Die Herren der Unterwelt 01 - Schwarze Nacht
du getan, Tod?“
„Spuck’s schon aus“, befahl Reyes.
Lucien sah Aeron fest in die Augen. „Du hast doch miterlebt, wie sie auf Ashlyn reagiert haben. Wir müssen sichergehen, dass sie nicht versehentlich über unser Geheimnis stolpern. Was, glaubst du, würde sonst passieren?“
Aeron schwieg eine ganze Weile. Eine schwere, unheimliche Spannung lag in der Luft. Dann endlich nickte Aeron. „Gut. Zeig es ihnen. Aber mach dich auf einen Krieg gefasst, mein Freund, denn sie werden alles andere als erfreut sein.“
„Könnt ihr mal Klartext reden?“, verlangte Reyes, während er von einem zum anderen blickte.
„Eine Erklärung würde nicht reichen. Ich muss es euch zeigen.“ Lucien setzte sich in Bewegung. „Hier entlang.“
Prophetische Worte, dachte Maddox. Er warf Torin, der sich am vergangenen Abend ähnlich rätselhaft ausgedrückt hatte, einen fragenden Blick zu. Lautlos formte er die Worte „Weißt du, was hier los ist?“ mit den Lippen.
Nein, war die stumme Antwort.
Nichts Gutes, so viel stand fest. Lucien hatte noch nie so geheimnisvoll getan. Maddox warf einen verwirrten, neugierigen und vor allem besorgten Blick auf Ashlyns Tür, ehe er seinen Freunden folgte.
7. KAPITEL
A shlyn ließ sich rücklings aufs Bett fallen und bemühte sich, ihre Atmung unter Kontrolle zu bekommen. Oh Gott. Er war zurückgekommen. Es war kein Traum gewesen, keine Halluzination und auch keine Fata Morgana. Maddox lebte. Man hatte sie wirklich in einem Kerker eingesperrt, und er war wirklich von den Toten auferstanden. Und er hatte die Stimmen wirklich zum Schweigen gebracht.
Als er sie in diesem seltsam kahlen Schlafzimmer allein gelassen hatte, hatte sie zuerst nach einem Telefon gesucht und dann nach einem Fluchtweg. Beides ohne Erfolg. Schnell hatte sich die Erschöpfung schwer auf ihre Schultern gelegt und beinahe erdrückt. Sie konnte sich nicht dagegen wehren. Die Stille war einfach zu herrlich, wie eine lang ersehnte Droge, die sie endlich konsumieren konnte. Also legte sie sich hin, ohne über die Konsequenzen nachzudenken. Sie zog die Möglichkeit in Betracht, dass vielleicht, ganz vielleicht, alles nur eine Wahnvorstellung war und sie, sobald sie die Augen öffnete, in ihrem eigenen Bett läge.
Aber nein. Weit gefehlt.
Vor wenigen Augenblicken war eine seltsame Kraft in ihren Körper gefahren und hatte sie, obwohl sie sich mit Händen und Füßen wehrte, aus dem friedlichsten Schlaf ihres Le bens geholt. Ein Schlaf, der in diese wohlige Stille eingehüllt war. Dann hatte Maddox über ihr gestanden und sie mit sei nen unergründlichen violetten Augen angesehen.
Sein Gesicht war von schwarzblauen Blutergüssen und blutigen Schnitten übersät. Sein linkes Auge war geschwollen und seine Lippe aufgeplatzt. Schon bei dem Gedanken daran wurde ihr übel. Hatten diese Monster noch mal versucht, ihn umzubringen?
Noch mal. Ha! Sie lachte kühl. Sie hatten ihn tatsächlich getötet. Und zwei dieser Mörder hatten gerade neben ihm gestanden. Er war freundlich mit ihnen umgegangen und hatte mit ihnen geredet, als hätte er keinen Grund, sie zu hassen. Wie konnten sie immer noch Freunde sein?
Sie wälzte sich vom Bett. Ihr Körper ächzte und schmerzte bei jeder Bewegung, als wäre sie ein uralter Tattergreis und keine vierundzwanzigjährige junge Frau. Sie runzelte die Stirn. Zu viel Stress ohne absehbares Ende.
Offenbar waren die Männer gegangen, denn sie hörte sie nicht mehr durch die Tür. Gut so. Denn sie wollte sich nicht mit ihnen befassen. Weder jetzt noch später. Erledige deine Aufgaben und dann sieh zu, dass du hier rauskommst.
Sie ging ins Badezimmer und war überrascht, wie schön es war – vor allem verglichen mit dem kargen Schlafzimmer und dem dreckigen Kerker. Die Wände waren weiß gekachelt und der Fußboden aus farblich passendem Marmor. Der schwarze Einbauwaschtisch mit Chromverzierungen quoll vor Handtüchern schier über. Über dem Waschtisch befand sich ein Waschbecken aus Porzellan. Gegenüber stand eine glänzende, freistehende Badewanne mit Füßen und einer erhöhten Duschbrause – falls ein Riese duschen wollte? –, die von einem nahezu transparenten Vorhang umgeben war.
Aus irgendeinem Grund war alles festgeschraubt.
Eine zweistöckige Lampe hing von der Decke herab und streckte ihre Messingarme in verschiedene Richtungen. Andere Dekostücke gab es nicht. Weder Bilder noch sonstige Verzierungen. Hatte Maddox sie entfernt, aus Angst, sie könnte etwas stehlen?
Ashlyn
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