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Die Herren vom Berge: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Die Herren vom Berge: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Titel: Die Herren vom Berge: Historischer Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Domeier
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Ding war besser, als es aussah.
    »Na. Liegst du gut?«
    Agnes zuckte erschrocken zusammen. Blitzschnell richtete sie sich auf. Das Bettgestell knirschte und wackelte wie ein Ast im Sturm. Ihr Herz schlug bis in den Hals.
    Ludolf stand grinsend in der Tür. Unter dem Arm hielt er einen großen Sack, aus dem Heu hervorquoll.
    Sie brachte keinen Ton heraus.
    »Ich bringe einen Teil des Heus dem Maultier und stopfe mit dem Rest zwei Säcke als Matratzen.« Schon war er wieder verschwunden.
    Dieser Kerl war doch ein hinterhältiger Bursche. Sie so zu erschrecken! Wie peinlich außerdem, dass er sie so entspannt auf dem Bett liegend gesehen hatte. Da würde er es ihr doch nicht mehr abnehmen, wenn sie über die Betten und seine mangelnden Tischlerkünste spottete! Bevor Ludolf zurückkehrte, sprang sie auf und lief eilig aus dem Haus. Sie schaute sich um, er sollte ihr nicht über den Weg laufen.
    Langsam fasste sich Agnes wieder. Sie hatte einen Auftrag, der ihren ganzen Verstand und ihre gesamte Aufmerksamkeit forderte. Bis Mittag war noch genug Zeit, ein wenig im Ort herumzuhorchen. Es gab bestimmt noch ein paar Leute, mit denen es zu sprechen lohnte. An erster Stelle stand natürlich Kunekes Mutter. Da sie mit ihrer Tochter und den Enkeln zusammenwohnte, sollte sie die beste Quelle sein.
    Wie Pater Anno gesagt hatte, war das Haus der Familie Wiegand das zweite rechts von der Schmiede. Die Schmiede war schnell gefunden. Dietrich Wiegand arbeitete unter dem Vorbau. Agnes beobachtete ihn aus dem Augenwinkel. Er schwang den schweren Hammer, als hätte er einen kleinen Stock in der Hand.
    Ein Stück weiter, vor dem gesuchten Haus, spielten zwei kleine Kinder. Agnes kam langsam näher und beobachtete die beiden. Das eine war ein Junge, knapp vier Jahre alt. Aus Steinen und Schlamm baute er eine Burg. Es gab Türme aus Kieseln auf den Befestigungen, das Tor bestand aus einem Stück Rinde. Er bewegte kleine Stöckchen hüpfend hin und her. Lautstark gab ein Holzstück dem anderen Befehle.
    Etwas daneben saß ein Mädchen, dem man die Verwandtschaft mit dem Jungen sofort ansah. Es mochte etwa fünf sein und spielte mit einer Puppe. Eigentlich waren es eher Stöcke, die mit Stofffetzen zusammengebunden worden waren. Aber mit genug Vorstellungskraft war dies das Kind, dem die Mutter gerade Essen gekocht hatte. Das Mädchen häufte ein wenig Sand auf eine Tonscherbe und legte sie vor die Puppe hin. In einem altklugen Ton sprach es zu diesem Kind: »So, liebes Kind. Sei brav. Iss jetzt. Das Kochen hat ganz, ganz viel Mühe gemacht. Du musst essen, und dann musst du dich hinlegen. Mittagsschlaf ist wichtig. Hast du gehört?« Ohne jegliche Tischmanieren stürzte sich die Puppe auf die Mahlzeit auf der Tonscherbe, und das Mädchen untermalte den Vorgang mit schmatzenden und schlürfenden Lauten.
    Agnes traute sich kaum, dieses Treiben zu unterbrechen.
    Doch es war schon zu spät. Das Mädchen hatte die Fremde gesehen und hielt mitten in der gespielten Mahlzeit inne. Es legte den Kopf auf die Seite und blinzelte herüber.
    Als der Junge merkte, dass seine Schwester plötzlich still geworden war, schaute er sich um. Als er Agnes erblickte, sprang er geschwind auf und verschwand in der Hütte.
    »Wer bist du?«, fragte die kleine Puppenmutter.
    »Ich bin Luke. Ich wohne hier seit gestern. Am Weg zur Weser hinunter.«
    »Ich heiße Mette. Willst du mitspielen? Ich habe Essen gekocht. Gertrude schmeckt es auch.« Dabei hielt die Kleine die Puppe hoch.
    Agnes nahm Gertrude vorsichtig in die Hand. Die Puppe hatte schon so manchen Unfall erlebt. Der Faden, aus dem der Mund gestickt war, war halb abgerissen. Ein Auge ebenfalls. Vom linken Arm schien durch ein schlimmes Unglück ein Stückchen abgebrochen zu sein. »Das ist also deine Tochter.«
    Mette nickte.
    »Spielt deine Mutter auch manchmal mit dir?«
    Das Mädchen schaute zur Erde. Sie sprach leiser. »Mutter besucht ’nen Onkel. Das dauert schon so lange. Weiß nicht, wann sie wiederkommt. Oma ist noch da.«
    Agnes strich ihr über das Haar. »Bald ist deine Mutter wieder da. Dann gibst du ihr einen dicken Kuss von mir.«
    Die Kleine lächelte wieder. »Mach ich. Aber jetzt will ich dich Oma zeigen.«
    »Das ist nicht nötig, Mette«, erklang es von der Seite. Eine ältere Frau stand hoch aufgerichtet in der Tür. Ihr Alter war schlecht zu schätzen, da sie nur wenige graue Strähnen in ihrem braunen Haar hatte. Sie mochte aber schon auf die sechzig zugehen. Durch ihre straffe

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