Die Herren der Unterwelt 05 - Schwarze Leidenschaft
Sie war stolz. Sie hatte ihn gekennzeichnet. Hatte den Mann gekennzeichnet, auf den sie scharf war. Und er hatte ihr Verlangen erwidert; er war gekommen. Sie wollte es wieder tun. Nur dass sie mehr wollte. Sie wollte bis zum Letzten gehen.
Dämlicher Störenfried.
Wer mochte das sein, und was konnte er wollen? Wenn es nicht um Leben und Tod ging, wünschte Olivia dem Spielverderber, er möge später die Treppe runterfallen.
Der brutale Gedanke, ganz und gar untypisch für sie, brachte sie ins Grübeln. Vielleicht war solche Brutalität ja gar nicht mehr so untypisch für sie. Immerhin war sie jetzt eine neue und verbesserte Version ihrer selbst.
Und die neue und verbesserte Olivia könnte – könnte! – Aeron vielleicht dazu gebracht haben, seine Meinung übers Kuscheln zu ändern, indem sie unauffällig erwähnt hatte, dass es so vielen anderen gefiel. Wärme, Stärke und purer Sexappeal hüllten sie ein.
Vielleicht beim nächsten Mal. Wenn es ein nächstes Mal gäbe. Er hatte so sicher gewirkt, dass es sich nicht wiederholen würde.
„Was ist?“, bellte Aeron. Seine breiten Schultern versperrten ihr die Sicht, sodass Olivia nicht sehen konnte, wer vor der Tür stand.
„Ich habe jemanden schreien hören.“ Cameo trat einen Schritt zur Seite, um ins Zimmer spähen zu können, und beantwortete damit endlich Olivias unausgesprochene Frage. Als die Kriegerin ihren derangierten Zustand erfasste, klappte ihr vor Erstaunen die Kinnlade herunter.
Olivia grinste nur und winkte. Sie war nicht verlegen wegen ihres Erlebnisses mit Aeron. Nun ja, wenigstens nicht sehr. In erster Linie jubilierte sie innerlich. Sie hatte alles Vertraute aufgegeben, um die Freuden der Fleischeslust zu erfahren, also würde sie keinerlei Hemmungen tolerieren.
Außerdem hatte sie die Menschen in all den Jahren die verschiedensten Dinge tun sehen. Sex, Drogen. So viel Gutes, so viel Schlechtes. Was sie getan hatte, war wunderschön gewesen. Es gab nichts, wofür sie sich schämen musste.
„Du siehst gut aus“, begrüßte Olivia die Kriegerin.
„Du auch.“ Wäre Cameos Stimme nicht so traurig gewesen, Olivia hätte geglaubt, ein Lachen in ihrem Unterton zu hören.
„Augen zu mir, Cam“, sagte Aeron, der aus irgendeinem Grund eindeutig verärgert war. „Warum bist du hier?“
Cameo sah ihn an. Ihre Mundwinkel zuckten. „Torin hat sich das Überwachungsmaterial von letzter Nacht angesehen und einen Blick auf Albtraum erhascht. Soweit er sagen konnte, ging sie in ein Gebäude und ist seitdem nicht wieder rausgekommen.“
„Wovon redest du?“
„Von deinem Schattenmädchen. Olivia hat uns erzählt, dass sie vom Dämon Albtraum besessen ist. Wie dem auch sei, wir werden in die Stadt gehen, um … äh …“, sie warf einen bezeichnenden Blick auf Olivia, „… mit ihr zu reden. Bist du dabei?“
Aeron spannte sich an, und ein kurzes Schweigen senkte sich. Dann erwiderte er: „Klar“ und warf Olivia über die Schulter einen Blick zu. „Du brauchst es dir gar nicht erst gemütlich zu machen. Du kommst nämlich mit uns. Wir werden dir ein nettes Plätzchen suchen, an dem du bleiben kannst, bis du dir im Klaren darüber bist, wo du dauerhaft leben willst.“
Was? Er wollte sie immer noch loswerden? Nach allem, was sie getan hatten? Okay, sie hatte ihm gesagt, das würde nichts ändern, aber das war gewesen, bevor es alles verändert hatte. Diese kleine Kostprobe des Glücks würde ihr nie und nimmer reichen.
Vorhin, in diesem Bett, hast du dich durchgesetzt. Das schaffst du auch noch mal. „Tut mir leid, aber das geht nicht. Wahrscheinlich würde ich nur wieder in Todesgefahr geraten“, sagte sie und musste sich ein Grinsen verkneifen, als sich seine Augen weiteten. Anscheinend hatte der Mann ein ernsthaftes Problem mit ihrem Tod, wenn er ihn hinter jeder Ecke lauern sah. „Ich denke, ich bleibe lieber hier.“ Und das ist dir auch ganz recht so, versuchte sie ihm gedanklich einzureden. Einige Leute wussten einfach nicht, was sie zu ihrem Glück brauchten. Und Aeron gehörte eindeutig zu dieser Gruppe. Da würde sie ihm wohl ein wenig auf die Sprünge helfen müssen.
Er rieb sich den Nacken. „Darüber haben wir doch schon gesprochen, Olivia. Du kannst nicht hierbleiben. Egal, was zwischen uns passiert ist.“
„Alles klar.“ Sie schwang die Beine aus dem Bett und stand auf, ohne die Bettdecke loszulassen.
„Dann kommst du also mit in die Stadt?“, fragte er argwöhnisch. Und wütend und erleichtert. Welch
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