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Die Henkerstochter und der schwarze M�nch

Titel: Die Henkerstochter und der schwarze M�nch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver P�tzsch
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zwischen seinen Fingern. »Was haben uns deine gelehrten Sprüche denn bis jetzt gebracht, hä? Nichts außer einen toten Pfaffen und einen Sack voll Ärger!«
    »Mit dem Pfarrer hab ich nichts zu schaffen!«, rief der Schwabe zornig. »Man hätte ihn doch nicht gleich umbringen müssen! Es hätte gereicht, ihn ... nun, zum Schweigen zu bringen.«
    »So schweigt er auch.« Der Mann mit der Narbe warf den Dolch in Richtung eines morschen Baumstamms, wo die Waffe zitternd stecken blieb.
    »Bruder Nathanael hat recht«, meldete sich der dritte, schwarzgewandete Mönch, den auch hier draußen ein stechender Veilchengeruch umwaberte. Er war hager und ausgezehrt wie ein Stück trockenes, rissiges Holz. Als Einziger der drei trug er die Kapuze tief im Gesicht. »Der Pfaffe war zu gefährlich. Deus lo vult !«
    »Wo soll das noch hinführen!«, jammerte der Schwabe. »Zuerst der Pfarrer, dann der Henker ... Dafür hat uns der Meister nicht ausgeschickt!«
    »Die Worte des Meisters waren mehr als deutlich.« Der hagere, lange Mönch beugte sich nun über Bruder Avenarius, so dass dem dicken Schwaben vor lauter Parfumgestank fast übel wurde. Doch niemals hätte Avenarius es gewagt, etwas dagegen zu sagen. Der Hagere war ihr Anführer, auch wenn er von Woche zu Woche merkwürdiger wurde.
    »Der Meister verlangt, dass wir den Schatz dorthin zurückbringen, wo er hingehört«, flüsterte der Mann mit dem Veilchenduft. Sein Mund war ein rotes Loch in der schwarzen Tiefe der Kapuze. »Alles andere zählt nicht. Außerdem ist der Henker entkommen, er lebt. Ich hab ihn erst gestern mit den anderen an der Basilika St. Michael gesehen.«
    »Du hast was ... ? « Der Mönch mit der Narbe sprang auf, doch der Hagere beruhigte ihn.
    »Es ist gut so, wie es ist. Gott hat offenbar nicht gewollt, dass der Henker stirbt. Er braucht ihn noch als kleines Teilchen in seinem großen Plan. Vermutlich ist uns deshalb auch seine Tochter entkommen, die Henkersdirn. Ein erstaunliches Weib ... « Er zögerte, als dächte er über etwas nach. »Sie heißt Magdalena, merkwürdig. Ich kannte einmal jemand, der so hieß …«
    Plötzlich klatschte er in die Hände. »Lasst uns jetzt dem Meister Bericht erstatten.«
    Der Hagere sprang über das Mauerstück und winkte den anderen, ihm zu folgen. Als er die enttäuschten Blicke seines vernarbten Mitbruders sah, versuchte er ihn aufzumuntern.
    »Wenn sie den Schatz wirklich finden, ist ihre Aufgabe getan, Nathanael. Gott wird nicht dulden, dass sich das frevlerische Denken der Ketzer noch einmal ausbreitet. Wir haben sie einmal vernichtet, es wird uns auch diesmal wieder gelingen. Jegliche Erinnerung muss ausgelöscht werden. Deine Zeit wird kommen.«
    Der Mönch mit dem Krummdolch nickte grimmig. Zu dritt eilten sie wie Spürhunde den frischen Spuren hinterher.

7
     
    J akob Kuisl wanderte am steilen Hang der Ammerschlucht entlang und blickte nach unten, wo der Fluss in fünfzig Schritt Tiefe dahinrauschte. Auf der Oberfläche trieben Eisschollen, stießen gegeneinander und türmten sich zu bizarren Formationen auf, die den Henker an krumme, ausgetretene Treppen erinnerten. Dort unten dämmerte es bereits, schon bald würde es spürbar kälter werden. Die Sonne verschwand langsam hinter den Wipfeln und tauchte die Gesichter seiner Mitstreiter in ein letztes goldenes Licht.
    »Wir sollten für heute aufhören«, murrte hinter ihm Hans Berchtholdt. »Genauso gut könnten wir einen Hasen im Gebirge suchen.«
    Der Bäckerssohn hatte bereits kurz nach dem Beginn der Jagd begonnen, an dem Unternehmen zu zweifeln. Andere Patriziersöhne hatten sich ihm nach und nach angeschlossen. Wie sollten sie bloß in den Weiten der Schongauer Wälder eine Räuberbande finden? Und überhaupt, war das nicht Aufgabe von Soldaten und einfachen Bütteln? Auch wenn einige der jungen Burschen zunächst noch Feuer und Flamme gewesen waren, weil sie hofften, einmal richtig Krieg spielen zu dürfen, mittlerweile hatten ihnen die Kälte und der anstrengende Marsch das letzte bisschen Jagdfieber ausgetrieben. Jetzt wollten sie nur noch nach Hause.
    Jakob Kuisl ließ den Blick hinüberschweifen zum anderen Ufer, in der Hoffnung, dort eine verdächtige Bewegungzu sehen. Die Wegelagerei war in den bayerischen Wäldern schon immer eine Plage gewesen, doch seit dem Großen Krieg war es praktisch nicht mehr möglich, ohne Begleitschutz von einer Stadt in die andere zu reisen. Mehrmals im Jahr hängte Jakob Kuisl ein paar Strolche oben am

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