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Die Herren vom Berge: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Die Herren vom Berge: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Titel: Die Herren vom Berge: Historischer Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Domeier
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erreicht hat.«
    Ludolf musste dem zustimmen. Es könnte sein, dass Resenbach jetzt einen Sündenbock suchte. Egal ob der Verdacht stichhaltig war oder nicht. Für ihn war das eine willkommene Gelegenheit, alte Rechnungen zu begleichen und jahrelange Feindschaften zu seinen Gunsten zu beenden.
    Anno wurde plötzlich wieder ganz nervös. »Arme Marie. Josef Resenbach wird sie traktieren, um Dietrich schaden zu können und sich selbst als den strahlenden Helden zu präsentieren. Ich muss dringend los, damit nicht noch etwas Schlimmeres geschieht.« Und schon preschte er durch die Tür davon, ohne ein Wort des Abschieds. Der schwerfällige Priester rauschte im Laufschritt in Richtung Burg davon. Ludolf musste bei dem Anblick wieder lächeln.
    Der Nachmittag hatte sich also doch noch erfolgreich für Ludolf entwickelt. Einen Verbündeten zu haben, war immer gut. Vielleicht brauchten sie doch jemanden, der sich besser im Ort auskannte und mit den Bewohnern vertrauter war, dem man auch eine Frage stellen konnte, die einem Fremden nie beantwortet worden wäre.
    Trotzdem: Völlig sicher war sich Ludolf nicht. Der Pater konnte ebenso gut ein vollendeter Schauspieler sein. Agnes würde das alles sicherlich nicht gefallen.
    Ob er es jetzt endlich schaffen sollte, das Dach ein bisschen auszubessern? Er hatte zwar überhaupt keine Lust dazu. Aber am Horizont bildeten sich einige Wolken, die nichts Gutes verhießen. Das konnte ein Gewitter werden.

Inklusin Hildegard
    Auf Berge zu klettern, gehörte keinesfalls zu Agnes’ gewohnten Betätigungen. Sie war auf ihrem Weg zur Inklusin erst ein Stück den Hang hochgegangen, aber sie fühlte sich schon so, als wäre sie den ganzen Tag unterwegs. Sie schnaufte vor Anstrengung. Mit dem Ärmel wischte sie sich den Schweiß von der Stirn. Die Bluse klebte unangenehm am Rücken. Zum Glück hielt das Blätterdach die brennende Sonne ab.
    Zwischen den Stämmen hindurch hatte sie eine schöne Aussicht auf die Schalksburg. Aus dieser erhöhten Position erkannte Agnes die verschiedenen Teile der Burg – vom Ort aus waren sie durch die hohen Màuern verborgen –, das Herrenhaus, die Kapelle, den mächtigen Wehrturm. Die Burg thronte auf einem kleinen Hügel. Davor erstreckten sich grüne, saftige Wiesen bis zum Fluss. Um die Feste herum standen kleine Häuser. Sie sah die schäbige Hütte im Siek, die Kirche und den Weg, auf dem sie gestern angekommen waren.
    Wer sollte eigentlich aufmerksam werden, wenn jetzt jemand kommen würde, sie erschlug, in den Wald schleppte und ihre Leiche irgendwo zwischen die Büsche warf? Ihr Schreien konnte man bestimmt nicht drüben bei der Burg hören. Bei diesem Gedanken lief ihr ein Schauer über den Rücken.
    Der Weg wurde nun flacher. Das Gehen fiel wieder leichter. Agnes näherte sich der Bergkuppe. Weit konnte es bis zur alten Wallburg nicht mehr sein. Irgendwo auf diesem Bergrücken musste sie sein. Hier oben wehte ein wenig Wind. In Verbindung mit dem Baumschatten war das recht angenehm. Unten auf den Wiesen und Feldern war es jetzt unerträglich heiß. Wer da arbeiten musste, war nicht zu beneiden. Linker Hand öffnete sich der Blick nach Süden. Eine atemberaubende Aussicht. Die vor Hitze flimmernde Luft war so klar, dass man sehr weit schauen konnte. Unten wand sich der Fluss erst nach rechts und dann in einem Bogen wieder zurück, ehe er von Hügeln verdeckt wurde. Er glitzerte wie grau-blaues Eisen in der Sonne. Die Ebene sah aus wie ein grüner Flickenteppich aus Feldern, Wiesen und Wäldern. Dazwischen die paar Hütten und Höfe.
    Irgendwo dort hinten lag das geordnete Leben des Stifts in Möllenbeck. Dort war Sicherheit und Geborgenheit. Hinter den schützenden Klostermauern konnte sie ihren Studien und Vorlieben folgen, so oft und so lange sie wollte. Sie redete mit der Äbtissin oder mit den Schülerinnen über geistige Dinge. Hier hatte sie nur diesen aufgeblasenen Besserwisser um sich herum, der selbst ernste Ereignisse ins Lächerliche zog. Ludolf kam zwar oft in die Klosterbibliothek und las in den Handschriften. Wenn er überhaupt verstand, was er da las. Durch die Hilfe seines Vaters war er auch schon in Herford und in Hildesheim zu Studien gewesen. Er kannte sich wohl ein wenig aus mit den Lehren über die Natur und mit der Historie. Agnes hatte keine Ahnung davon. Wozu auch? Brachten solche Erkenntnisse Gott den Menschen näher? Die Schriften der Kirchenlehrer waren viel ergiebiger. Sie zeigten, wie man ein Leben für Gott führen

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