Die Herren der Unterwelt 03 - Schwarze Lust
zurück in seine Tasche stecken, doch er verfehlte sie, und es fiel auf den Boden. Fluchend bückte er sich und hob es auf. Als er sich wieder aufrichtete, taumelte er, aber schließlich gelang es ihm, das Handy zu verstauen und das Schlafzimmer der Frauen zu erreichen, ohne zu fallen.
Alle vier lagen auf ihren Betten und pressten sofort die Lippen aufeinander, als er hereinkam. Drei von ihnen wurden leichenblass. Er war immer noch blutbespritzt, wie er jetzt bemerkte, und sah wahrscheinlich exakt so aus wie das Monster, das er ihrer Meinung nach war. Er hatte unzählige Schüsse abbekommen. Und Messerstiche. Seine Kleidung war zerrissen, und aus seinen Wunden sickerte immer noch Blut. Und dennoch suchte sein hungriger Blick Danika.
„Reyes!“ Sie lächelte, als sich ihre Blicke trafen, aber das Lächeln erlosch schnell. „Du bist verletzt!“ Sie löste sich aus dem Kreis ihrer Familie und stürzte auf ihn zu. Sie kam so nahe, dass er ihren Gewitterduft riechen konnte.
Mit wild pochendem Herzen machte er die Tür vor ihrer Nase zu.
Er hörte, wie sie nach Luft schnappte. Dann trommelten ihre Fäuste gegen das Holz. „Reyes!“, knurrte sie.
Er hatte sie gesehen und sich davon überzeugt, dass sie unverletzt war. Jetzt war es an der Zeit, sich von ihr zu trennen. Für immer. Letzte Nacht wollte sie ihn verletzen, während sie miteinander schliefen. War ganz begierig darauf gewesen. Seine Zärtlichkeit ihr gegenüber hatte die dunklen Gelüste offenbar nicht wie gehofft aufhalten können. Und auch wenn er ihr nicht erlaubt hatte, ihm wehzutun, musste sein Dämon sie trotzdem bereits infiziert und in Richtung eines Lebens voller Schmerzen gezogen haben – eines Lebens, das Reyes selbst nun schon seit so langer Zeit ertragen musste. Schmerzen, nichts als Schmerzen.
Was, wenn sie demnächst Lust verspürte, ihrer Mutter, Schwester oder Großmutter wehzutun? Wo sie sich doch so unermüdlich für ihre Rettung eingesetzt hatte. Das konnte er nicht riskieren.
„Reyes! Lass mich raus!“
„Dani“, ging die Großmutter unerwartet dazwischen. „Lass ihn.“
Doch das Trommeln gegen die Tür hörte nicht auf.
Reyes fuhr mit einer Fingerspitze über das Holz. Dann trat er langsam von der Tür zurück. Erst als er das Ende des Flures erreicht hatte, drehte er sich um. Ein paar Möbelstücke fehlten, stellte er beim Vorbeihumpeln fest. Ein paar Tische und sämtliche Dekorationsgegenstände, die Ashlyn besorgt hatte. Da an den Wänden nicht mehr der kleinste Blutspritzer zu sehen war, mussten die Krieger gründlich geschrubbt haben. Zum Glück traf er keinen seiner Freunde, denn er wusste nicht, wie er reagiert hätte, wenn sie ihn nach Danika gefragt hätten.
Danika, brüllte Schmerz plötzlich.
„Psst!“, zischte Reyes.
Doch je mehr räumliche Distanz er zwischen sich und Danika brachte, desto heftiger tobte der Dämon in seinem Innern.
„Ich bin durchsiebt von Kugeln. Was willst du mehr?“, knurrte Reyes zurück.
Sie.
„Warum?“ Sie war der Inbegriff von Freude und Lust. „Sie ist nichts für uns.“
Meins.
„Nein!“ Mit langen Schritten polterte er wütend die Treppen zum Verlies hinunter. Vor Aerons Zelle traf er auf Lucien, der sich schweigend an den Gitterstäben festhielt.
Reyes stellte sich neben ihn und schaute ins Verlies. Aeron war immer noch an die Wand gekettet, seine Augen leuchteten hellrot, seine Reißzähne waren lang und spitz, und seine Fingernägel hatten sich zu Klauen ausgewachsen. Legion, der Dämon, glitt ihm um den Hals und dann die Arme hinab zu den Fußgelenken.
„Der Dämon ist in der Lage, sich zu beamen. Er ist plötzlich in der Mitte der Zelle aufgetaucht, weigert sich aber, mit mir zu sprechen.“
„Ich rede“, sagte der Dämon.
„Dann sag mir, wo du warst.“
„In Hölle.“
„Warum?“
„Ich sssage, warum, wenn du Freund freilässst“, zischelte Legion, und seine gespaltene Zunge blitzte hervor. „Er traurig. Ich mag nicht traurig. Alssso wir handeln.“
Eigentlich sah Aeron eher wütend als traurig aus. Er verfolgte jede noch so kleine Bewegung von Reyes, aber Reyes wollte über den Punkt gar nicht diskutieren. „Tut mir leid, aber ich kann nicht mit dir handeln. Wenn Aeron freikommt, wird er versuchen, meine Frau umzubringen. Und Aeron“, sagte er an den Krieger gewandt, „ich dachte, du wüsstest gerne, dass du Danikas Großmutter nicht umgebracht hast. Vor dem Todesstoß bist du weggegangen.“
Für einen kurzen Moment schien dem Krieger
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