Die Herren der Unterwelt Bd. 8 - Schwarze Niederlage
ihren Blicken bei lebendigem Leib die Haut abgezogen, doch aus irgendeinem Grund hatte sie nicht klein beigegeben.
„Und du wirst sie auch nicht stehlen“, fügte sie hinzu.
Von wegen. „Versuchst du, mich zu bestrafen, Rotschopf?“ Er hatte den fatalen Fehler begangen, ehrlich zu ihr zu sein und ihr zu sagen, dass er hier war, um ihr zu helfen und nicht, um sie zu erobern. Dabei hatte er es besser gewusst. Man durfte eine Frau niemals in die Karten schauen lassen. „Wenn es nämlich so ist …“
„Oh, meine Götter. Bist du wirklich so egoistisch?“ Ihr silbergoldener Blick wurde scharf wie ein Dolch und schnitt sein Innerstes in Stücke. Er mochte es weder, wenn sie wütend war (jedenfalls zum Großteil nicht), noch wenn sie verletzt war. Und in diesem Augenblick schien sie beides zu sein. „Es gehtnicht immer um dich, Strider.“
„Das weiß ich. Glaub mir, ich rufe einen Ego-Alarm nach dem anderen aus. Dann sag mir doch einfach, wo das Problem liegt. Ich erinnere mich da nämlich an eine gewisse rothaarige Harpyie, die einmal sagte, sie täte alles , solange es unsterblich sei und der Preis stimme. Also los. Nenn deinen Preis, und tu es.“
„Es gibt keinen Preis“, gab sie kurz angebunden zurück. „Nicht dafür.“
„Hast du Angst?“ Ein Schlag unter die Gürtellinie, ja, aber er war verzweifelt.
Sie hüpfte vom Fernseher und bleckte die Zähne. Ihre Eckzähne verwandelten sich in etwas, das noch viel gefährlicher war als dieser Dolch in ihrem Blick, und ihre Augen wurden schwarz.
„Jetzt wird sie es dir zeigen“, sang Bianka, und Lysander drückte ihr die Hand auf den Mund, damit sie nicht noch mehr sagte.
„Idiot“, murmelte Sabin. „Ich werde dir nicht helfen. Du hast nämlich verdient, was gleich passieren wird.“
„Ich habe vor gar nichts Angst.“ Kaia sprach mit zwei Stimmen gleichzeitig, und beide waren heiser, bedrohlich und … messerscharf. Sie atmete ein und aus, jedes Einatmen war mühsam, jedes Ausatmen abgehackt. „Du hast ein Riesenglück, dass meine Harpyie sich standhaft weigert, dir etwas anzutun. Sonst hätte ich dich schon längst zerfleischt. Und falls du versuchen solltest, die Rute zu stehlen, nachdem ich es dir verboten habe, werde ich dich zu Wettbewerben herausfordern, die du nicht mal in deinen kühnsten Träumen gewinnen kannst. Und zwar bis in alle Ewigkeit.“
Am liebsten hätte er sie geschüttelt. Und geküsst – aber natürlich nur, damit sie endlich den Mund hielte. Verflucht noch mal, selbst in diesem Moment schrammte sie nur haarscharf an einer Herausforderung vorbei. Niederlage pirschte in seinem Schädel von einer Seite zur anderen. Sein Mund schäumte förmlich vor Lust, es mit ihr aufzunehmen. Allein die Angst vordem Verlieren hielt den Dämon davon ab, die Herausforderung anzunehmen.
Du bist derjenige, der unbedingt herkommen wollte. Du bist derjenige, der beschlossen hat, jeden umzubringen, der sie angreift. Ja, Strider hatte sich selbst in diese Situation gebracht. Irgendwie wollte er ihre Gegnerinnen ausnehmen und enthaupten, bevor sie auch nur einen einzigen Schlag gegen Kaia führen konnten. Seine Motive waren ihm klar: Er fühlte sich zu ihr hingezogen und war über alle Maßen gierig, sie zu besitzen. Aber was waren die Motive von Niederlage ? Er wusste es nicht. Warum machst du bei der Sache mit?
Gewinnen , war alles, was die Bestie erwiderte. Wie immer.
„Kapiert?“, drängte Kaia ihn, als er nicht antwortete.
In ihm machte sich Enttäuschung breit. Sie versuchte tatsächlich, ihn zu bestrafen, und irgendwie hatte er etwas Besseres von ihr erwartet. Sie mochten einander mit Worten beharken und mochten hoffnungslos voneinander fasziniert sein, aber sie waren auch Freunde. Oder jedenfalls hatte er das gedacht. Denn Freunde halfen Freunden.
Ein typisches Beispiel: Er war in Wisconsin, obwohl er eigentlich an tausend anderen Orten sein sollte.
Er wirbelte herum und starrte Bianka an. Er hatte kein Problem damit, in den eigenen Reihen zu wüten. Normalerweise. Aber mit den Harpyien war das so eine Sache. Sie waren anders als jeder oder alles, womit er bisher zu tun gehabt hatte. Sie konnten sich schneller bewegen, als das Auge es wahrnehmen konnte. Sie konnten einem anderen mit den Zähnen die Luftröhre herausreißen. Verdammt, sie konnten binnen Sekunden eine ganze Armee zerfleischen.
Es gab keine Linie, die sie nicht überschritten, keine Tat, die zu grausam war. Wenn er die Rute stehlen würde und sie ihn dabei
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