Die Herren des Geldes: Wie vier Bankiers die Weltwirtschaftskrise auslösten und die Welt in den Bankrott trieben (German Edition)
Englewood und wurde Schatzmeister des dortigen Hospitals. Dort lernte er Davison kennen.
In späteren Jahren, als Davison zu einem der wichtigsten Männer im Bankwesen geworden war, erzählte man sich an der Wall Street, der Weg zu Ruhm und Reichtum beginne im Zug, der um 8.22 Uhr von Englewood nach New York fuhr, und den Davison jeden Vormittag benutzte. Wenn man ihn kennenlernte und er einen mochte, so hieß es, dann war man ein gemachter Mann. Wie in jedem Mythos steckte auch in diesem ein Körnchen Wahrheit. Zwei von Davisons späteren Partnern, Thomas Lamont und Dwight Morrow, wurden entdeckt und begannen ihre Karrieren an der Wall Street, weil sie Davisons Nachbarn waren. 1904 bot Davison Strong einen Job als Sekretär bei der Bankers Trust Company an, bei deren Gründung er im Jahr zuvor mitgewirkt hatte.
Strong verdankte Davison mehr als nur seine Karriere. Im Mai 1905, während er außer Haus bei der Arbeit war, griff seine Frau Margaret, die offenbar nach der Geburt ihres vierten Kindes an einer Depression litt und kurz zuvor aus einem Sanatorium in Atlantic City entlassen worden war, zu einem Revolver, den sich die Strongs kurz zuvor wegen einiger Einbrüche in der Nachbarschaft angeschafft hatten, und erschoss sich. Im folgenden Jahr starb Strongs älteste Tochter an Scharlach. Sofort nahmen die Davisons die drei anderen Kinder Strongs – Benjamin Jr., Philip und Katherine – in ihr Haus auf.
Nach zwei Jahren als Witwer heirate Strong 1907 ein zweites Mal, wobei manche Leute dies für unangemessen schnell hielten. Seine neue Frau, Katharine, ein schüchternes, 18 Jahre altes Mädchen, das 17 Jahre jünger war als er, war die Tochter von Edmund Converse, dem extrem reichen Präsidenten von Bankers Trust und langjährigem Partner Pierpont Morgans. Henry Davison war Trauzeuge, und das neue Paar zog aus Englewood auf das Gut der Familie Converse in Connecticut, wo Katharine in der Nähe ihrer Familie leben konnte.
Einige Monate später, im Oktober 1907, wurden die USA von einer schweren Finanzkrise erschüttert. Wie viele andere vor ihr begann auch diese Panik mit einem gescheiterten spekulativen Manöver. Einige skrupellose Leute hatten versucht, ein Corner im Markt für eine bestimmte Kupferaktie aufzubauen. Aber sie scheiterten, und einer von ihnen, der Präsident einer Bank aus Brooklyn, soll dabei 50 Millionen Dollar verloren haben. Der größte Teil des Geldes war geborgt, und daher setzte ein Ansturm auf seine Bank ein. Ende Oktober hatte die Angst die ganze City infiziert, und es gab Anstürme auf verschiedene Banken in ganz New York, darunter auch die Knickerbocker Trust Company, die drittgrößte Bank der Stadt.
Die USA waren damals die einzige bedeutende Wirtschaftsmacht ohne Zentralbank. Während seiner gesamten Geschichte hatte das Land eine ungewöhnlich ambivalente Einstellung zur Institution einer Zentralbank gezeigt. Während die Finanziers an der Ostküste, die Geld verliehen, sich dafür stark machten, das monetäre System des Landes einer einzigen Bank zu übertragen, gab es vor allem seitens der Farmer, die Kredite aufnahmen, auch viel Unterstützung für das Argument, es sei irgendwie unamerikanisch und undemokratisch, einer einzigen Institution derartige Macht zu übertragen. Wegen dieser fundamentalen Uneinigkeit war die Bankpolitik in den USA von einem Extrem zum anderen geschwankt.
1791 hatte Alexander Hamilton als Leiter des Schatzamts die erste Zentralbank des Landes geschaffen, die First Bank of the United States. Deren Einfluss war allerdings nicht besonders groß, weil es damals im ganzen Land nur noch vier weitere Banken gab. 1811 lief die Konzession der First Bank aus. 1816 startete das Land einen erneuten Versuch und gründete die später so benannte Second Bank of the United States. 1836 dachte man wieder einmal über dieses Thema nach, und unter Präsident Andrew Jackson wurde die Konzession der Bank nicht verlängert. In den nächsten gut 70 Jahren überlebten die USA ohne Zentralbank und prosperierten sogar, allerdings um den Preis eines primitiven, fragmentierten und instabilen Bankensystems, das für Panikreaktionen und Krisen besonders anfällig war.
1907, als eine New Yorker Bank nach der anderen dem Ansturm der Kunden zum Opfer fiel und es immer noch keine Zentralbank gab, an die man sich hätte wenden können, wandte sich die Finanzgemeinde an J. Pierpont Morgan, den herausragenden Bankier seiner Generation. Er hatte mehr Paniken erlebt als jeder andere
Weitere Kostenlose Bücher