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Die Herren des Nordens

Titel: Die Herren des Nordens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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beobachteten. Kjartans Leute trieben ihre Pferde an, um mich auf der Straße abzufangen, doch sie zeigten keinerlei
     Besorgnis. Warum auch? Ich schien ein Däne zu sein, ich war allein, und sie waren viele, und mein Schwert steckte in seiner
     Scheide. «Wer von euch ist Rolf?», rief ich beim Näherkommen.
    «Das bin ich.» Ein Mann mit schwarzem Bart lenkte sein Pferd auf mich zu. «Und wer bist du?»
    «Ich bin dein Tod», antwortete ich, zog Schlangenhauch, |348| drückte meinem Hengst die Fersen in die Seiten, und er galoppierte los. Rolf war immer noch dabei, sein Schwert zu ziehen,
     als ich an ihm vorbeidonnerte, weit mit Schlangenhauch ausholte und die Klinge durch seinen Hals fahren ließ, sodass sein
     Kopf und sein Helm nach hinten flogen, auf die Straße fielen und unter die Hufe meines Pferdes rollten. Ich lachte. Die Freude
     an der Schlacht überkam mich. Drei Männer waren vor mir, und keiner von ihnen hatte schon sein Schwert gezogen. Sie starrten
     einfach nur voller Entsetzen von mir zu Rolfs kopflosem Rumpf, der im Sattel schwankte. Ich griff den mittleren Mann an, indem
     ich mit meinem Pferd seines wegdrängte, ihm mit der flachen Seite meiner Klinge einen heftigen Schlag versetzte, und schon
     war ich an Kjartans Männern vorbei, und die Festung lag vor mir.
    Fünfzig oder sechzig Männer waren am Eingang der Festung aufgezogen. Nur die wenigsten von ihnen waren beritten, doch fast
     alle hatten Schwerter oder Speere. Unter ihnen erkannte ich Guthred, seine hellen Locken glänzten in der Sonne. Und neben
     ihm war Gisela. Ich hatte in diesen langen Monaten an Sverris Ruder so oft versucht, mir ihr Gesicht vor Augen zu rufen, und
     immer war ich daran gescheitert. Doch mit einem Mal waren mir ihr breiter Mund und ihr kühner Blick wieder ganz vertraut.
     Sie trug ein weißes Leinengewand, das mit einer Silberkette gegürtet war, und auf ihrem Haar, das sie zu einem Knoten geschlungen
     trug, weil sie verheiratet war, saß eine leinene Haube. Sie hatte ihre Hand auf den Arm ihres Bruders gelegt, und Guthred
     starrte einfach nur auf die seltsamen Geschehnisse, die sich vor seiner Zuflucht abspielten.
    Zwei von Kjartans Männern hatten mich verfolgt, während die anderen ziellos herumhasteten, verwirrt vor Entsetzen |349| über Rolfs Tod und das unerwartete Auftauchen von Ragnars Kriegstruppe. Ich wandte mich zu meinen Verfolgern und riss mein
     Pferd dabei so heftig herum, dass sich seine Hufe in den Schlamm gruben und sich die beiden Krieger vor Schreck zurückzogen.
     Ich ritt hinter ihnen her. Einer war zu schnell, aber der andere hatte ein schwerfälliges Pferd, und als er den Hufschlag
     meines Hengstes hinter sich hörte, holte er in einem verzweifelten Versuch mich abzuwehren mit seinem Schwert nach hinten
     aus. Ich fing die Klinge mit meinem Schild ab und stieß dem Mann Schlangenhauch in den Rücken, sodass er sich krümmte und
     schrie. Dann zog ich Schlangenhauch wieder frei und hieb ihn dem Mann ins Gesicht. Er fiel aus dem Sattel, und ich ritt einen
     Kreis um ihn, mein Schwert rot von seinem Blut, und dann nahm ich meinen Helm ab und trabte wieder zurück zur Festung.
    Ich prahlte. Natürlich prahlte ich. Einer gegen sechzig? Aber Gisela sah zu. In Wahrheit schwebte ich nicht in Gefahr. Die
     sechzig Männer waren nicht kampfbereit gewesen, und falls sie mich jetzt angriffen, könnte ich mich zu Guthreds Männern retten.
    Aber Kjartans Männer verfolgten mich nicht. Sie waren zu sehr mit Ragnars Auftauchen beschäftigt. Also achtete ich nicht weiter
     auf sie und ritt stattdessen zu Guthred und seinen Männern.
    «Habt ihr vergessen, wie man kämpft?», schrie ich sie an. Guthred beachtete ich nicht. Ich beachtete nicht einmal Gisela,
     obwohl ich meinen Helm abgenommen hatte, damit sie mich erkennen sollte. Ich wusste, dass sie mich nicht aus den Augen ließ.
     Ich spürte ihre dunklen Augen auf mir, und ich spürte ihr Erstaunen, und ich hoffte, dass es ein freudiges Erstaunen war.
     «Sie alle müssen sterben!», rief ich und deutete mit meinem Schwert auf Kjartans |350| Männer. «Jeder einzelne von diesen Bastarden muss sterben, also kommt raus und tötet sie!»
    In diesem Moment griff Ragnar an, und man hörte den Zusammenprall von Schilden und das Klirren von Schwertern und die Schreie
     von Männern und von Pferden. Kjartans Männer liefen auseinander, und da ihnen der Fluchtweg nach Osten abgeschnitten war,
     versuchten einige verzweifelt, in Richtung Westen zu

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