Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Herren der Zeit

Die Herren der Zeit

Titel: Die Herren der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut W. Pesch
Vom Netzwerk:
Der blaugrüne Gletschersee war wie eine giftige Lache, und die Moränen, die ihn säumten, wanden sich wie Schlangen.
    »Hier«, sagte Bregorin, »da sind Spuren.«
    Sie sahen es deutlich im schlammigen Geröll: Spuren von zwei verschiedenen Paar Füßen, das eine mit breit gespreizten Zehen, das andere klein und schmal, mit Stiefelabdrücken. Eine dritte, ebenso kleine Spur verlief ein Stück weiter unterhalb, um sich am oberen Rand der Moräne mit den anderen zu treffen.
    »Gwrgi und Kim«, stellte Fabian fest.
    »Und Aldo, steht zu vermuten«, fügte Burin hinzu.
    »Aber wie sind sie von dort aus weitergelangt?«, wunderte sich Gilfalas.
    »Es heißt«, sagte Herr Bregorin, »es führe ein Weg durch den Gletscher hindurch, doch man brauche einen guten Führer dazu. Der Weg ist voller Gefahren, und kein Zwerg, von dem ich weiß, ist bislang so tollkühn oder verzweifelt gewesen, ihn zu gehen.«
    »Sie hatten den besten Führer, den man sich denken kann«, meinte Ithúriël leise. »Einen, dem ich überallhin folgen würde, bis ans Ende der Zeiten.«
    »Ihr meint … den Gnom?«
    »Gwrgi.«
    »Und dennoch …« Zweifelnd wandte er sich dem Eisfeld zu. Die Felsen dahinter lagen noch in Düsternis, doch mit jedem Herzschlag, der verstrich, wurde die Sicht klarer. Und plötzlich, als ein erster Lichtstrahl hinüberstrich, blinkte ganz in der Ferne etwas auf, einen Moment nur und nur bei diesem Sonnenwinkel zu erkennen.
    »Das Tor!«
    Gilfalas hatte es gerufen, doch sie sahen es alle. Und während sie noch standen und starrten, verdunkelte sich plötzlich der ferne Lichtpunkt.
    »Es öffnet sich«, stellte der Elbe fest. »Sie haben es also geschafft.«
    Sie warteten eine Weile in Schweigen, bis das ferne Blinken verkündete, dass das Tor sich wieder geschlossen hatte. Dann war die Sonne weitergewandert, und der letzte Hinweis verschwunden, dass es dort noch etwas anderes gab als Fels und Eis.
    »Und was machen wir nun?«, fragte Burin, um gleich selbst die Antwort zu geben: »Wir können unseren Freund nicht einfach in sein Verderben laufen lassen; meint ihr nicht auch?«
    »Ich denke, dass wir nicht dazu hier sind, eine Schlacht zu schlagen«, meinte Fabian. »Nun kann Talmond das tun, wozu er geboren wurde: ein Held werden.«
    Und Gilfalas fügte hinzu: »Und vergesst eines nicht, meine Freunde: Wie hat Gwrgi gesagt, als die prophetische Sicht ihn erfüllte? ›Keine Rettung … ohne den Ring.‹«
    Fabian sah ihn scharf an. »Dann meinst du, wir hätten vielleicht doch noch etwas zu tun, bevor die Dunkelheit weicht?«
    »Wir werden es nie erfahren, wenn wir es nicht versuchen«, meinte Burin.
    »Aber wie gelangen wir dorthin?«
    »Ich werde euch führen«, sagte da Ithúriël. Sie wandten sich um. »Meine Aufgabe hier ist erfüllt. Ich kann euch zwar nicht durch das Eis führen, aber ich kenne den langen Weg, der über die Berge geht. Ich werde ihn wiederfinden.«
    So wurde es beschlossen. An der Hütte nahmen sie Abschied von Herrn Bregorin und den anderen, vor allem aber von Gorbaz, der inzwischen ohne seine Leibgarde keinen Schritt mehr gehen konnte.
    Burin ließ sich davon nicht beirren. »Ich werde dich vermissen, mein dicker Freund«, sagte er. »Aber das ist kein Grund, jetzt sentimental zu werden.«
    »Ich bin nicht dick«, knurrte Gorbaz, »zumindest für einen Bolg. Dir aber wünsche ich eine Frau, die dich so gut bekocht, dass du ein wirklich dicker Zwerg wirst.«
    »Dein Wort in der Meisterin Gehörgang«, meinte Burin, doch in seinen Augen schimmerte es verdächtig feucht.
    »Und sorget dafür, dass ihr auch den anderen Wichtel wiederbringet«, warf Talmond ein. »Er hat mir mit seinen Mären und Legenden zwar heftig wider den Stachel gelockt, aber wer weiß, was es am Ende bewirkt haben mag.«
    Doch der Hohe Elbenfürst sprach zu ihnen: »Ich glaube noch nicht, dass dies wirklich das Ende ist. Denn die Schlingen der Zeit sind vielfach gewunden, und ich habe das Gefühl, dass wir uns noch einmal begegnen werden, ehe die Schlacht sich entscheidet.«
    So wandten die drei Freunde und ihre leichtfüßige Führerin sich gen Norden, den Weg hinab, der ins Elderland führte. Nebel lag noch über den Tälern, doch die Morgensonne begann ihn hier und da bereits wegzubrennen. Aus der Ferne drang es herauf wie das Geklirr von Waffen, gleich einem ersten Widerhall der Schlacht, die dort bevorstand.
    An der alten Brücke bogen sie vom Weg ab und zogen über das Hochplateau, das jenseits davon lag, in Richtung des

Weitere Kostenlose Bücher