Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Herren der Zeit

Die Herren der Zeit

Titel: Die Herren der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut W. Pesch
Vom Netzwerk:
dass du weiterkommst. Ich bringe ihn mit.«
    Zum Glück war der Tunnel hier so breit, dass sie zu zweit nebeneinanderher laufen konnten. Das Donnern der Flut war wie ein fernes Geräusch in ihrem Nacken, doch eines, das mit rasender Geschwindigkeit näher kam. Wenn es sie erreichte, würden sie in dieser geschlossenen Röhre nicht die geringste Chance haben.
    Plötzlich gabelte sich vor ihnen der Tunnel. Zur Rechten stieg er unmerklich bergan, zur Linken führte er ebenso sanft weiter nach unten.
    Ithúriël wollte sich nach rechts wenden, doch Gwrgi begann in Burins Griff zu zappeln und sich zu winden. Mit Armen, Beinen und allen Gesten, derer er fähig war, zeigte er in den linken Gang.
    Also rannte sie nach links. Nach vielleicht zwanzig Schritten machte der Gang eine Biegung, und vor ihr öffnete sich der Abgrund. Ein Loch, fast auf der gesamten Breite des Ganges, das in ein tiefer liegendes Höhlensystem hinabführte. Nur am linken Rand war ein schmaler, bröckelnder Steg stehen geblieben. Leichtfüßig huschte Ithúriël hinüber.
    Gilfalas folgte ihr, kaum dass sie drüben war. Burin, mit Gwrgi im Arm, hatte schon mehr Schwierigkeiten, aber er war ein erfahrener Bergsteiger und krallte sich mit dem freien Arm in die Wand, als gelte es, eine Steilwand zu erklimmen.
    Aldo warf einen Blick zurück. Die schäumende Flut hatte bereits die Weggabelung erreicht. Ein Teil schwappte in den anderen Gang, aber das Wasser stand unter solchem Druck, dass es fast ungehindert weiterschoss. Gehetzt wandte er sich wieder um. Der Steg, der über den Abgrund führte, war erschreckend schmal. Jeder Fehltritt würde einen unweigerlich in die Tiefe reißen.
    Er trat auf den schmalen Sims hinaus, die Arme an die Felswand gepresst. Der Wind zerrte an seinen Kleidern, ein Sog, durch den Druck des heranschießenden Wassers verursacht, der mit jedem Augenblick stärker wurde. Weiter, nur nicht stehen bleiben! Sein Rucksack war schwer wie Blei. Noch einen Schritt …
    Das Felsband unter seinen Füßen bröckelte, und er warf sich nach vorn. Hilfreiche Hände packten ihn und zerrten ihn aus den Klauen des Abgrunds, halfen ihm auf festem Grund. Im Fallen drehte er sich um und blickte zurück.
    Fünf Schritte vor dem gähnenden Loch in der Tiefe stand Gorbaz.
    Und fünf Schritte hinter ihm raste die Flutwelle heran.
    »Spring, Gorbaz!«
    Zwei, drei mächtige Sätze brachten den Bolg heran. Mit einem gewaltigen Tritt stieß er sich ab. Und flog.
    Der heulende Abgrund zerrte an ihm und riss ihn hinab. Er würde es nicht schaffen, niemals. Mit einem letzten Willensakt warf Gorbaz die Arme nach vorn. Seine Finger griffen die Kante. Der mächtige, ungeschlachte Körper schleuderte gegen die Felswand. Muskeln und Sehnen ächzten unter dem Aufprall. Aber er ließ nicht locker. Die Zähne gebleckt, die Augen weit aufgerissen, zog er sich Innch um Innch empor. Gilfalas und Burin lagen bereits auf dem Boden, packten seine Unterarme. Doch dies war kein Halbling, den man mühelos hochhieven konnte. Dies war ein ausgewachsener Bolg, sicherlich seine zweihundert Ffund schwer, ein Gewicht von zwei Zentnersäcken. Die Felskante bröckelte unter dem Gewicht, die Finger rutschten.
    Dann war die Welle heran. Mit Macht brach sie sich Bahn. Von dem Druck in den Abgrund gesaugt, rauschte sie nieder, schlug gegen die Wand, an der Gorbaz hing, und der Rückschwall hob ihn empor.
    »Jetzt!«
    Eine gemeinsame Kraftanstrengung, und Gorbaz war frei. Und dann war die Welle, die selbst der saugende Schlund nicht völlig aufnehmen konnte, über ihnen und schwemmte sie alle hinweg, ohne Ansicht der Person, ob Elbe, Ffolksmann oder Zwerg, Bolg oder Sumpfling, in einem tosenden Schwall von Wasser, durch den sich weitenden Tunnel, bis sich der Strom über fallende Stufen ergoss, wo er von Terrasse zu Terrasse an Kraft verlor und schließlich mit einem Sickern verebbte.
    Dann war es still bis auf das Rauschen und Gurgeln des Wassers hinter ihnen und das Spucken und Husten der Gefährten in der Dunkelheit.
    Denn es war dunkel. Der Wasserschwall hatte den letzten Rest des Glitzerstaubs aufgesogen, und von nirgendwoher kam ein Licht. Und ohne Licht ist es sehr dunkel unter dem Berg; stockfinster, genau gesagt, mit nicht einmal einem Schimmer von Sternenlicht, das einem sagen könnte, wo oben oder unten ist.
    »Wo sind wir?«, fragte Ithúriël aus der Dunkelheit.
    »Ich weiß es nicht«, antwortete Burins tiefer Bass. »Ich fürchte, ich habe die Orientierung verloren.«
    »Ich

Weitere Kostenlose Bücher