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Die Herren vom Berge: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Die Herren vom Berge: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Titel: Die Herren vom Berge: Historischer Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Domeier
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Sonnenaufgang gab es weitere Hügel mit Urwald und morastigen Tälern, und im Westen schützte die Weser.
    Einige Kinder liefen neben den Reisenden her und kündigten sie den Einheimischen an. Ein paar Leute kamen aus den Häusern oder blieben stehen, um sich den kleinen Tross anzuschauen. Der Ort machte einen netten Eindruck. Es hätte wirklich schlimmer kommen können.
    Ein kräftiger, bulliger Kerl, mit leicht vorgebeugtem Oberkörper, kam schlurfend auf sie zu. Er baute sich breitbeinig vor ihnen auf, stemmte die Arme in die Hüften. Ein grauer, ungepflegter Bart ließ den Gesichtsausdruck nicht erkennen, aber die Augen verrieten einen zornigen und unbarmherzigen Charakter. Kurz bevor die beiden auf Mannslänge herangekommen waren, zog er den Rotz in der Nase hoch und spuckte ihn dann genau vor ihre Füße. »Was wollt ihr? Wir mögen hier keine Rumtreiber. Ihr solltet lieber so schnell wie möglich weiterziehen. Sonst hole ich die Wachen des Burgherrn. Und ihr landet im Kerker.«
    Obwohl der Bursche nur etwa drei, vier Schritte entfernt stand, redete er so laut, dass Agnes erschrocken zurückwich.
    Ludolf ergriff das Wort. »Wir sind Jost und Luke Scheffer. Wir kommen aus Rinteln und möchten zu dem Haus, das uns der Bischof von Minden verpachtet hat.«
    »Das woll’n wir doch erst mal sehen! Bitten dürft ihr, mehr aber auch nich’. Ruckzuck seid ihr im Kerker! Ich bin hier der Amtmann und sorge für Recht und Ordnung.«
    Die beiden jungen Leute aus Möllenbeck übergaben den Pachtbrief des Bischofs. Sie sagten besser nichts weiter. Die Urkunde wurde genau studiert. Der Amtmann brummte und murmelte vor sich hin. Der Kopf bewegte sich beim Lesen stockend und langsam über das Pergament. Wie es schien, hatte er nur die nötigste Schulbildung genossen. Das war allerdings schon mehr als bei einem Bauern oder Handwerker üblich.
    »Hiervon weiß ich nichts. Ich werde sonst immer über neue Pächter unterrichtet. Dies muss erst mal der Herr genehmigen. Ich hoffe, dass der Brief in Ordnung ist. Sonst ...«
    Agnes verdrehte die Augen und beendete den Satz: »... landen wir im Kerker.«
    »Auch noch frech werden! Ihr werdet schon sehen, was ihr davon habt.« Der Amtmann drehte sich um und verschwand in Richtung Burg.
    Zwei der Einheimischen kamen langsam herüber. Sie lächelten freundlich. Einer ging direkt auf Ludolf zu und reichte ihm die Hand.
    »Das ist Josef Resenbach. Das sonnigste Gemüt hier an der Burg. Nehmt es Euch bitte nicht zu Herzen. Er ist und bleibt ein furchtbarer Mensch.«
    »Meine Frau Luke, und ich bin Jost Scheffer.«
    »Ja, ja, das vernahmen wir. Ich bin Wilfried Scheuer und wohne auf dem Hof dort drüben.«
    Agnes gesellte sich zu ihnen. »Ist der immer so?«, fragte sie.
    »Wenn es nötig ist, ist er sehr freundlich, ob nun beim Herrn oder in benachbarten Ortschaften. Die Leute, die ihn nicht so gut kennen wie wir, sagen schon immer: Was habt ihr bloß gegen ihn? Wir kommen mit ihm sehr gut zurecht. Aber die sollten mal ’ne Zeit lang neben ihm wohnen, dann würden sie auch anders reden!«
    Der zweite Mann ergänzte: »Seine einzige Freude ist es, den Leuten hier das Leben schwer zu machen.«
    Sie kamen miteinander ins Gespräch. Agnes und Ludolf erzählten, dass Jost sich hier als Tischler und Zimmermann niederlassen wolle. Die beiden Männer nahmen dies mit Freude auf, denn der vorherige Tischler war im vorigen Winter gestorben. Im Moment mussten die Dorfbewohner nach Neesen, einem Ort auf dem halben Weg nach Minden, eine wahrlich beschwerliche Reise.
    Wilfried Scheuer stieß Ludolf an. »Achtung, er kommt wieder.«
    Schlurfend kam der Amtmann zurück. Zwischendurch schnäuzte er sich wieder lautstark und spuckte aus.
    Agnes bekam trotz der Hitze eine Gänsehaut. Den hätte sie noch nicht einmal mit einem Schürhaken anfassen wollen. Die arme Frau, die mit einem solchen Grobian verheiratet war. Es war doch nicht so schlecht, in der abgeschiedenen und geschützten Welt eines Stifts zu leben. Das ersparte einem so manche unerfreuliche Begegnung.
    In einiger Entfernung blieb Resenbach stehen und begann wieder zu schreien. »Wollt ihr da Wurzeln schlagen? Wie lange soll ich noch auf euch warten? Oder wollt ihr euer Haus nicht sehen?«
    Agnes und Ludolf verabschiedeten sich von den neuen Nachbarn und gingen dem Amtmann hinterher. Sie folgten der Straße, die in einem Halbkreis um die Burg führte. Links ging es weiter zum Burgtor. Man erkannte einige Soldaten und Knechte vor der Zugbrücke.

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