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Die Henkerstochter und der K�nig der Bettler

Titel: Die Henkerstochter und der K�nig der Bettler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver P�tzsch
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noch schlimmer.«
    »Wir haben Beweise, Kuisl«, sagte der Alte mit der knarrenden Stimme. »Wir haben das Testament gefunden. Du hattest Gift bei dir. Also gesteh endlich!«
    »Himmelherrgottnocheinmal, das waren Arzneien!«, fluchte Jakob Kuisl. »Meine Schwester war todkrank. Ich hab sie besucht, um sie zu heilen, mehr nicht. Das hier ist eine gottverdammte Falle, seht ihr das denn nicht!«
    »Eine Falle?«, fragte der Bayer amüsiert. »Wer soll dir eine Falle gestellt haben?«
    »Das weiß ich selbst noch nicht«, murmelte Kuisl. »Aber wenn ich es rausfinde, dann …«
    »Lügen,nichts weiter als Lügen«, unterbrach ihn der Alte. »Es hat keinen Zweck. Wir müssen den Verdächtigen wohl peinigen. Teuber, schieb ihm den gespickten Hasen unter.«
    Der Regensburger Scharfrichter hob Kuisls Oberkörper empor, bis sich dieser wie eine Brücke krümmte. Dann nahm Teuber eine mit Dornen gespickte Walze und schob sie zwischen Streckbank und Körper. Als der Scharfrichter Kuisl losließ, drückte sich dessen Rücken auf die Walze, und eiserne Dornen bohrten sich tief in sein Fleisch. Kuisl biss die Zähne zusammen, kein Laut drang über seine Lippen.
    »Dreh jetzt das Rad«, sagte der Bayer.
    Philipp Teuber ging nach vorne zum Kopfende der Streckbank und kurbelte an einem Rad, so dass Kuisls Arme und Beine in die Länge gestreckt wurden. Knochen knackten, dem Schongauer Henker traten Schweißperlen auf die Stirn. Noch immer schwieg er.
    Plötzlich ertönte eine dritte Stimme von jenseits des Gitters. Sie war leise und heiser, von unbestimmtem Alter, dabei schneidend wie eine Säge. Es war die Stimme des dritten Mannes.
    »Jakob Kuisl aus Schongau«, zischte sie. »Kannst du mich hören?«
    Kuisl zuckte zusammen. Sein Rücken hob sich, als würde unter ihm ein Feuer brennen. Er kannte diese Stimme! Sie war von weit her aus der Vergangenheit zu ihm gereist. Sie hatte ihn in der Kerkerzelle heimgesucht, und jetzt war sie hier und peinigte ihn wie in einem Alptraum.
    Wie war das möglich?
    »Henkerlein«, flüsterte die Stimme. »Ich weiß, dass du ein störrischer alter Hund bist. Aber glaub mir, wir werdendir Schmerzen zufügen, die du dir nicht einmal vorstellen kannst. Und wenn du heute nicht gestehst, dann morgen oder meinetwegen übermorgen. Wir haben Zeit, sehr viel Zeit.«
    Jakob Kuisl riss an den Seilen und schüttelte sich so sehr, dass die von Blut und Ruß befleckte Streckbank beinahe umstürzte.
    »Geh zum Teufel, verdammt!«, schrie er. »Wer immer du auch bist, geh dorthin, wo du hergekommen bist!«
    Die Stadtknechte zückten ihre Hellebarden, während der kleine Chirurgus ängstlich von der Bank aufsprang.
    »Soll ich ihm ein bisserl Blut abzapfen, damit er ruhiger wird?«, murmelte Elsperger. »Ohne Blut werden sie müde.« Doch seine Stimme ging im wütenden Schreien des Schongauer Henkers unter.
    Philipp Teuber hielt Kuisls Hände fest und beugte sich ganz nah zu ihm herunter. »Verdammt, was ist los mit dir, Kuisl?«, flüsterte er. »Das hier ist nur der Anfang. Du machst alles nur noch schlimmer.«
    Jakob Kuisl gab sich Mühe, gleichmäßig zu atmen.
    Muss mich beruhigen … Muss rausfinden, wer da hinter dem Gitter steckt …
    Wieder ertönte die dritte Stimme.
    »Teuber, es ist an der Zeit, diesem Monstrum zu zeigen, dass wir es wirklich ernst meinen«, flüsterte der Unbekannte mit einem nur für Kuisl hörbaren genüsslichen Unterton. »Wer nicht hören will, muss fühlen. Brenn ihn mit dem blauen Feuer.«
    Jakob Kuisl wendete verzweifelt den Kopf, doch Philipp Teuber war bereits außerhalb seines Gesichtsfelds. Nicht weit entfernt ertönte ein Geräusch, das der Schongauer Henker allzu gut kannte. Es war ein langgezogenes Zischen und Brutzeln – wie Fett, das in eine heiße Pfanne tropft.Nur wenig später zog der infernalische Geruch von Schwefel durch die Folterkammer.
    Kuisl biss die Zähne zusammen. Egal, was passierte, sie würden ihn nicht schreien hören.
    In einem hölzernen Tiegel rührte Magdalena die Wundsalbe aus Butter, Arnika, Baumharz und Kamille zusammen. Der aromatische Geruch half ihr, den Gestank um sich herum einigermaßen zu vergessen.
    Seit den frühen Morgenstunden hatten sich immer mehr kranke Bettler in der großen unterirdischen Halle eingefunden. Die Henkerstochter vermutete, dass es fast zwei Dutzend waren. Die genaue Zahl war schwer festzustellen, weil es in dem verwinkelten Gewölbe nur dämmriges Fackellicht gab. Die Bettler lagen, kauerten und lehnten in den

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