. Ich sitze nicht mehr in einem Turm. Ich hatte vergessen..., was meine wahre Natur ist, wie man agiert, nicht bloß reagiert. Ich bin normal und offen, so, wie ich früher war. Vielleicht stellen sie meine Verwendung des Begriffs >normal< in Frage .«
    »Nein, ich stelle den Begriff >normal< in Frage«.
    »Nun, ich fühle mich einfach, wie soll ich sagen..., ganz bei mir .« »Werden Sie die Beziehung mit Harry fortsetzen ?«
    »Ja.«
    »Ist er bereit, Sie auf dieser Basis zu sehen ?« , frage ich.
    »Ja.«
    »Was ist, wenn er es nicht aushält und darauf besteht, daß Sie George verlassen ?«
    »Er hat mir versprochen, das nicht zu tun. Jedenfalls jetzt nicht. Inzwischen ziehe ich diese Möglichkeit aber selbst in Erwägung. Ich ziehe alles in Erwägung .«

Hester Prynne wird am Ende von Der scharlachrote Buchstabe nicht getötet. Sie stirbt später eines natürlichen Todes. Dennoch ist ihr Schicksal, für mich jedenfalls, deprimierender als Annas Tod auf den Schienen oder Tess’ Gehenktwerden oder Emmas Arsenvergiftung — obwohl Hester jetzt frei war, das Schandmal von ihrer Brust zu nehmen und es nie wieder zu tragen. Als sie mit Dimmesdale in der Einsamkeit der Wälder allein ist, reißt sich Hester den Buchstaben von der Brust, wirft ihn auf den Boden ins Laub, wo er »glitzernd wie ein verlorener Edelstein« liegenbleibt. Erstaunt über eine unbeschreibliche Erleichterung und ein Gefühl der Gewichtlosigkeit, zieht sie sich die steife puritanische Haube vom Kopf, die seit sieben Jahren ihr glänzendes, dunkles Haar verborgen hatte, und läßt es frei auf ihre Schultern herunterfallen, so wie sie auf den ersten Seiten des Buches beschrieben war. Und was für einen Plan sie für sie beide hat — zusammen von Boston wegzuziehen! Einander wieder zu lieben! Unerschrocken beschreibt Hawthorne seine einst schweigsame Hester, deren leidenschaftliche Rede dem Reverend Dimmesdale die Sprache verschlägt: »Um ihren Mund spielte und aus ihren Augen glänzte ein strahlendes Lächeln, das aus dem tiefsten Grunde ihres Frauentums zu strömen schien. Plötzlich errötet, glühten ihre Wangen, die lange so bleich gewesen waren. Ihr Geschlecht, ihre Jugend, all der Glanz ihrer Schönheit kehrten zurück aus der unwiderruflichen Vergangenheit — wie die Menschen es nennen — und drängte sich mit ihren Mädchenträumen und einem zuvor nicht gekannten Glücksgefühl in den magischen Kreis dieser Stunde.« Die so lange vermißte Eigenschaft war zurückgekehrt.
    Während sie in ihrem kühnen Plan schwelgt,

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