Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Herren der Zeit

Die Herren der Zeit

Titel: Die Herren der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut W. Pesch
Vom Netzwerk:
in Gwrgis Brust hineingreifen und ihm bei lebendigem Leibe das Herz herausreißen.
    Das Leuchten über Gwrgis Kopf flackerte und erlosch.
    Finsternis hüllte sie ein.
    In das Dunkel hinein erklang eine helle, klare Stimme: »Weiche hinweg, Schatten der Tiefe. Also spricht durch mich Arandur Elohim, der Hohe Elbenfürst. Weiche hinfort von meinem Diener Gwrgi, zurück in die Tiefen der Welt, aus denen du kamest.« Es war Ithúriël.
    Ein Leuchten ging von ihr aus, das seinen Ursprung in dem Ring fand, den sie an ihrem Finger trug. Es war ein kaltes Licht, doch Macht lag darin und Herrlichkeit.
    Der Schatten schrie.
    Das Licht tat ihm weh. Es brannte in seinen Augen, sofern man bei einem Wesen aus Dunkelheit von Augen reden konnte. Es fraß sich in seine Substanz wie eine Säure. Und mit jedem Stück von ihm, das verging, verging ein Teil des Ganzen.
    Der Schatten wich zurück.
    Wie das Wasser ihn hinaufgezogen hatte, trieb nun der Wind ihn hinab. Es war kein Sturm, den man körperlich spürte; es war wie jener Druck, der von der Sonne ausgeht, wenn sie ihre Strahlen in die lichtlose Schwärze des Alls entsendet. Einen flüchtigen Augenblick erfüllte der Gedanke an Widerstand das Schattenwesen, doch der Gedanke verging wie ein Flügelschlag, und dann wurde der Sturm so stark, dass jeder Widerstand zwecklos war.
    Flucht war das Einzige, was ihm noch blieb. Durch die Ritzen des Bodens, durch jede kleine Spalte, jede Röhre, jeden Kamin, der sich ihm auftat, suchte sich der Schatten seinen Weg. Und wenn der Weg nicht breit genug war, verbreiterte er ihn, ohne Rücksicht, ohne Gnade, beseelt nur von dem einzigen Gedanken, der Gegenwart dieses brennenden Lichts zu entfliehen, zurückzufinden in die Sicherheit der Tiefe.
    Tiefer und tiefer ging der Sturz, vorbei an den donnernden Wassern, bis selbst die Wucht der Elemente zur Ruhe gekommen war und in den Tiefen der Welt der Wind zum Schweigen kam.
    Dann war nichts mehr außer Dunkelheit und Stille.
    Wieder standen sie in Finsternis da.
    Gwrgi wimmerte leise vor sich hin. »Gwrgi Angst. Gwrgi mitkommen.«
    »Er redet ja wie ein Bolg«, staunte Gorbaz.
    Doch Ithúriël war schon bei ihm. Mit unfehlbarer Sicherheit hatte sie selbst in der absoluten Schwärze, die sie umgab, zu Gwrgi gefunden. »Ich lasse dich nicht im Stich«, sagte sie und wiegte ihn in den Armen. »Du brauchst keine Angst zu haben.«
    »Burin!«, rief Gilfalas. »Wo bist du? Wenn hier irgendwo der Ort ist, zu dem wir wollten, dann musst du ihn für uns finden.«
    Aus der Finsternis kam keine Antwort. Dann sah Aldo, dessen Augen die schärfsten waren, ein rotes Glimmen vor ihnen. Es war so matt, dass es ihm erst auffiel, als er Burins Umriss erkannte, der sich schwarz dagegen abhob.
    Er stand vor einem gewaltigen Portal, umgeben von einem steingehauenen Rahmen, in dem als Relief Zeichen der Macht abgebildet waren: Amboss und Krone, Kelch und Schwert und viele andere mehr. Auf dem linken Torflügel, erkannte Aldo, war das Zeichen eingraviert, das er bereits kannte: die Glyphe Meister Fregorins. Das Zeichen auf der rechten Seite sagte ihm nichts, aber Burin schien es zu kennen, denn er bedeckte es mit der Hand, wie um es zu verbergen.
    An dieser Hand steckte ein Ring, der Ring aus Burins Haus; er war es, der jenen Schein verströmte, rot wie Feuer. Und in diesem feurigen Licht taten sich die mächtigen Türflügel auf und gaben den Blick auf den dahinterliegenden Raum frei.
    »Was uns hier erwartet«, sagte Burin, wie im Traum, »weiß ich nicht. Aber hier wird uns die Lösung des Rätsels zuteil werden, das spüre ich.«
    Sein Haupt war immer noch von der Kapuze bedeckt, die er sich über den Kopf gezogen hatte, um den toten Fregorin zu ehren. Die Halle vor ihm lag im Dunkeln da. Gilfalas folgte ihm über den spiegelnden Boden. Ithúriël musste Gwrgi stützen, da er es aus eigener Kraft nicht geschafft hätte. Aldo konnte nur noch mit großen Augen auf die Wunder starren, die sich ihm auftaten. Mit unbewegtem Gesicht, wie immer, bildete der Bolg den Schluss.
    In der Mitte des Raumes blinkte es tintig aus einem nachtschwarzen Pfuhl.
    Licht flammte auf, erstrahlte ringsum aus verborgenen Quellen im Boden, klar wie Kristall, füllte die Kuppel zu ihren Häupten und riss das Podest an der Stirnseite aus der Dunkelheit.
    Und Aldo sah.
    Er befand sich in einem kreisrunden Saal, vielleicht dreißig Schritt durchmessend, der mit einer Kuppel überwölbt war. Die Kuppel lastete auf einem steingehauenen Gesims mit

Weitere Kostenlose Bücher