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Die Herren des Geldes: Wie vier Bankiers die Weltwirtschaftskrise auslösten und die Welt in den Bankrott trieben (German Edition)

Die Herren des Geldes: Wie vier Bankiers die Weltwirtschaftskrise auslösten und die Welt in den Bankrott trieben (German Edition)

Titel: Die Herren des Geldes: Wie vier Bankiers die Weltwirtschaftskrise auslösten und die Welt in den Bankrott trieben (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liaquat Ahamed
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Tag in engem Kontakt mit den Chefs der wichtigsten New Yorker Banken.
    Die großen Geschäftsbanken des Landes waren mit einem eventuell existenzbedrohenden Schlag konfrontiert. Viele der größten Händler an der Wall Street, vor allem die Poolmanager, hielten gigantische gehebelte Positionen am Aktienmarkt, die mit Brokerkrediten finanziert wurden – in einigen Fällen im Volumen von 50 Millionen Dollar, die teilweise von den Banken gekommen waren. Die Gefahr war, dass die Broker, sollte der Markt fallen, um ihre Kredite zu retten, die Aktien, die sie als Sicherheit hielten, zu jedem Preis auf den Markt werfen würden, was weitere Kursrückgänge auslösen und den Teufelskreis des Verkaufens intensivieren würde.
    Da er am Tag zuvor vom Federal Reserve Board zurückgewiesen worden war, nahm Harrison die Sache nun selbst in die Hand. An diesem Abend waren die Bankiers der Wall Street zu einem Dinner zu Ehren Winston Churchills im Haus Bernard Baruchs in der Fifth Avenue eingeladen. Trotz der Ereignisse an diesem Tag waren sich die Bankiers allgemein einig, dass die Aktien jetzt unterbewertet seien. Mitchell erntete sogar einen Lacher, als er bei seinem Toast auf den britischen Besucher die Anwesenden als »Freunde und ehemalige Millionäre« begrüßte.
    Unten in der Wall Street leuchteten die Lichter in den Wolkenkratzern bis weit in die Morgenstunden, weil erschöpfte Angestellte und Buchhalter versuchten, ihre Bilanzen nach einem Tag unerwarteter Geschehnisse am Aktienmarkt zu erstellen. Derweil entwickelten Harrison und seine Angestellten in den Büros der Fed in der Liberty Street einen Plan, dem Bankensystem große Geldsummen zukommen zu lassen, indem man Staatsanleihen kaufte. Zum Glück blieb keine Zeit, das Board in Washington zu konsultieren. Er hatte schon Mühe genug, zwei seiner eigenen Direktoren zu erreichen und um 3.00 Uhr morgens ihr Einverständnis zu erwirken. Früh am nächsten Morgen, noch vor Eröffnung des Börsenhandels, investierte die New Yorker Fed 50 Millionen Dollar.
    An diesem Tag, der wenig originell als Schwarzer Dienstag bezeichnet wurde, ließen die Verkäufe nicht nach. Die 10 000 Menschen, die sich auch an diesem Morgen wieder versammelt hatten, standen in schweigender Ehrfurcht da. Ihnen war völlig bewusst, dass sie »Zeugen waren, wie Geschichte geschrieben wurde«, und dass sie solche Szenen wohl kaum jemals wieder sehen würden. Der anwesende Reporter der New York Times beschrieb die Wall Street an diesem Vormittag als eine Straße »geplatzter Hoffnungen, seltsam schweigender Beklommenheit und paralysierter Hypnose.« Churchill suchte sich diesen Tag aus, um die Börse zu besuchen und wurde hineingebeten, um Zeuge der Szenerie zu werden. Obwohl er massiv am Markt investiert hatte und über 50 000 Dollar verlor, den größten Teil seiner Ersparnisse, scheint er auf diese Wendung des Schicksals recht philosophisch reagiert zu haben: »Niemand, der eine solche Szene sah, konnte daran zweifeln, dass diese finanzielle Katastrophe, so riesig sie sein mag und so grausam Tausende Menschen sie empfinden, nur eine vorübergehende Episode ist …« Kommissar Whalen selbst beobachtete den Markt genau. Sobald er die Kurse abstürzen sah, ließ er eine weitere Schwadron Polizisten in die Innenstadt schicken. Der Finanzdistrikt sah wie eine belagerte Stadt aus.
    Das Bankierskonsortium traf sich an diesem Tag zweimal. Lamont schlug bei seiner nächsten Pressekonferenz einen wesentlich weniger zuversichtlichen Ton an. Ihr Ziel, so erklärte er den Reportern, sei nicht die Stützung der Kurse, sondern die Aufrechterhaltung eines funktionierenden Markts. Gegen Ende des Tages hatten mehr als 16 Millionen Aktien den Besitzer gewechselt, und der Dow war um über 80 Punkte gefallen. Er hatte nun 180 Punkte oder nahezu 50 Prozent seines Werts von vor knapp sechs Wochen verloren. Es sah so aus, als lasse der Verkaufsdruck unter seiner eigenen Last nach. In den letzten 15 Handelsminuten des Tages vollzog der Markt eine kraftvolle Erholung von 40 Punkten.
    Im Lauf des Tages hatte die New Yorker Fed weitere 65 Millionen Dollar in den Markt gesteckt. Das Board, vor allem Roy Young, war äußerst zornig, als man später an diesem Tag von Harrisons Eigenmächtigkeit und Initiative erfuhr. Dass er sich zuvor nicht das Einverständnis Washingtons gesichert hatte, war ein klarer Verstoß gegen das übliche Protokoll. Auf Youngs Tadel antwortete Harrison, einen solchen Notfall habe es noch nie gegeben, die

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