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Die Henkerstochter und der K�nig der Bettler

Titel: Die Henkerstochter und der K�nig der Bettler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver P�tzsch
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führte den Hauptmann vom Rathausplatz zum Weinmarkt nahe der Donau. Vergnügt ließ Johannes Büchner die letzte, aufregende Woche noch einmal Revue passieren. Die Falle für diesen Bayern war perfekt gewesen! Als ihn der Mann am Jakobstor angesprochen hatte, wusste Büchner sofort, dass ein lohnendes Geschäft in Aussicht stand. Wobei es ihn zunächst wunderte, dass eine so einflussreiche Person sich mit einem ehrlosen Scharfrichter abgab. Aber das scherte ihn nicht weiter. Der Lohn war groß genug, und der Mann hatte deutlich gemacht, dass er keine neugierigen Fragen duldete.
    Auch wenn die Person keinen Namen genannt hatte, war Büchner natürlich klar, wer vor ihm stand. Als langjährigerHauptmann der Torwache kannte er die Mächtigen dieser Stadt. Einen ganzen Beutel Gulden hatte der Mann Büchner versprochen, allein dafür, dass er den Schongauer Henker am Jakobstor in Gewahrsam nahm und am nächsten Tag zu einer vereinbarten Zeit wieder freiließ. Ein bewaffneter Wachtrupp sollte dem Fremden dann unerkannt folgen, im Haus des Baders würde auf sie alle eine Überraschung warten. Als der Wachtmeister sah, was die Überraschung war, musste er seinem Auftraggeber Respekt zollen. Diesen Mann sollte man sich wirklich nicht zum Feind machen.
    Pfeifend bog Johannes Büchner in das schmale Wiedfanggässchen ein und verscheuchte mit ein paar gezielten Tritten einige streunende Hunde, die winselnd das Weite suchten. Eine bunt geschminkte, ausgezehrte Dirne stand an einer Straßenecke und zwinkerte ihm zu. Kurz überlegte der Wachmann, seinen leicht verdienten Lohn nicht für Wein, sondern für Weiber auszugeben, besann sich dann aber doch eines Besseren. Seitdem in den letzten Wochen immer wieder Hübschlerinnen in Regensburg verschwanden, trauten sich fast nur noch die alten Megären auf die Gasse hinaus.
    »Verschwind, bevor ich dein dürres Gerippe an den Schandpfahl binde!«, knurrte Büchner und spuckte aus.
    Leise kichernd trollte sich die Dirne, nicht ohne ihm noch einmal ihren nackten, von Furunkeln übersäten Hintern zu zeigen. Schon bald war Johannes Büchner wieder allein in der Gasse. Die plötzliche Stille kam ihm auf einmal unheimlich vor, und das, wo er bestimmt tausend Stunden Wachdienst in dieser Stadt geleistet hatte.
    Wirst langsam alt, Büchner, dachte er. Lässt dich von einer Dirne ins Bockshorn jagen. Wird Zeit für einen Schoppen Wein oder auch …
    Aufeinmal glaubte er hinter sich eine Bewegung wahrzunehmen. Büchner drehte sich um, um dem möglichen Beutelschneider zu zeigen, wen er vor sich hatte. Vermutlich würde der Strauchdieb dann auf der Stelle kehrtmachen.
    »Wer wagt es, sich mit der Stadtwache …«
    Der Hirschfänger drang an der Achselhöhle neben dem Kürass in den Körper ein und fand seinen Weg bis zum Herzen. Blut sickerte aus Büchners Mund, während er sein Gegenüber ungläubig ansah.
    »Aber … wieso …?«
    Die Beine versagten ihm den Dienst, er sank zu Boden wie eine Marionette, deren Fäden man durchgeschnitten hatte. Ein letztes Zucken, dann lag er still. Der Beutel mit Münzen entglitt seinen schlaffen Fingern.
    Der Mörder bückte sich und fühlte nach dem Puls des Torwächters, dann schnitt er ihm zur Sicherheit noch die Kehle durch. Spätestens morgen früh würden seine Kameraden ihren Anführer hier finden, ein tragisches Opfer des zunehmenden Räuberunwesens in Regensburg. Zufrieden wischte der Mann den Hirschfänger an Büchners Umhang ab, nahm den Beutel mit Gulden und ging summend seiner Wege. Er konnte es sich einfach nicht leisten, dass sein schöner Plan durch einen geschwätzigen Büttel gefährdet wurde. Gerade jetzt, wo auch noch dieses Mädchen aufgetaucht war … Keiner hatte damit rechnen können, dass sie hier in Regensburg ihren Vater suchen würde. Was sollte er mit ihr nur anfangen?
    Der Mann beschloss, dass diese Sache noch ein wenig warten konnte. Die Henkerstochter lief ihm nicht weg, jetzt galt es zunächst, ein paar weitere Spuren zu beseitigen. Eins nach dem anderen, schön der Reihe nach.
    Lächelnd spielte er mit dem Zunderkästchen in seiner linkenRocktasche. Schon bald würden sich all seine Ängste und Sorgen in flüchtigem Rauch auflösen.
    Simon und Magdalena warteten, bis die Nacht schwarz wie der Grund der Donau war, bevor sie sich nach unten in die Wirtsstube des ›Walfisch‹ begaben. Nach längerem Zögern hatte der Medicus Magdalenas Plan zugestimmt, im Haus des Baders nach Beweisen zu suchen, die Jakob Kuisl entlasten

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