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Die heimliche Lust

Die heimliche Lust

Titel: Die heimliche Lust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dalma Heyn
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werden wir für diesen Augenblick Zeugen der früher geschilderten fraulichen Hester, solange sie sich mit ihrem Geliebten in »jener wilden, heidnischen Natur des Waldes (befindet), der nie einem menschlichen Gesetz unterworfen... war«. Wir spüren erneut die Kraft, die von Hesters leidenschaftlicher Sexualität und ihrem Glücksgefühl ausgeht.
    Aber sie und Dimmesdale gehen nirgendwo hin. Hester hebt den Buchstaben wieder auf und heftet ihn sich an die Brust, um ihn nie wieder abzunehmen. Indem sie den scharlachroten Buchstaben erneut freiwillig annimmt, kehrt Hester auch wieder in die Zelle des eisernen puritanischen Gehäuses zurück, dem sie einst entflohen war, und reklamiert die tödliche Wohlanständigkeit für sich, der sie vor langer Zeit abgeschworen hatte. Sie brauchte nicht länger diese »eisernen Männer« und ihre »herzlosen Frauenzimmer«, um die Strafe für ihren Ehebruch zu vollstrecken; sie vollstreckte sie an sich selbst. Am Ende, versichert uns Hawthorne, »hatte der scharlachrote Buchstabe seine Wirkung getan« und sie zermalmt.
    Hester ohne Hoffnung und Leidenschaft, ohne ihre Stimme, ihren Plan und ihre Sexualität konnte sich jetzt den anderen puritanischen Matronen zur Seite stellen. Tatsächlich hatte sie jetzt Aussicht, eines der vorbildlichsten »Frauenzimmer« zu werden, denn jeder wußte, daß sie allein »keine selbstsüchtigen Zwecke verfolgte und in ihrer Lebensweise keinerlei eigene Vorteile oder Vergnügungen suchte«. Die Bewohner der Stadt, die bei ihr eine Selbstlosigkeit und ein Leid spürten, das noch ihr eigenes übertraf, besuchten sie täglich und fragten sie um Rat in ihrem Kummer und ihren Sünden. Hester wurde zur Beraterin der Gemeinde. Unglückliche, insbesondere Frauen »in den ständig wiederkehrenden Versuchungen verletzter, vergeudeter, gekränkter oder irrender und sündiger Leidenschaft — oder mit der traurigen Bürde eines nicht geschätzten und unbegehrten und darum unbefriedigten Herzens belastet-, kamen zu Hesters Hütte und fragten, warum sie so elend seien und was man dagegen tun könne«.
    Wenn wir bedenken, daß Hester aufgrund ihres einzigartigen Wissens und ihrer Leidenschaftlichkeit die einzige Frau war, die das Mittel zur Heilung dieser Beschwerden besaß; daß sie dazu bestimmt war, »die neue Wahrheit« zu enthüllen, welche die ganzen Beziehungen zwischen Mann und Frau auf einen festeren Boden »gegenseitigen Glückes« stellen könnte, können wir nur Hawthornes Pessimismus teilen, wenn wir den Ausgang der »gesetzlosen Leidenschaft« zur Kenntnis nehmen, die Hester einst zu einer Frau machte — zur Heldin seiner Erzählung — und sie dann verstümmelte, wie das scharlachrote A, das sie einst stark gemacht hatte, dann aber ihre Kräfte aufzehrte.

3.Teil

11. »Ich glaube nicht mehr an ewiges Glück«

    Nach einer Tournee brauchte Amanda immer mindestens zwei Wochen, um sich wieder an zu Hause zu gewöhnen. Diesmal schien es besonders mühevoll, und dabei war sie schon seit zehn Tagen daheim. Selbst ihre Katzen ignorierten sie: »Ach, du bist es, die fabelhafte Schauspielerin«, schienen sie zu sagen, während Amanda ihr Interesse an ihrem Lieblingsfutter zu wecken versuchte. »Wie gütig von dir, nach Hause zu kommen.« Eine davon, ein Katerchen, starrte sie kühl über seinen Thunfisch hinweg an und weigerte sich zu fressen. »Et tu, Brambleberry ?« meinte Amanda — aber Brambleberry gähnte nur.
    Daniels Freude über ihre Rückkehr war zwar spürbar, aber nur für den, dem seine übliche zurückgenommene Art vertraut war. Daniel schwieg. Er war ein bedächtiger und wählerischer Mann, dazu anständig, Eigenschaften, die Amanda ebenso mochte wie seine Zuvorkommenheit, seit sie ihn damals im Alter von neunzehn, also vor zehn Jahren, kennengelernt hatte — ein Gary Cooper. Daß es ihm schwerfiel, seine Gefühle auszudrücken, schien ihr nun einmal typisch männlich. Es belastete sie nicht besonders — Gary Cooper hatte vermutlich dasselbe Problem — , und sie entriß diese denn auch energisch seiner widerstrebenden Seele, bestand darauf, daß er sich ihr anvertraute. »Spuck es aus !« , rief sie, wenn sie merkte, daß sich sein Unterkiefer anspannte und sein Blick von ihr abwandte. »Daniel, du kannst nicht alles für dich behalten. Ich weigere mich, so zu leben. Sag es! Du mußt, Daniel, das ist für dich so wichtig wie für mich !«
    Und er versuchte es tatsächlich. Er sprach es aus, was immer es war, und sie redeten darüber, und

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