Die Herren von Buchhorn
Lippen zusammen und folgte Salomo in den Speisesaal. In seinem Rücken hörte er das Getuschel der Diener, aber er konnte nicht mehr verstehen, was geredet wurde.
Der Bischof stieß die schwere Holztür zu und wandte sich an Ludowig. Ihr glaubt also an einen Unfall?«
»Ich möchte daran glauben.«
»Aber?«
»Aber ihr Tod rückt manches in ein anderes Licht. Ich habe Euch ja gesagt, dass unser Streit sich um Wendelgard gedreht hat. Ich spreche nicht gern schlecht über eine Tote, aber Agnes hat Wendelgard gehasst, und zwar auf eine leidenschaftliche, ganz und gar unchristliche Weise. Ich weiß nicht, wie weit sie gehen würde, um Wendelgard zu schaden. Ich habe sie zur Rede gestellt. Es sind harte Worte gefallen. Wenn sie sich wirklich in den Tod gestürzt hat, so bin ich … verantwortlich?« Er starrte Salomo verzweifelt an.
Ein Zucken lief um dessen Mund. »Wenn Ihr Euch nichts anderes vorzuwerfen habt als harte Worte, so wiegt Eure Schuld nicht schwer. Und nun tut Eure Pflicht und findet die Räuber.«
»Ja, Fürstbischof.« Ludowig verneigte sich mit einem erleichterten Blick und ging.
Salomo ließ sich wieder auf einen Stuhl fallen. Die Sonne schien jetzt in voller Pracht ins Zimmer, doch die Hoffnung auf einen schönen Tag schien dem Bischof mit einem Mal sehr trügerisch. Minutenlang lauschte er auf die aufgeregten Stimmen, die vor dem Fenster und auf den Fluren auf- und abschwollen. Seine Gedanken flogen nach Lindau zu Eckhard, als plötzlich eine Frauenstimme durch die Flure gellte. Salomo bedeckte kurz die Augen mit der Hand. »Oh Wendelgard«, murmelte er. Im nächsten Augenblick wurde die Tür aufgerissen.
»Salomo, ist das wahr? Agnes ist ermordet worden?«
»Ja, sie … wie? Nein! Wer spricht von Mord?«
»Jeder! Die ganze Burg! Was ist passiert?«
Salomo stand auf und packte ihre eiskalten Hände. »Sie ist tot, das ist wahr. Niemand spricht von Mord. Es kann ein Unfall gewesen sein. Oder sie selbst …«
Sie riss ihre Hände zurück. »Niemals!«, rief sie. Rote Flecken zeichneten sich auf ihren Wangen ab. »Sie würde nie eine Todsünde begehen. Niemals! Ich kenne keinen frommeren Menschen als Agnes. Habe gekannt …« Tränen traten ihr in die Augen. »Oh, ich wünschte, ich wäre nie gekommen. All diese Toten!« Sie schluchzte auf. Wieder hob der Bischof die Hand, doch Wendelgard wich zurück. Einen Augenblick starrte sie Salomo beinahe anklagend an, dann drehte sie sich um und rannte aus dem Zimmer.
»Jetzt hab dich nicht so«, fluchte der Mann und zerrte an Geralds Händen, die seine Taille wie Schraubstöcke umklammerten.
»Ich bin noch nie geritten, Herr.«
»Dann lern es! Du bist doch ein anstelliger Bursche.«
Gerald biss die Zähne aufeinander, aber er lockerte seinen Griff.
»Na also.«
Der schwere Gaul trabte trotz der doppelten Last zügig über den immer noch schlammigen Waldweg, bis schließlich die Burg vor ihnen auftauchte. Auf Gerald wirkte sie nicht sehr beeindruckend, auch wenn sie der Sitz der Grafen war, mehr wie ein befestigtes Haus mit Mauern und einem Turm.
Der Verwalter trieb sein Pferd mit einem Schenkeldruck zu schnellerer Gangart an. »Halt dich fest.«
Gerald schlang seine Arme panisch um die Brust des Mannes, der jetzt in vollem Galopp den Weg hinaufritt.
»Das macht Spaß, was?«
Gerald antwortete nicht. Erst als sie durch das Tor in den Hof einritten und der Verwalter das Pferd zügelte, wagte er aufzuatmen.
»Dann los, der Fürstbischof erwartet dich.«
Gerald hob sein rechtes Bein, um sich vom Rücken des Tieres zu schwingen, und unterdrückte im letzten Augenblick einen Schrei. Seine Schenkel schmerzten höllisch.
»Du musst reiten lernen, Junge!« Der Verwalter lachte belustigt und hieb ihm die Hand auf die Schulter. »Die Schmerzen vergehen.«
»Dein Wort in Gottes Ohr!« Gerald humpelte auf das Burgtor zu, als aus dem Stall vier Männer kamen, die ihre Pferde am Zügel führten.
»Holla, Bursche!«, rief Ludowig. »Zum ersten Mal auf einem Gaul gesessen?« Er lachte bellend, und seine Gefolgsmänner fielen in sein Gelächter ein.
Gerald straffte seine Schultern und marschierte so aufrecht wie möglich an ihnen vorbei und in die Burg, wo er mit den Zähnen knirschte und seinen Hintern rieb.
Ein Diener kam ihm entgegen. »Du bist der Schmied? Der Fürstbischof empfängt dich in seinem Zimmer. Rasch!«
Er führte Gerald durch ein verwirrendes Labyrinth aus Korridoren und Gängen. Von innen wirkte die Burg viel größer, als ihr
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