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Die Herren der Zeit

Die Herren der Zeit

Titel: Die Herren der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut W. Pesch
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aufgerichtet zwischen ihnen stand und die Huldigung entgegennahm – war das Gwrgi?
    Dann eine schwarze Hand, die sich nach dem schlagenden, zuckenden Herzen eines der Wesen ausstreckte, um es ihm aus der lebenden Brust zu reißen …
    Mit einem Schrei wachte er auf.
    Fabian war sofort hellwach. »Kim, was ist?«
    Seine Stimme war rau wie Asche, und seine Kehle schmerzte. »Nichts. Ich habe nur schlecht geschlafen.«
    Es war schon später, als sie gedacht hatten. Der Himmel war bereits grau gefärbt, die Berge im Osten ein schwarz gezackter Schattenriss vor dem heller werdenden Himmel. Von Westen blies ein kalter, stetiger Wind, doch hinter ihnen, auf den Bollwerken des dunklen Feindes, lag die Luft schwer, fast stickig trotz der Kühle. Das Land ringsum war trostlos und düster. Zwischen den Hügeln ragten immer wieder rissige Wälle empor, taten sich Schroffen und kreisförmige Schlünde auf, umrahmt von felsigem Gestein. Fast erschien es so, als hätte ein Riese zu der Zeit, als dieses Land noch fruchtbarer Ackerboden war, gewaltige Felsbrocken in die feuchte Muttererde geschleudert, deren aufgebrochene Wunden daraufhin zu Felsformationen erstarrt waren. Ein solches Land bot gute Deckung, wenn einer nicht erspäht werden wollte, aber für einen Hungrigen und Durstigen, der noch weit zu gehen hatte, war es ein Land ohne Gnade.
    »Nimm einen Stein in den Mund«, sagte Fabian zu Kim. »Das lenkt vom Durst ab/zumindest für eine gewisse Zeit. Und irgendwann finden wir hoffentlich eine Quelle.«
    Also machten sie sich auf gen Süden. Langsam nahm das Licht zu, bis es klarer wurde. Es dauerte nicht lange, da konnten die beiden Wanderer die Landschaft im Umkreis von einigen Meilen erkennen. Das Land war karg und baumlos; Hügel reihte sich an Hügel, aber es waren nicht die geschwungenen, grasbewachsenen Kuppen, an die Kim sich erinnerte. Dies war ein trockenes, trostloses Land aus Steinen. Und hinter jedem Stein schien ein Schatten zu lauern, der ihnen folgte.
    Von der Spitze eines Feldbergs aus konnten sie einen Teil jenes Netzes aus Straßen erkennen, die sich zwischen den Hügeln entlangzogen. Staub wallte davon auf, von den Karawanen und Wagenzügen, die sich darüberwälzten, alle beladen mit Gütern und Baumaterial für die große Feste im Norden. Hier und da an den Kreuzungen sah man Hütten und niedrige, schmutzigbraune Gebäude und ein Gewimmel von Leuten. Eine große, breite Straße führte dort nach Südwesten, und auf ihr eilten viele Reihen kleiner Gestalten einher. Dahinter blinkte es auf wie von einem Fluss.
    »Das muss der Eider sein«, sagte Kim. »Und das davor die große Nordstraße. Ich wusste nicht, dass wir so weit nach Osten abgekommen sind.«
    »Du vergisst«, entgegnete Fabian, »dass dies nicht das Elderland ist, wie du es kennst. Die Hügel deiner Heimat liegen tief unter diesem Gestein. Damals, als die Feste der Schatten fiel – in der Vergangenheit jener Welt, aus der du kamst –, da wurde dieses ganze öde Land hinweggefegt, damit nur noch der reine, jungfräuliche Grund übrig blieb, reif für eine neue Besiedlung. Den großen Wasserfall des Ander, wo der Fluss über die Stufe tief hinab ins Tal stürzt, den werden wir hier nicht finden.«
    »Ich hoffe, wir finden überhaupt Wasser«, knurrte Kim.
    Doch sein Herz sagte ihm, dass Fabian recht hatte. Dieses Land war ihm fremd, ja, feindlich gesonnen; er hatte die ganze Zeit das Gefühl, dass er es eigentlich wiedererkennen müsste, aber da war nichts, was ihn mit diesen kahlen, schroffen Hügeln verband.
    Und auch seinem Verstand wurde nun so manches klar, wenn er ihn nur anwandte, wie man es ihn gelehrt hatte: Natürlich war diese Felslandschaft nicht so fruchtbar wie das Auenland der Ffolksleute; dafür lag sie in diesen nördlichen Regionen viel zu hoch, als dass Humus und Pflanzenwuchs sich dort hätten ansiedeln können, wo die Stürme des Herbstes und des Winters Frost jedes Leben abtöteten. Nur in den geschützten Tälern, wo die Macht des Windes selbst in den rauen Jahreszeiten nicht hinreichte, wuchsen Krüppelkiefern und dorniges Strauchwerk und hier und da harte, ledrige Gräser. Das Leben ließ sich nicht ganz unterkriegen, selbst hier nicht, aber es hatte Tag für Tag zu kämpfen, um sich zu behaupten, und da reichte es nicht dafür, auch noch einen Sinn für Schönheit zu entwickeln.
    Hier, in dieser unwirtlichen Landschaft, eine Stadt zu bauen, gar solch eine riesige Festung mit mächtigen Mauern und Wehrgängen, die

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