Die Herren der Unterwelt 05 - Schwarze Leidenschaft
gern würde benutzen wollen. Und in den Händen des falschen Arztes wären die Geheimnisse der Herren alles andere als sicher.
Torin schüttelte mitfühlend den Kopf, als wäre Aeron zu dämlich, um vernünftig nachzudenken. „Bist du sicher, dass sie von selbst gesund wird? Immerhin hat man sie aus dem Himmel verstoßen.“
„Uns hat man auch aus dem Himmel verstoßen, und trotzdem heilen wir so schnell wie eh und je. Wir können sogar ganze Gliedmaßen nachwachsen lassen.“ Was Gideon, Hüter der Lügen, gerade tat. Während ihrer letzten Schlacht hatten die Jäger ihn gefangen genommen und gefoltert, um Informationen aus ihm herauszuholen – Informationen, die er nicht preisgegeben hatte. Zur Strafe hatten die Jäger ihm beide Hände abgehackt.
Gideon war noch immer ans Bett gefesselt und eine riesengroße Nervensäge.
„Guter Einwand“, meinte Torin.
Auf einmal ertönte der Schrei einer Frau aus Aerons Schlafzimmer.
Er hörte auf herumzutigern, und Torin straffte die Schultern. Als der zweite Schrei ertönte, waren die Männer bereits auf dem Weg, wobei Torin ausreichend Sicherheitsabstand hielt. Aeron riss die Tür auf und war als Erster im Zimmer.
Olivia lag immer noch bäuchlings auf dem Bett, nur dass sie sich jetzt unruhig hin und her warf. Ihre Augen waren geschlossen, und trotz der Schatten, die ihre langen Wimpern warfen, konnte Aeron sehen, dass nun dunkle Ringe unter ihren Augen lagen. Die braunen Haare fielen wirr um ihre zitternden Schultern.
Ihre Robe hatte sich offensichtlich selbst gereinigt. Fast das gesamte Blut war verschwunden. Doch an den Stellen, wo ihr eigentlich bereits neue Flügel hätten wachsen müssen, waren zwei frische blutrote Streifen zu erkennen.
Die Dämonen zerrten an ihr.
Olivia spürte brennend ihre Krallen, die sich tief in ihre Haut bohrten. Überall fühlte sie den klebrigen Schleim, der ihre Schuppen überzog, und ihr fauliger Atem stieg ihr stechend in die Nase. Sie hörte die Schadenfreude in ihrem Gelächter und hätte sich am liebsten übergeben.
„Uiuiui, seht nur, was ich gefunden habe“, krächzte einer von ihnen.
„Einen hübschen kleinen Engel, der uns direkt in die Arme gefallen ist“, gluckste ein anderer.
Schwefelfahnen und der Dunst von Fäulnis machten die Luft dick und schwer, und als sie nach Atem rang, fuhr ihr der Gestank durch die Nase. Sie war soeben gefallen. Die Wolken hatten sich unter ihren Füßen geöffnet, und sie war aus dem Himmel herabgestürzt … tiefer und tiefer, kein Ende in Sicht, während sie verzweifelt nach irgendetwas suchte, woran sie sich festklammern könnte … und als sie das Ende dann doch endlich sah, hatte sich auch der Boden aufgetan, und die Flammen der Hölle hatten sie mit Haut und Haaren verschluckt.
„Und auch noch ein Kriegerengel. Sie hat Gold in den Flügehi.
„Nicht mehr lange.“
Das Zerren wurde fester und brutaler. Sie trat, schlug und biss um sich. Sie versuchte, sich irgendwie zu befreien, um wegzulaufen und sich zu verstecken. Doch zu viele Dämonen umzingelten sie, und die zerklüftete Felslandschaft war ihr fremd. Ihre Anstrengungen blieben wirkungslos. Die Sehnen ihrer Flügel begannen zu reißen; der weiß glühende Schmerz breitete sich aus und umschloss sie vollkommen, bis all ihre Gedanken nur noch um die einzige Möglichkeit kreisten, dieser Pein zu entkommen: sterben.
Bitte. Lasst mich sterben.
Und dann sah sie nur noch Sterne. Alles andere war schwarz geworden. Aber Schwarz war gut, Schwarz war willkommen. Trotzdem gingen das Gelächter und das Gezerre immer weiter. Bald überkam sie ein unsägliches Schwindelgefühl, und ihr Magen brannte vor Übelkeit.
Warum war sie nicht tot? Dann riss einer ihrer Flügel ab, und sie schrie. Der weiß glühende Schmerz verwandelte sich in etwas, das sie erst in diesem Augenblick verstand: echte Qual. Selbst der Tod könnte dieses Leid nicht beenden. Nein, das hier würde sie auch noch in ihrem Leben nach dem Tod verfolgen.
Der andere Flügel folgte im Nu, und sie schrie wieder und wieder und wieder. Immer noch krallten sich Klauen in ihre Kleidung, zerkratzten ihre Haut weiter und versenkten sich in die frischen Wunden auf ihrem Rücken. Dann endlich übergab sie sich, spie die himmlischen Früchte aus, die sie erst am selben Morgen zu sich genommen hatte.
„Jetzt bist du nicht mehr so hübsch, was, Kriegerin?“
Hände betatschten ihren Körper und berührten sie an Stellen, an denen sie noch nie berührt worden war. Mit
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