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Die Henkerstochter und der schwarze M�nch

Titel: Die Henkerstochter und der schwarze M�nch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver P�tzsch
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lauten Rufen einen Flaschenzug in die Höhe, weiter hinten näherte sich auf einer neu gepflasterten Straße ein Ochsenfuhrwerk, das frisch geschnittene Bretter brachte. Es roch nach Harz und Kalk.
    Benedikta sah Simons staunenden Blick und klärte ihn auf. »Einer der Baumeister hat mich schon ein wenig herumgeführt. Dort, wo wir geschlafen haben, entsteht das neue Gasthaus. Gleich daneben kommt die Lateinschule hin, und dort ... « Sie wies auf ein kleines Gebäude, das auf der anderen Seite eines Parks lag. »Dort ist sogar ein Komödienhaus geplant.« Sie ging voraus, während sie weitersprach. »Ich habe mich heute Morgen mit dem Prior unterhalten.Abt Bonenmayr plant, das Kloster zum schönsten der Gegend zu machen. Mindestens so schön wie das in Rottenbuch, sagt er. Er ist drüben in der Abtei und empfängt uns jetzt zur Mittagszeit.«
    Simon blieb nichts anderes übrig, als zu nicken und ihr hinterherzutrotten. Wie selbstverständlich hatte Benedikta das Ruder übernommen. Simon konnte jetzt verstehen, warum ihr Bruder sie gerne um Rat gefragt hatte. Benedikta hatte hinter ihrer vornehmen Fassade eine äußerst zupackende Art. Mit Schaudern dachte er an den Pistolenschuss von gestern Nachmittag zurück.
    Sie trafen den Abt im Kreuzgang zwischen Abtei und Kirche an. Augustin Bonenmayr war ein hagerer Mann mit schmalem Gesicht. Auf seiner Nase saß ein in Messing eingefasster Kneifer, mit dem er gerade die Fresken in einer vom Gang abgehenden Kapelle musterte. Sein rechter Arm hielt einen Packen Pergamentbündel, an seinem Gürtel baumelten neben einem gigantischen Schlüsselbund ein Senkblei und ein Winkelmaß. Er sah eher wie ein Baumeister aus als wie der Vorsteher eines großen Stifts.
    Erst als der Abt die Schritte der Neuankömmlinge hörte, wandte er sich zu Simon und Benedikta um.
    »Ah, die junge Dame mit ihrer Bitte! Man hat Euch schon angekündigt! «,rief er und nahm den Kneifer ab. Seine Stimme klang dunkel und hallend durch den Kreuzgang. »Und Ihr müsst der junge Fronwieser sein.« Der Abt kam lächelnd auf den Medicus zu und reichte ihm die Hand. Augustin Bonenmayr trug wie alle Prämonstratenser eine weiße Tunika, um den Bauch war eine purpurne Schärpe gegürtet, die ihn als Abt des Klosters auszeichnete. Simon kniete nieder und küsste einen goldenen, mit einem Kreuz verzierten Siegelring.
    »Wenn Ihr mir die Bemerkung erlaubt«, murmelte Simon noch immer kniend. »Ich habe noch nie ein so gewaltiges Kloster gesehen.«
    Augustin Bonenmayr lachte und half ihm wieder auf dieBeine. »In der Tat. Wir werden alles wieder aufbauen. Mühle, Brauhaus, Schule und natürlich die Klosterkirche. Dies soll ein Ort werden, zu dem die Leute in Scharen pilgern, um Gott nahe zu sein.«
    »Ich bin sicher, Steingaden wird ein Prunkstück im Pfaffenwinkel sein«, sagte Benedikta.
    Der Abt lächelte. »Die Menschheit braucht wieder Orte, die einer Wallfahrt würdig sind. Stätten, an denen wir spüren, wie groß Gott wirklich ist.« Er trat aus der Kapelle hinaus in den Kreuzgang. »Aber Ihr seid nicht gekommen, um über Wallfahrten zu debattieren, nicht wahr? Wie ich hörte, ist Euer Anlass ein weit traurigerer.«
    Simon nickte, dann fasste er kurz zusammen, warum sie hier waren. »Vielleicht finden wir den Grund für den Tod des Pfarrers ja in der Vergangenheit der Lorenzkirche«, endete er schließlich.
    Der Abt runzelte die Stirn und wandte sich an Benedikta. »Ihr glaubt tatsächlich, Euer Bruder wurde vergiftet wegen irgendeines dunklen Geheimnisses in seiner Kirche? Ist das nicht ein bisschen zu weit hergeholt?«
    Bevor Benedikta antworten konnte, fuhr Simon dazwischen. »Hochwürden, es heißt, die Lorenzkirche gehört zu Euren Kirchengütern«, sagte er eher beiläufig. »Gibt es Pläne von ihr? Oder weiß man wenigstens, wem sie vorher gehört hat?«
    Augustin Bonenmayr rieb sich den Nasenrücken, wo vorher der Kneifer gethront hatte.
    »Dem Stift gehören so viele Güter, dass ich wirklich nicht über jedes einzelne Gut Bescheid weiß. Aber vielleicht lässt sich in unserem Archiv etwas finden. Folgt mir.«
    Sie gingen den Kreuzgang Richtung Abtei. Im ersten Stock befand sich eine schmucklose, niedrige Tür, die mit zwei massiven Schlössern versperrt war. Der Abt öffnete sie, und sofort schlug Simon der muffige Geruch von altem Pergament entgegen. Der Raum war sicher vier Schritt hoch. Biszur Decke reichten die in Nischen abgetrennten Regale, vollgefüllt mit Büchern, Folianten, aber auch

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