Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Herren des Nordens

Titel: Die Herren des Nordens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
Vom Netzwerk:
Hügel führen sollte. «Wir haben in Eoferwic keine Feinde», erklärte er, «doch haben wir viele Gegner, die unser Land
     angreifen werden, während wir unterwegs sind.» Die meisten anderen Dänen murmelten zustimmend.
    Aber Eadred kannte seine Zuhörer. «In Eoferwic liegen große Reichtümer», sagte er.
    Diese Vorstellung gefiel Ulf, dennoch blieb er zurückhaltend. «Reichtümer?», fragte er.
    «Silber», sagte Eadred, «und Gold und Juwelen.»
    «Und Frauen?», fragte ein Mann.
    «Eoferwic ist ein Sündenbabel», verkündete Eadred, |103| «ein Spielplatz des Teufels und voller wollüstiger Frauen. Eine Stätte des Bösen, die von einer heiligen Streitmacht gereinigt
     werden muss.» Die Mienen der meisten Dänen heiterten sich bei der Vorstellung von wollüstigen Frauen auf, und niemand erhob
     mehr Einspruch gegen den Vorschlag, Eoferwic anzugreifen.
    Wenn die Stadt erst einmal eingenommen war – ein Kunststück, das Eadred für selbstverständlich hielt   –, sollten wir nordwärts weiterziehen, und die Männer von Eoferwic, so behauptete der Abt, würden unsere Reihen verstärken.
     «Kjartan der Grausame wird sich uns nicht entgegenstellen», erklärte Eadred, «denn er ist ein Hasenfuß. Er wird seiner Natur
     folgen, sich in seine Festung zurückziehen und wie eine Spinne in ihrem Netz hocken bleiben, und dort lassen wir ihn sitzen,
     bis der Tag kommt, an dem wir ihn schlagen werden. Und Ælfric von Bebbanburg wird uns nicht bekämpfen, denn er ist christlichen
     Glaubens.»
    «Er ist ein Bastard, dem man nicht trauen kann», knurrte ich, doch Eadred beachtete mich nicht.
    «Und wir werden Ivarr niederwerfen», sagte Eadred, und ich fragte mich, wie unser zusammengewürfelter Haufen gegen Ivarrs
     Schildwall siegen sollte, doch Eadred zweifelte nicht. «Gott und der heilige Sankt Cuthbert werden für uns kämpfen», erklärte
     er, «und dann sind wir die Herren von Northumbrien, und das Haliwerfolkland des Allmächtigen wird gekommen sein, und wir werden
     zu Ehren des Heiligen Cuthbert einen Schrein errichten, der die ganze Welt in Staunen versetzt.»
    Das war es also, was Eadred eigentlich wollte: einen Schrein. Darum ging es bei diesem ganzen Wahnsinn, um einen Schrein für
     einen toten Heiligen. Nur zu diesem Zweck hatte Eadred den Sklaven Guthred zum König |104| gemacht, und nur dafür würde er nun gegen ganz Northumbrien in den Krieg ziehen. Und am nächsten Tag kamen die acht schwarzen
     Reiter.
     
    Wir hatten dreihundertvierundfünfzig Männer im kampffähigen Alter, und von diesen besaßen weniger als zwanzig ein Kettenhemd,
     und nur etwa hundert hatten einen ordentlichen Lederpanzer. Die Männer mit der Lederrüstung oder den Kettenhemden trugen fast
     alle Helme und waren mit guten Waffen, Schwertern oder Speeren ausgerüstet, während die restlichen nur Äxte, Beile, Sicheln
     und geschliffene Hacken bei sich hatten. Eadred nannte sie großspurig das Heer des Heiligen Mannes, aber wenn ich der Heilige
     Mann gewesen wäre, hätte ich mich schleunigst in den Himmel zurückgezogen und gewartet, bis eine bessere Streitmacht vorbeigekommen
     wäre.
    Ein Drittel unseres Heeres bestand aus Dänen, die anderen waren zum Großteil Sachsen, obwohl auch ein paar Britonen dabei
     waren, die sich mit den langen Jagdbögen bewaffnet hatten, mit denen sie ihren Gegnern schrecklich zusetzen können. Deshalb
     ernannte ich die Britonen zur Geleittruppe des Heiligen Mannes und hieß sie bei dem Leichnam Sankt Cuthberts bleiben, der
     uns offenbar bei unserem Eroberungsmarsch begleiten sollte. Doch sofort konnten wir ohnehin nicht losziehen, denn zunächst
     mussten wir Verpflegung für die Männer und Futter für die Pferde beschaffen, von denen wir nur achtundsiebzig besaßen.
    Und so war uns die Ankunft der schwarzen Reiter willkommen. Es waren acht, und sie ritten alle auf schwarzen oder braunen
     Pferden und hatten vier Tiere zum Wechseln dabei. Vier der Reiter trugen Kettenrüstungen und die anderen gute Lederpanzer,
     und alle waren in schwarze Umhänge |105| gehüllt, und ihre Schilde waren schwarz bemalt. Sie ritten von Osten her in Cair Ligualid ein, nachdem sie dem römischen Wall
     gefolgt waren, der am anderen Ufer des Flusses entlangführte. Dann hatten sie den Fluss bei der Furt durchquert, weil die
     alte Steinbrücke von den Nordmännern zerstört worden war.
    Die acht Reiter waren nicht die einzigen Neuankömmlinge. Ständig kamen einzelne Männer. Viele von ihnen waren Mönche,

Weitere Kostenlose Bücher