Die heldenhaften Jahre der Kirschkernspuckerbande: Roman (German Edition)
Komiker, den wir ein paar Wochen zuvor im Quatsch Comedy Club gesehen hatten: Maddin Schneider. »… man wird ein wenig … ladidadi«, beendete Dr. Pommerenke den Satz.
Das war kein medizinischer Fachausdruck, aber ich wusste, was er meinte. Ich fühlte mich seit einigen Monaten tatsächlich mächtig ladidadi.
»Und was kann man da machen?«, fragte ich.
»Doping«, lächelte der Doc.
Nachdem ich meine gekränkte Eitelkeit überwunden hatte, versuchte ich, mich davon zu überzeugen, dass gelegentliche Testosteronspritzen bei weitem nicht so peinlich waren wie eine Penisverlängerung, Muskelaufbaupräparate oder ein knallroter Porsche. Und doch war es mir unangenehm, dass ich mit medizinischer Hilfe zu einem »echten Mann« hochgepäppelt werden musste. Also versuchte ich, die Prozedur vor Susann zu rechtfertigen.
»Ich muss nur einen aus den Fugen geratenen Hormonspiegel neu justieren«, erklärte ich ihr.
»Genau«, stimmte sie meiner Argumentation zu. »Wie eine Frau in den Wechseljahren.«
Ich verzog das Gesicht. »Das ist keine hilfreiche Bemerkung«, maulte ich.
Susann grinste.
Tatsächlich verwandelte mich die Testosteronbehandlung weder in einen Schwarzenegger noch in einen Kneipenschläger. Dafür nahm meine Energie aber wieder spürbar zu. Und wenn eine attraktive Frau an der Supermarktkasse vor mir stand, beobachtete ich nun nicht mehr, wie viel Zeug sie aufs Fließband lud, oder fragte mich, wie lange es dauern würde, bis ich endlich drankäme, nein, ich schaute ihr wieder auf den Hintern. Wie das Männer eben tun. Und wenn sich einer vordrängeln und sich zwischen mich und diesen tollen Hintern stellen würde, dann würde ich kurzentschlossen eine Palette »Kleiner Feigling« aus dem Quengelware-Regal reißen und dem unverschämten Drängler über den Schädel ziehen. Nicht in Wirklichkeit natürlich, aber in meiner Phantasie. Unglaublich, was so ein paar Hormone bewirken können. Ich war wieder voll da. Und wenn Männer voll da sind, sind sie bekanntlich auch immer etwas daneben. Ich jedenfalls war so daneben, dass ich mich von Dille zu einer echt bescheuerten Aktion überreden ließ …
* * *
»Okay«, begann Dille mit seiner Rede, und seine Augen funkelten vor Aufregung. »Das Ganze ist eine total ausgeklügelte Simulation. Es gibt zwei Einheiten. Das eine Team verkörpert eine Gruppe von Terroristen, die eine Geisel genommen haben. Das andere Team ist eine Elitetruppe, die die Geiseln befreien soll.«
Piet und Jörn schauten einander amüsiert an. Sie hatten nicht gewusst, was Dille ihnen vorschlagen wollte, als er sie in die Kneipe einlud und ihnen die Aussicht auf ein »Abenteuer« versprach. Aber es war schon klar, dass es irgendein Blödsinn sein würde. Dille war einfach ein Spielkind. Er hatte sich im Jahr zuvor beim Bungeespringen ein Schleudertrauma geholt und traf sich einmal im Monat mit zwei Arbeitskollegen auf der Kartbahn, um dort stundenlang in stinkenden Buggys durch Hindernisparcours zu knattern. Er wurde einfach nicht erwachsen. Und jetzt wollte er Terroristenjäger spielen. Alles klar.
Sven hatte gleich abgewunken, als Dille angekündigt hatte, »voll den geilen Wochenendtrip« im Angebot zu haben. Sven war viel zu sehr mit den Vorbereitungen für seine neue Inszenierung beschäftigt und hatte an Dilles infantiler Art der Unterhaltung ohnehin herzlich wenig Interesse. Doch Jörn, der sich jeden Tag seiner Arbeitslosigkeit mehr langweilte, und Piet, der seit ein paar Monaten von neuem Tatendrang beseelt war, wollten durchaus hören, was Dille jetzt wieder aufgetan hatte. Und sei es nur, um sich darüber zu amüsieren.
»Also, das Ganze geht drei Tage«, strahlte Dille. »Das eine Team versucht, die Geiseln zu befreien, das andere setzt alles daran, die Angreifer abzuwehren.«
»Also im Prinzip Cowboy und Indianer spielen?«, fasste Jörn zusammen.
Dille war empört. »Quatsch! Das ist eine hochkarätige Langzeitsimulation, die extra für Erwachsene konstruiert wurde. Authentische Combat-Situationen. Zweiundsiebzig Stunden. Mit Camps im Wald, elektronischen Waffen, GPS …«
»Dschiepiewas?«, fragte Piet.
»GPS! Satellitenradar. Das, was auch im Navigationssystem im Auto steckt«, erklärte Dille und rollte angesichts der Ahnungslosigkeit seines Freundes mit den Augen.
»Ich hab kein Navigationssystem«, lächelte Piet stolz. »Ich hab einen ADAC-Atlas.«
Dille seufzte.
»Also kein Cowboy und Indianer, sondern Zelten und Verstecken spielen«, fasste Jörn
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