Die Herren der Unterwelt 03 - Schwarze Lust
Regeln? „Wie sind die Regeln?“
„Du mich nicht mit Sssteinen bewerfen.“
„Abgemacht.“ Dann würde sich Aeron also nur seiner Zähne bedienen.
Mit einem gespenstischen Lachen sprang Legion in die Luft. Er hüpfte vom einen Ende der Höhle zum anderen und war für Aeron bald nur noch eine leuchtende Schliere. Zweimal flitzte Legion fröhlich gackernd hinter ihm entlang, und immer schnitten Aeron die Ketten noch tiefer in die Handgelenke, wenn er nach ihm langte. Doch Legion sprang jedes Mal rechtzeitig außer Reichweite.
Aeron hielt inne und überdachte seine Möglichkeiten. Er hatte einen beschränkten Bewegungsradius, und Legion bewegte sich so schnell, dass er ihm nicht mal mit den Augen folgen konnte. Er musste abwarten, wie eine Spinne im Netz, und seine anderen Sinne einsetzen.
Also schloss er die Augen und genoss die vollkommene Dunkelheit. Er legte die Hände auf seine angezogenen Knie und hoffte, die Ruhe selbst zu sein.
Legions fröhliches Gelächter hallte in seinen Ohren, kam näher … und näher … Fingerspitzen kratzten über seine Stirn, aber Aeron zuckte mit keiner Faser.
„Fang mich doch, fang mich doch, wenn du kannssst.“
Steine polterten von der gegenüberliegenden Wand, dann wurde das Gelächter noch lauter, und ein Windstoß wirbelte durch die feuchte, rußige Luft. Jeden Augenblick konnte … warte … warte es ab … Irgendetwas Heißes streifte seinen Arm, und Aerons Finger schnappten zu.
Ein Keuchen, ein Quietschen, und Legion wand sich in Aerons Griff, das Lachen war ihm vergangen.
„Ich hab gewonnen.“ Aerons Zähne spitzten sich zu, und er warf den Kopf nach vorn. Berührung. Saures Blut füllte seinen Mund, der augenblicklich brannte und Blasen warf.
„Au!“
Hustend und spuckend ließ Aeron den Dämon los. Er riss die Augen auf, kniff sie aber sofort wieder zusammen. Warum hast du mir nicht gesagt, dass er giftig ist?, blaffte er Zorn an.
Wusste ich nicht, schmollte dieser.
„Du mich gebisssen.“ Die Stimme der Kreatur klang anklagend. Anklagend und verletzt. In den roten Augen standen Tränen.
„Du schmeckst wie Galle, du eklige Made.“
„Aber … aber … du mich blutig gebisssen.“ Legion rieb sich den Hals. Zwischen seinen nackten Fingern sickerte schwarzes Blut hervor. „Du versprochen, nicht beisssen.“
„Ich hab versprochen, dich nicht mit Steinen zu bewerfen.“ Irgendetwas rührte sich in seinem Innern … Gewissensbisse? Ja, es waren tatsächlich Gewissensbisse, die seinen ewigen Zorn und seine überwältigende Mordlust überlagerten. „Ich …“ Was? Ich habe dich fast zu Tode gebissen und jetzt tut es mir leid? „Ich dachte, so würde man das Spiel spielen.“
„Du falsch gedacht.“ Legion schniefte und wandte sich ab. Er marschierte zur Höhlenwand und vergrub schmollend seinen Kopf zwischen den Felsen, während Aeron verblüfft feststellte, dass er Legion nicht mehr als ein unpersönliches Es, sondern als einen Er betrachtete.
Götter im Himmel! Wie bin ich in diesen Schlamassel hineingestolpert?
Die Lakaien sind so kindisch, knurrte Zorn, als wäre er selbst reifer und erwachsener.
„Ich kannte die Regeln nicht“, sagte Aeron, verstört darüber, dass er sich in diesem Moment mehr mit sich selbst im Einklang fühlte als in den ganzen letzten Monaten – ohne zu wissen, warum.
Legion linste über seine Schulter. Seine Schuppen funkelten wie Rubine im roten Glühen von Aerons Dämonenaugen. Vorher waren die Schuppen doch grün gewesen, oder nicht? „Wenn wir Freunde sssein wollen, du versprechen, nicht zzzu beisssen. Du hassst verletzzzt meine Gefühle.“
Freunde? „Legion, ich will deine Gefühle nicht verletzen, aber …“
„Okay!“ Der kleine Dämon grinste wieder, hüpfte herum und klatschte in seine Klauen. „Du mich nie mehr verletzzzen. Wir wieder Freunde. Wasss wir machen? Wir noch ein Ssspiel ssspielen?“
Aeron neigte den Kopf und beäugte seinen … neuen Freund nachdenklich. „Ich wüsste noch ein Spiel, das wir spielen können.“
„Oh ja, wasss für einsss? Wie heissst Ssspiel? Diesssmal ich gewinne, ich weisss genau!“
„Es heißt Kettenaufbrechen.“
Paris lag neben der Menschenfrau auf dem Bett. Es war ein gemietetes Bett, und er kannte das Zimmer in-und auswendig. Eine Kingsize-Matratze und weiße Wände mit klassischen Gemälden, die nach strategischen Überlegungen aufgehängt waren. Ein schwarzer Schreibtisch mit goldglänzender Lampe. Zimmer Nummer vierzehn im kleinen, feinen Hotel
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