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Die Henkerstochter und der K�nig der Bettler

Titel: Die Henkerstochter und der K�nig der Bettler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver P�tzsch
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umgebracht, als ich vierzehn Jahre alt war. Mit Steinen haben sie ihn erschlagen, weil er für die Hinrichtung mal wieder zu besoffen war.« Kuisls Augen gingen ins Leere. »Es war schon das dritte Mal gewesen, dass er mit seinem Schwert aufdem Schafott ein Blutbad angerichtet hat. Das ewige Saufen vor den Hinrichtungen hat ihn kaputtgemacht.«
    Ein Schatten zog sich über sein Gesicht.
    Die Schreie der Zuschauer … auf dem Boden der Richtstätte liegt ein einzelnes Ohr … Der Vater taumelt, stürzt, die Menge schließt sich über ihm zusammen und verschluckt ihn … Das tagelange Weinen der Mutter daheim, bis Jakob es nicht mehr aushält … Er folgt dem Klang der Trommler, ohne sich noch einmal umzusehen …
    »He, bist du noch bei Sinnen?« Philipp Teuber packte den Schongauer Henker, der kurzzeitig in eine Ohnmacht hinüberzugleiten schien. Wie ein nasser Köter schüttelte Kuisl den Kopf, um die dunklen Gedanken zu vertreiben.
    »Geht schon. Brauch nur ein bisserl Schlaf.« Er schloss kurz die Augen. »Dieser verdammte Krieg geht mir nicht mehr aus dem Kopf.«
    Philipp Teuber sah ihn prüfend an. »Kuisl, Kuisl«, sagte er schließlich. »Wer auch immer hinter dieser Sach steckt – er hat sein Ziel besser erreicht, als er vermutlich ahnt. In deinen Augen steht ein Schmerz, so groß, den kann dir keine Streckbank zufügen.« Seufzend stand er auf. »Ich werd dich jetzt wieder allein lassen. Schlaf dich aus. Morgen bring ich dir wieder was zu essen und zu trinken.«
    Gebückt trat er aus der Kammer und rollte das Fass wieder davor. Jakob Kuisl blieb in der Dunkelheit zurück.
    Obwohl er nichts sah, hielt er die Augen krampfhaft offen.
    Der Bäckermeister Josef Haberger lag auf einer Holzbank und stöhnte genüsslich.
    Seine Muskeln waren durch das tägliche Kneten des Brotteigs steif wie altes Leder. Es war höchste Zeit gewesen, dass er der Marie Deisch in ihrem Badehaus mal wiedereinen Besuch abstattete. Es gab kein anderes Weibsbild in Regensburg, das einen geschundenen männlichen Körper so gekonnt durchwalken konnte. Ihre Hände hatten die Kraft eines Fleischergesellen und gleichzeitig die Zartheit einer engschoßigen Dirne. Haberger grunzte und schloss die Augen, während Marie Deischs flinke Finger über seinen Rücken wanderten.
    »Oben links«, ächzte er. »Das Schulterblatt. Diese verdammten Teigtröge sind so schwer, dass sie mich noch mal ins Grab ziehen.«
    Maries Finger krabbelten wieder nach oben und fingen an, die schmerzhafte Stelle mit gezielten Hieben zu lockern.
    »Ist’s so recht?«, schnurrte die tiefe Stimme der Baderin, die um die Hüften den Umfang eines mittleren Weinfasses hatte und dementsprechend hart zulangen konnte.
    Josef Haberger grunzte zustimmend. Er liebte feste Frauen. Weiber, die man hart anpacken konnte und zwischen deren weichen, warmen Brüsten man beim Liebesspiel wie in einem Kissen versank. Seine eigene Frau war eine knöcherne, blutarme Megäre, deren Rippen messergleich hervorstanden und die ihn das letzte Mal bei der Zeugung seines jüngsten Sohnes berührt hatte. Fünf Jahre war das nun her. Aber wer brauchte schon ein Ehegesponst, wenn er eine Marie Deisch hatte? Seinen wöchentlichen Gang ins Badehaus samt Aderlass, Bartschnitt und Schröpfen mit Blutegeln ließ sich Josef Haberger deshalb gern einen halben Gulden kosten. Früher in seinen jungen Jahren hatte es noch mehr dieser gottgesegneten Einrichtungen in Regensburg gegeben. Aber die verfluchte französische Krankheit und die verbiesterten Protestanten hatten aus dem einstigen Paradies auf Erden einen Sündentempel gemacht. Mittlerweile warennur noch eine Handvoll Badehäuser in der Stadt übrig.
    Und das der Hofmanns im Weißgerbergraben gab es ja nun auch nicht mehr …
    Das Walken seines fetten Leibs hatte den Bäckermeister für kurze Zeit von den Sorgen abgelenkt, die ihn seit ein paar Tagen wie kleine Dämonen verfolgten. Doch nun, bei geschlossenen Augen und mit dem leisen Summen der Baderin im Ohr, kamen sie zurück. Sein Herz fühlte sich plötzlich an wie in einem Schraubstock, und er wusste, dass auch die beste Massage der Welt diese Pein nicht lindern konnte.
    Sie waren zu weit gegangen, ganz eindeutig. Ihr gemeinsamer Plan war nicht nur gefährlich, er war schlicht größenwahnsinnig. Wenn sie nicht aufpassten, würden sie noch die ganze Stadt in den Untergang treiben. Der Bader Hofmann hatte recht daran getan, als er die anderen vom Irrsinn ihres Vorhabens überzeugen wollte. Er

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