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Die Herren vom Berge: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Die Herren vom Berge: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Titel: Die Herren vom Berge: Historischer Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Domeier
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wollt Ihr nun hin?«
    »Ich möchte zur Inklusin oben auf dem Berg.«
    »Ihr wisst jetzt also: Das Boot immer gut festbinden und heil zurückkommen. Seid Ihr schon mal mit einem Staken über die Weser gefahren?«
    »Mit was?«
    »Kommt her, junge Frau. Ich erklär’s Euch jetzt mal.«
    Poggendorf ging zu einem der kleinen Boote und schob es fast ganz ins Wasser hinunter. Dann winkte er Agnes herbei und bat sie einzusteigen. Etwas unsicher kletterte sie in das flache Boot. Nur noch der flache Bug lag auf dem Kies des Ufers, daher wackelte es schon recht stark für jemanden, der so ungeübt war wie Agnes. Sie sollte sich einen festen Stand suchen, weil sie das Boot im Stehen führen musste. Aufmerksam folgte sie den Anweisungen des Fischers, der ihr die Handhabung ruhig und sachlich erklärte. Er gab ihr eine der langen Holzstangen, die etwas abseits im Gras lagen. Damit musste sie sich abstoßen. Er zeigte ihr, wie sie den Staken halten und benutzen musste. Es war wichtig, das Gleichgewicht zu halten, sonst musste sie das Boot schwimmend wieder einfangen.
    »Ihr könnt doch schwimmen, oder nicht?«
    »Doch, doch. Ich werde schon nicht absaufen.«
    Hermann schaute Agnes ganz genau an und legt seine Stirn in Sorgenfalten. »Glaubt Ihr wirklich, dass Ihr das schafft? Soll ich beim ersten Mal nicht lieber mitkommen?«
    Agnes atmete tief durch. Es stimmte schon, ihr war wirklich mulmig zumute. Aber sie wollte über die Weser. Allein. »Ich schaffe das schon. Ganz bestimmt.«
    Der Fischer lächelte nur.
    Agnes rammte den Staken in den Kies und lehnte sich so fest es ging dagegen. Knirschend löste sich das Boot vom Ufer und schoss mit Schwung in die Strömung. Sie schwankte, fiel fast ins Wasser. Zum Glück konnte sie die Stange im letzten Augenblick noch herausziehen. Sofort stieß sie das Holz wieder in den Grund der Weser und schob sich daran weiter. Stakend erreichte sie nun die Strömung. Das Boot drehte sich langsam um die eigene Achse. Plötzlich stand sie auf der falschen Seite des Bootes. So schnell es ging, schwang sie die Stange hinüber. Aber so fest sie auch drückte, sie bekam das Boot nicht unter Kontrolle. Agnes bekam Angst. Sie konnte nur an eines denken: Bloß das Boot nicht verlieren!
    »Fest dagegen drücken!«, schrie Hermann Poggendorf hinüber.
    Agnes wehrte sich gegen die Strömung. Ihre Hände schmerzten vom krampfhaften Festhalten des Staken. Die Haut riss an der rauen Oberfläche des Holzes auf. Verbissen schob sie sich weiter. Langsam wurde die Strömung schwächer. Die junge Frau entspannte sich wieder. Sie atmete befreit auf und trieb das Boot mit einem letzten kräftigen Stoß auf das Kiesufer. Sie hatte es geschafft. Schnell warf sie den Staken ans Ufer und sprang hinaus. Sofort zog sie das Boot höher. Sie band es an die Wurzel einer schräg über das Ufer gewachsenen Weide. Die Stange stellte sie ordentlich daneben. Erleichtert atmete sie durch und zeigte dem Fischer an, dass alles bestens sei.
    Er hatte die ganze Zeit gewartet. Eine nette Geste vom ihm.
    Erschöpft setzte sich Agnes auf das Gras. Sie betrachtete ihre brennenden Hände. Rechts, zwischen Daumen und Zeigefinger, blutete es ein wenig aus einem kleinen Riss. Ein Holzspan oder Rest eines Zweiges hatte ihr die Haut aufgerissen. Sie wischte das Blut im Gras ab. Das würde schnell wieder aufhören, und am Abend wäre die Wunde kaum noch der Rede wert.
    Sie stand auf und sah sich um. Auf dem Weg stimmte sie ein kleines fröhliches Lied an, um die bösen Gedanken zu vertreiben.

Pater Anno ist überrumpelt
    Schon eine geraume Zeit saß Pater Anno regungslos auf dem wackeligen, alten Stuhl und starrte auf seine Füße. Der Rosenkranz, der noch vor einigen Augenblicken hastig und nervös durch seine Hände gewandert war, lag nun auf seinem Schoß. Seit Ludolf angefangen hatte zu sprechen, war der Geistliche mehr und mehr in sich zusammengesunken. Nur sein Gesicht bewegte sich. Mal schob er das Kinn hin und her oder schürzte die Lippen, mal verzog er den Mund, dann wieder blies er die Wangen auf.
    Ludolf beobachtete vergnügt und mit leichter Schadenfreude den kleinen Priester. Jeden einzelnen Gedankengang konnte er in seinem runden Gesicht erkennen. Alle Gemütsbewegungen von Groll über Enttäuschung bis zu Verständnislosigkeit zeigten sich. Vorhin war die Lage für Ludolf noch wirklich peinlich gewesen, weil er dem Pater gegenüber zu neugierig und unvorsichtig gewesen war. Jetzt konnte er dem Ganzen dagegen eine vergnügliche

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