Die Herren der Unterwelt 03 - Schwarze Lust
niemals würde mit ihr schlafen können. Niemals. Das weißt du doch längst.
Trotzdem hatte er unbewusst vielleicht doch ein Fünkchen Hoffnung gehegt, eines Tages mit Danika zusammen sein zu können, und zwar rückhaltlos – ohne Angst, sie zu verletzen, ohne das Bedürfnis, von ihr verletzt zu werden, und ohne die Befürchtung, sie in eine Sadistin zu verwandeln. Was für eine alberne Hoffnung. Verhasste Hoffnung. Ganz klar: ein Dämon.
Es ist zu ihrem Besten, redete er sich selbst ein. Danika, sein Engel, verdiente nur Gutes. Sie verdiente einen sanften, einfühlsamen Mann, jemanden, der sie zum Lachen brachte. Jemanden, vor dem sie sich nicht ekeln musste. Der sie nicht dazu brachte, sich vor sich selbst zu ekeln.
Und urplötzlich war die Eifersucht in ihm erwacht, eine Eifersucht, die noch bösartiger in ihm tobte als Schmerz, ein wildes Tier, das in seinem Kopf brüllte und von innen gegen die Schädeldecke kratzte.
„Du quetschst meine Hand“, stöhnte Danika mit schmerzverzerrtem Gesicht.
Sofort lockerte er seinen Griff. „Tut mir leid.“ Würde er es jemals schaffen, sie ziehen zu lassen?
„Ich bin tougher, als du denkst“, sagte sie, „nur möchte ich deinem Freund ungern mit gebrochener Schlaghand gegenübertreten.“
Die Bemerkung war scherzhaft gemeint, vielleicht, um seine Stimmung aufzubessern, aber er nahm sie sich zu Herzen. Hier, in der Festung, musste Danika permanent all ihre Kraft und ihren Mut aufbringen, denn seine Freunde waren eine Bedrohung für sie. Sie würden Danika niemals in ähnlicher Weise willkommen heißen wie Ashlyn und Anya. Während er versuchte, seine aufwallenden Gefühle zu unterdrücken, hob er ihre Hand an seinen Mund und hauchte einen zarten Kuss auf die Innenseite ihres Handgelenks. „Ich werde in Zukunft vorsichtiger sein, ich versprech’s.“
Ein wohliger Schauer lief ihr über den Rücken.
Am Ende des Korridors blieben sie stehen. Torins Tür war geschlossen. Gedämpfte Stimmen drangen heraus. War es Gelächter? Mit zusammengezogenen Augenbrauen klopfte Reyes. Die Stimmen verstummten.
Cameo öffnete die Tür, und Reyes war augenblicklich sprachlos vor Schreck. Sie war schön, zierlich, dunkelhaarig und eine grausame Kriegerin – nur wenigen von ihnen war es bisher vergönnt gewesen, sie in einer Schlacht zu erleben oder aber die Schlacht zu überleben und von ihren Taten zu berichten. Wenn sie sich in der Burg aufhielt, blieb Cameo meist allein oder drückte sich in den Schatten herum. Das tat sie sicher nicht freiwillig, dachte Reyes, sondern weil die Männer nicht in ihrer Nähe sein konnten, ohne den unbändigen Wunsch zu verspüren, sie umzubringen. Denn in ihren silbrigen Augen und in ihrer gequälten Stimme lag alles Elend der Welt.
Nie zuvor hatte Reyes sie fröhlich und entspannt erlebt. Zumindest nicht seit sie dimOuniak geöffnet hatten. Dass er sie nun lachen sah, obendrein zusammen mit Torin, der eigentlich niemanden berühren durfte, nicht einmal einen Unsterblichen, das war erschreckend. Normalerweise mied Torin nämlich Frauen – so wie alle anderen den Krankheiten aus dem Weg gingen, die er im Inneren seines trügerisch gesund wirkenden Körpers beherbergte. Da er sich eh mit keiner Frau zusammentun konnte, wollte er sich lieber erst gar nicht durch weibliche Gesellschaft in Versuchung führen.
Also was zum Teufel war da los?
„Was willst du?“, fragte Cameo.
Bei allen Göttern, was für eine Tortur. Schon allein ihr zuzuhören, war, wie in einem Albtraum zu versinken.
„Warum sehe ich auf einmal den Griff deines Schwertes und wünsche, es mir in die Brust zu stoßen?“, flüsterte Danika, verwirrt und sogar ein bisschen benommen vom Anblick der weiblichen Kriegerin.
Soweit Reyes sich erinnerte, war Danika bei ihrem letzten Aufenthalt auf der Burg Cameo nicht begegnet. Das bedeutete, dass das hier Danikas erste Begegnung mit Elend war. Und die erste war immer die schwierigste. „Schließ die Augen und halte dir die Ohren zu.“
Zum ersten Mal hinterfragte sie seine Worte nicht, sondern beeilte sich zu gehorchen.
„Ich muss mit Torin sprechen“, sagte Reyes zu Cameo.
Sie lehnte sich mit der Hüfte gegen den Türrahmen. „Tja, da kannst du später wiederkommen. Ich war zuerst hier. Ist das deine Frau?“
„Ja“, antwortete Reyes und fügte nahtlos hinzu: „Du kannst später wiederkommen.“ Er musste seinen Blick abwenden. Seine Brust schmerzte, aber es war kein angenehmer Schmerz. Bahnte sich da etwa … eine
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