Die Heiratsschwindlerin
Kaminsimses und versuchte nur mit Willenskraft, ihre Stimme ruhig zu halten. »Ich habe gründlich darüber nachgedacht«, sagte sie. »Ich habe alle Möglichkeiten erwogen und bin zu dem Entschluss gekommen, es zu behalten.« Sie machte eine Pause. »Ich habe ihn in dem Bewusstsein gefasst, dass du dieses Kind nicht möchtest. Sie wird also meinen Namen tragen, und ich werde die Verantwortung für sie übernehmen.«
»Du weißt, dass es ein Mädchen wird?«, unterbrach Harry sie.
»Nein«, erwiderte Isobel zittrig, aus dem Takt gebracht. »Ich … ich neige dazu, bei unbekanntem Geschlecht das weibliche Pronomen zu verwenden.«
»Aha«, meinte Harry. »Fahr fort.«
»Ich übernehme die Verantwortung«, redete Isobel, nun schneller, weiter. »In finanzieller wie auch in sonstiger Hinsicht. Aber ich finde, wenn irgend möglich, braucht jedes Kind einen Vater. Ich weiß, du hast dir das nicht ausgesucht – ich aber auch nicht und das Kind ebenso wenig.« Sie hielt inne und ballte die Hände zur Faust. »Und deshalb möchte ich dich bitten, etwas elterliche Verantwortung und Beteiligung zu übernehmen. Mein Vorschlag wäre ein regelmäßiges Treffen, vielleicht einmal im Monat, sodass das Kind seinen Vater kennt, wenn es aufwächst. Um mehr bitte ich nicht. Aber dieses Minimum verdient jedes Kind. Ich versuche lediglich, Vernunft walten zu lassen.« Sie sah auf und hatte unvermittelt Tränen in den Augen. »Ich versuche doch nur, Vernunft walten zu lassen, Harry!«
»Einmal im Monat.« Harry runzelte die Stirn.
»Ja!«, versetzte Isobel wütend. »Du kannst doch nicht erwarten, dass ein Kind eine Beziehung entwickelt, wenn es seinen Vater nur zweimal jährlich sieht.«
»Wohl kaum.« Harry schritt zum Fenster, und Isobel beobachtete ihn ängstlich. Plötzlich wandte er sich um.
»Wie wär’s mit zweimal im Monat? Würde das reichen?«
Isobel starrte ihn an.
»Ja. Natürlich …«
»Oder zweimal die Woche?«
»Ja. Aber …« Harry kam langsam auf sie zu, seinen warmen Blick auf sie geheftet.
»Wie wär’s mit zweimal täglich?«
»Harry …«
»Wie wär’s mit vormittags, nachmittags und die ganze Nacht hindurch?« Zart ergriff er ihre Hände; sie machte keine Anstalten, sich ihm zu entziehen.
»Ich verstehe nicht«, sagte sie, um Fassung bemüht. »Ich verstehe …«
»Wie wär’s, wenn ich dich liebte? Wie wär’s, wenn ich die ganze Zeit über mit dir zusammen sein wollte? Und unserem Kind ein besserer Vater sein wollte, als ich es Simon je war?«
Isobel sah ihn mit großen Augen an. Eine unkontrollierbare Woge von Gefühlen erfasste sie.
»Aber das geht doch nicht! Du hast gesagt, du willst kein Kind!« Sie stieß die Worte in verletztem, anklagendem Ton hervor, Tränen sprangen ihr auf die Wangen, und sie zog ihre Hände weg. »Du hast gesagt …«
»Wann habe ich das gesagt?«, unterbrach sie Harry. »So was habe ich nie gesagt!«
»Na ja, vielleicht nicht direkt«, meinte Isobel nach einer Pause. »Aber du hast eine Grimasse gezogen.«
»Was habe ich?«
»Vor ein paar Monaten. Ich habe dir erzählt, dass eine Freundin von mir schwanger ist, und du hast eine … eine Grimasse gezogen.« Isobel schluckte. »Und ich habe gesagt, oh, du magst wohl keine Kinder? Und da hast du das Thema gewechselt.« Harry sah sie ungläubig an.
»Das ist alles?«
»Ja, reicht das nicht? Für mich war damit auf jeden Fall alles klar.«
»Und deswegen hättest du beinahe dein Kind abgetrieben?«
»Ich wusste nicht, was ich tun soll«, verteidigte sich Isobel. »Ich dachte …«
Harry schüttelte den Kopf.
»Du denkst zu viel. Das ist dein Problem.«
»Das stimmt doch gar nicht!«
»Du glaubst, ich mag keine Babys. Hast du mich je mit welchen gesehen?«
»Nein«, schluckte Isobel.
»Na, siehst du!«
Er umarmte sie fest, und sie schloss die Augen. Nach einer Weile spürte sie, wie die Anspannung in ihr nachließ. In ihrem Kopf schwirrten Tausende von Fragen herum, aber für den Augenblick war das egal.
»Ich mag Babys«, sagte Harry ruhig. »Solange sie nicht schreien.«
»Alle Babys schreien!«, protestierte sie. »Du kannst nicht erwarten …« Als sie sein Gesicht sah, verstummte sie. »Oh, du nimmst mich auf den Arm.«
»Natürlich.« Harry hob eine Augenbraue. »Triffst du beim Dolmetschen auch immer so den Kern der Aussagen deiner Diplomaten? Kein Wunder, dass überall Krieg herrscht – Isobel Havill hat die Verhandlungen geleitet. Sie hat gedacht, sie wollten keinen Frieden,
Weitere Kostenlose Bücher