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Die Herren des Geldes: Wie vier Bankiers die Weltwirtschaftskrise auslösten und die Welt in den Bankrott trieben (German Edition)

Die Herren des Geldes: Wie vier Bankiers die Weltwirtschaftskrise auslösten und die Welt in den Bankrott trieben (German Edition)

Titel: Die Herren des Geldes: Wie vier Bankiers die Weltwirtschaftskrise auslösten und die Welt in den Bankrott trieben (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liaquat Ahamed
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hätte sich kein deutscher Politiker oder Offizieller mit dem Thema Reparationen profilieren können.
    8. Onkel Shylock
    Kriegsschulden
    Sei weder Schuldner noch Gläubiger;
mit Krediten verliert man oft sich selbst und den Freund.
    William Shakespeare, Hamlet
    das Problem, die Reparationen aus Deutschland einzutreiben, wurde durch die Kriegsschulden, die gegenüber den USA bestanden, noch wesentlich komplizierter. Großbritannien war als »Bankier der Welt« in den Krieg gezogen und kontrollierte über 20 Milliarden Dollar an ausländischen Investitionen. Kein anderes Finanzzentrum – weder Paris noch Berlin und ganz sicher nicht New York – konnte Londons Stellung als Mittelpunkt des weltweiten Finanzwesens auch nur annähernd gefährden. Durch London flossen zwei Drittel der Handelskredite, die den Güterstrom rund um den Globus ermöglichten und die Hälfte aller langfristigen Investitionen auf der Welt – über 500 Millionen Dollar pro Jahr. Frankreich war zwar nie eine derart dominante Finanzmacht gewesen, aber es hatte ebenfalls neun Milliarden Dollar im Ausland angelegt, wovon erstaunliche fünf Milliarden Dollar in Russland investiert waren.
    Um für die vier langen und zerstörerischen Jahre zu bezahlen, die gerade vergangen waren, musste jedes europäische Land möglichst umfangreiche Kredite aufnehmen, wo auch immer dies möglich war. Das Ergebnis war eine seismische Verschiebung des Kapitalflusses rund um die Welt. Großbritannien und Frankreich waren gezwungen, riesige Teile ihrer Auslandsinvestitionen zu liquidieren, um wichtige Rohstoffimporte finanzieren zu können. Beide mussten schließlich hohe Kredite bei den USA aufnehmen. Am Ende des Krieges schuldeten die alliierten Mächte Europas – insgesamt 16 Länder – den Vereinigten Staaten etwa zwölf Milliarden Dollar, darunter Großbritannien knapp fünf und Frankreich vier Millionen. Andererseits schuldeten 17 Länder Großbritannien ungefähr elf Milliarden Dollar, darunter Frankreich drei Milliarden und Russland 2,5 Milliarden. Letztere waren wegen der bolschewistischen Revolution praktisch nicht mehr einzutreiben.
    Am Beginn der Pariser Friedenskonferenz versuchten sowohl die Briten als auch die Franzosen, die Reparationen an ihre Kriegsschulden zu koppeln. Das zeigte an, dass sie ihre Forderungen vielleicht senken würden, wenn die USA ihrerseits bereit wären, ihnen einen Teil ihrer Schulden zu erlassen. Die USA reagierten scharf und bestanden darauf, beide Themen müssten getrennt behandelt werden. Die amerikanischen Delegierten, darunter viele Juristen wie Staatssekretär Robert Lansing vollzogen eine klare moralische und juristische Unterscheidung zwischen Reparationen, die einer Strafe ähnelten und wehtun sollten, und Kriegsschulden, bei denen es sich um gegenseitige Verpflichtungen auf freiwilliger Basis handelte, die die europäischen Alliierten eingegangen waren. Die Europäer hatten eine weniger juristisch geprägte Sichtweise; sie konnten keine moralischen oder praktischen Unterschiede zwischen ihren Verpflichtungen gegenüber den USA und Deutschlands Verpflichtungen ihnen selbst gegenüber erkennen. Beide waren belastend und bedeuteten materielle Opfer über mehrere Generationen.
    Gegen Ende der Friedenskonferenz beschloss Maynard Keynes, der über den Verlauf der Verhandlungen besorgt war, auf eigene Initiative einen umfassenden Plan für die finanzielle Rekonstruktion Europas zu entwerfen. Die Reparationen sollten auf fünf Milliarden Dollar festgelegt werden. Deutschland sollte sie in Form langfristiger Anleihen an die Alliierten bezahlen, die sie wiederum zur Begleichung ihrer Kriegsschulden an die US-Regierung weiterreichen sollten. Alle anderen Verpflichtungen sollten gestrichen werden. Das war ein kluger Plan. Im Prinzip sollte die amerikanische Regierung Deutschland Geld leihen, das dann zur Bezahlung der Reparationen an die Alliierten fließen sollte. Diese wiederum könnten damit ihre Schulden begleichen. Das Geld würde in den USA mit ihren enormen Goldvorräten zu fließen beginnen und dann in einem vollständigen Kreislauf dorthin zurückströmen.
    Keynes legte den Plan Finanzminister Austen Chamberlain vor, der ihn Lloyd George empfahl. Der Premierminister erhielt Keynes’ Plan genau dann, als er das Ausmaß seiner taktischen Fehler beim Thema der Reparationen zu verstehen begann und legte ihn, mit einem kurzen Ausbruch der Begeisterung, Präsident Wilson vor. Der Plan wurde von den amerikanischen Delegierten

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