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Die heldenhaften Jahre der Kirschkernspuckerbande: Roman (German Edition)

Die heldenhaften Jahre der Kirschkernspuckerbande: Roman (German Edition)

Titel: Die heldenhaften Jahre der Kirschkernspuckerbande: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gernot Gricksch
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Jörn.
    »Pflegetochter«, wandte Sven zaghaft ein.
    »Ein Kind, für das wir beide die wichtigsten Menschen sind. Wir müssen Peggy zeigen, dass wir für sie da sind. Und auch füreinander.«
    »Ja, ja«, gab Sven zähneknirschend zu. »Du hast ja recht …«
    Aber dann stellte sich heraus, dass Piet, der dieses Silvesterritual eigentlich ins Leben gerufen hatte, gar nicht kommen würde. Und Dille auch nicht. Und Peggy war es doch völlig wurscht, ob Sven da war oder nicht. Da brauchte er sich gar nichts vormachen. Das Mädchen redete fast nie mit ihm, bekam auch nach über einem halben Jahr kaum die Zähne auseinander. Und jetzt saß sie mit Nele und Adrian in der Küche und malte Bilder. Das hieß: Nele und Peggy malten, während der wilde Adrian die Küche mit Klecksen und Spritzern dekorierte.
    »Wie läuft es mit Peggy?«, fragte Susann.
    »Sie taut immer mehr auf«, sagte Jörn.
    Sven verbiss sich einen Kommentar. Auftauen? Ha! Träum weiter, Jörn. Nur weil sie neuerdings drei Sätze am Stück herausstammelte – und das auch nur in Jörns Gegenwart, niemals bei Sven –, war sie noch lange nicht aufgetaut!
    Sven hatte sich wirklich bemüht, aber so etwas wie ein Vaterinstinkt stellte sich bei ihm einfach nicht ein. Er war Peggy gegenüber unsicher und hatte das Gefühl, als würde sie ihn die ganze Zeit skeptisch beäugen. Wenn er ehrlich war, machte sie ihm mehr Angst als ein Premierenpublikum. Tatsächlich. So fühlte es sich für ihn an: Sie war eine Zuschauerin. Eine abwartende, skeptische, humorlose Zuschauerin, die dem Stück, das man für sie mit großer Mühe aufführte, mit undurchdringlicher Miene folgte und nur selten lachte. Sven war sich sicher, dass Peggy ihn nicht mochte. Und das war kein schönes Gefühl.
    »Sei einfach nur du«, hatte Jörn ihm geraten. »Spiel doch öfter mal mit ihr. Lies ihr vor.«
    Sven hatte es versucht. Wirklich. Aber anders als Jörn, der in einer quietschfidelen und intakten Großfamilie aufgewachsen war, hatte Sven nie ein vernünftiges Familienleben genossen. Sein Vater war von seiner Mutter früh aus dem Haus getrieben worden, und er war mit dieser unglücklichen, vorwurfsvollen Frau allein zurückgeblieben. Sie hatte für ihren Sohn gesorgt, ihn aber nicht gewärmt. Er kannte keine familiäre Herzlichkeit, und was man nie erlebt hat, kann man ganz schlecht weitergeben.
    »Legst du mir mal bitte ein Gürkchen drauf«, sagte Sven zu Jörn und hielt ihm sein Raclettepfännchen hin.
    »Gute Idee«, sagte Jörn und angelte ein Cornichon aus dem Schälchen. »Sauer macht lustig.«
    Sven zwang sich zu einem Lächeln.

    In der Küche betrachtete Nele das Bild, das Peggy malte. Es zeigte ein Haus auf einer Wiese. Auf der Wiese standen Blumen. Ganz gerade nebeneinander. Auch das Haus war sehr gerade. Alles an diesem Bild war gerade.
    »Das ist hübsch«, sagte Nele und lächelte Peggy an. Die neue Tochter von Onkel Sven und Onkel Jörn erinnerte sie an das süße kleine Eichhörnchen aus diesem Trickfilm, das sich immer im Astloch versteckt und nur vorsichtig mit großen ängstlichen Augen herausschaut. Nele wollte das kleine Eichhörnchen herauslocken, weil man sich ja nicht ständig in einer Baumhöhle verstecken kann.
    Peggy lächelte, aber sie sagte nichts. Das kannte Nele schon. Ihre Mama hatte gesagt, Peggy habe eine sehr schwere Zeit gehabt und brauche Zeit, um sich zu trauen, die Welt zu mögen. Nele wollte Peggy gerne helfen, die Welt zu mögen. Die war doch schön, die Welt. Wäre doch schade, das nicht zu wissen, nur weil man Angst hat, richtig hinzuschauen.
    »Das ist alles so superordentlich«, lobte Nele Peggys Bild. »Sogar in meiner Klasse kann niemand so ordentlich und gerade malen wie du. Und die sind alle schon viel älter.«
    »Das muss so«, flüsterte Peggy.
    »Was?«, fragte Nele, die Peggy nicht verstanden hatte.
    »Das muss so«, sagte Peggy eine Spur lauter. »Sonst kommt man weg.«
    »Hä?«, wunderte sich Nele.
    »So wie meine Mama«, flüsterte Peggy.
    Nele verstand nicht, was Peggy meinte. »Fehlt dir deine Mama?«, fragte sie.
    Peggy nickte, und dann traten ihr Tränen in die Augen. Nele nahm sie in den Arm. Zuerst machte sich Peggy steif, aber dann ließ sie es sich gefallen.
    »Deine Mama ist im Krankenhaus, oder?«, fragte Nele.
    Peggy zuckte mit den Schultern. Sie wusste nicht genau, wo ihre Mama war. Sie wusste nur, dass sie nicht da war. Dass man sie weggebracht hatte, weil sie unordentlich war. Und Peggy hatte man auch weggebracht. Zu

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